Asylsuchende im Landkreis:Einseitige Hilfsbereitschaft

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Vier von fünf zugewiesenen Asylsuchenden leben derzeit im Südlandkreis. Der Bad Heilbrunner Bürgermeister Thomas Gründl fordert jetzt vehement mehr Engagement von den Gemeinden im Norden.

Von Klaus Schieder

Sommaya Wahab aus Afghanistan lebt mit ihrem sieben Monate alten Sohn Sobhan in Bad Heilbrunn. (Foto: Manfred Neubauer)

Bürgermeister Thomas Gründl (CSU) schlägt Alarm. 22 Asylbewerber hat Bad Heilbrunn bislang aufgenommen, nächste Woche kommen zehn weitere hinzu. Damit seien die Möglichkeiten der 3818 Einwohner großen Gemeinde ausgeschöpft, sagt Gründl. "Es geht einfach nicht mehr." Kritik übt er an der Verteilung der derzeit 119 Flüchtlinge, die zu mehr als 80 Prozent im Süden des Landkreises untergekommen sind. Diese Einseitigkeit stimme ihn "traurig", sagt der Bürgermeister, der mehr Engagement von anderen Kommunen fordert. "Ich kann nicht verstehen, dass es in Städten wie Wolfratshausen und Geretsried keine leer stehenden Wohnungen gibt."

Thomas Bigl hat für diese Klage durchaus Verständnis. Auch er wünscht sich "ein bisschen mehr Verteilung" nach den Bevölkerungszahlen in den Städten und Gemeinden des Landkreises, sagt der Sozialamtsleiter im Landratsamt. Bad Tölz hat bisher 53 Asylsuchende aufgenommen, die ausnahmslos in der Lettenholz-Siedlung einquartiert sind. In Bad Heilbrunn leben bald 32, in Kochel am See neun und in Wackersberg vier Flüchtlinge. In Wolfratshausen sind es derzeit 15, in Geretsried neun. Insgesamt muss der Landkreis 131 Asylbewerber unterbringen, zwölf Plätze fehlen mithin noch. "Wir nehmen alles, was wir kriegen", sagt Bigl.

Nicht alle Quartiere sind jedoch geeignet. Sie müssen ausreichend Platz, eine Küche und einen Aufenthaltsraum bieten, vor allem aber Brandschutzvorschriften genügen. Auf der Suche nach Angeboten warten die Mitarbeiter im Landratsamt nicht nur darauf, dass das Telefon klingelt, sie durchsuchen auch Zeitungsinserate und reden mit Maklern. "Wir zahlen ortsüblich, wie auf dem ganz normalen Wohnungsmarkt", sagt Bigl. Auch über eine intensivere Nutzung des Wohnraums ließe er mit sich reden. Je nach Objekt, könnten in einer Dreizimmerwohnung statt drei oder vier schon mal "eher sechs oder sieben" Menschen leben, sagt er.

In Bad Heilbrunn aufgenommen wurden (v.l.) Abdol und Sommaya Wahab, Sophi Daw, Abdullah Hafizullah und Baryalai Safi aus Afghanistan. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Kommunen selbst können nur das offerieren, was sich in ihrem Besitz befindet. In Wolfratshausen hat ein Privateigentümer ein Haus an der Badstraße für zwölf Asylbewerber zur Verfügung gestellt, drei weitere leben im Gasthaus Humplbräu. Die Stadt selbst habe "keine Wohnungen frei, die wir anbieten können", sagt Bürgermeister Helmut Forster (BVW). "Das Problem ist, dass Flüchtlinge nicht in Sozialwohnungen untergebracht werden dürfen." Für ein solches Domizil ist ein Berechtigungsschein nötig, den nur einheimische Bedürftige bekommen.

Bigl bestätigt dies. Dieses Formular dürfe "für Asylbewerber nicht ausgestellt werden", sagt er. "Sinngemäß deshalb, weil sie sonst den Bedürftigen hier die Wohnung wegnehmen würden." Die Stadt Geretsried beherbergt neun Flüchtlinge in einem eigenen Gebäude an der Richard-Wagner-Straße. Auf Bitte des Landratsamtes, wie Dritter Bürgermeister Robert Lug (FW) mitteilt. Eine weitere Anfrage der Behörde gab es seines Wissens nicht. Lug sähe "das Pferd von der falschen Seite aufgezäumt, wenn wir jetzt sagen würden, wir haben noch ein, zwei leere Wohnungen - bitte schickt uns Asylbewerber".

In Lenggries lebt derzeit gar kein Flüchtling. Die Gemeinde verfügt laut Bürgermeister Werner Weindl (CSU) über keine eigenen Gebäude oder Wohnungen, um sie unterzubringen. Von privater Seite gab es hingegen Angebote an das Landratsamt. Doch einmal sei der Brandschutz nicht ausreichend gewesen, in einem anderen Fall seien sich die Besitzer eines Hauses untereinander uneins gewesen, ob sie Asylsuchende darin beherbergen wollten, erzählt Weindl. Ansonsten seien die Privatwohnungen in Lenggries fast allesamt vermietet, Leerstände gebe es kaum.

Dass sich in Bad Heilbrunn immer wieder Privateigentümer im Landratsamt melden, wundert Bürgermeister Gründl "schon ein bisschen". Er ist "stolz", dass sich in seiner Gemeinde ein Runder Tisch mit zwölf ehrenamtlichen Kräften gebildet hat, die sich vorbildlich um die Asylbewerber kümmern, ihnen Deutschunterricht geben, sie bei Gängen zum Arzt oder zu Ämtern begleiten. Allerdings treibt ihn die Sorge um, dass die Stimmung im Ort "irgendwann umkippt", sollten weitere Flüchtlinge hinzukommen. "Hätte ich einen Wunsch frei, würde ich sagen: Landratsamt - bitte nicht mehr."

© SZ vom 24.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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