Dabei ist Schmidt schon von Berufs wegen niemand, der Innovationen oder gar Technik ablehnt. Er ist promovierter Verfahrenstechniker, hat bis zum Ruhestand in dem Beruf gearbeitet, hat Erdgasanlagen berechnet, war oft bei Kunden im Ausland. Aber immer ohne Mobiltelefon. "Ging ziemlich gut."
Während auf der einen Seite knapp 94 Prozent aller Haushalte in Deutschland heute mindestens ein Handy besitzen, während in jedem Café und jedem Hotel Wlan mittlerweile zum Standard gehört, gibt es auf der anderen Seite immer mehr Menschen, die all das nicht mehr wollen. Die sich fürchten vor Krebsgeschwüren und Herzinfarkten. Die über Kopfschmerzen und Übelkeit klagen. Sie sagen: wegen der Strahlung. Das Bundesamt für Strahlenschutz sagt: Es gibt keinen erwiesenen Zusammenhang.
Seit Jahrzehnten untersuchen Wissenschaftler, welche Folgen die Strahlung für den Menschen haben kann. Kurzzeitig sorgen Studienergebnisse immer wieder einmal für Aufsehen, zuletzt etwa von der Jacobs University in Bremen. Dort hatten Forscher im März dieses Jahres entdeckt, dass bereits an Krebs erkrankte Mäuse nach monatelanger Bestrahlung mit Mobilfunkwellen doppelt so viele Tumore entwickelten wie die Kontrollgruppe. Eine Studie in Schweden fand im vergangenen Jahr heraus, dass wer intensiv Mobilfunktelefone nutzt, ein dreifach höheres Risiko in Kauf nimmt, an einem Tumor zu leiden.
Doch zu vielen solcher Studien gibt es immer auch Gegenstudien, die vorige Ergebnisse widerlegen oder ihnen zumindest Mängel nachweisen. Keine Untersuchung konnte dem Bundesamt für Strahlenschutz zufolge bis heute belegen, dass hochfrequente elektromagnetische Strahlung unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte grundsätzlich schädlich ist. "Man hat keinen schlüssigen Mechanismus gefunden", sagt eine Sprecherin. Nur bei zwei Fragen bestehe ihr zufolge nach wie vor Unsicherheit: Welche Folgen wird die Strahlung langfristig auf Erwachsene haben, bei einer Handynutzung von mehr als zehn Jahren? Und wie wirkt sich die Nutzung von Mobiltelefonen auf Kinder aus? Generell empfiehlt das Bundesamt für Strahlenschutz daher, Telefonate mit dem Handy möglichst kurz zu halten und bei Möglichkeit das Festnetztelefon zu wählen.
"Aber da ist zu viel Geld im Spiel, das juckt niemanden"
So wie es Hans Schmidt auf seinem Garagentor schon seit mehr als zehn Jahren fordert. Der 63-Jährige nimmt einen Zettel, legt ihn auf den Wohnzimmertisch und zeichnet: In der Natur sei die Strahlung durchgängig und für den Menschen daher nicht schädlich, kommentiert Schmidt die Wellen auf dem Papier. Beim Mobilfunk aber sei die Strahlung gepulst, es gebe also Pausen von weniger als einer Millisekunde. Diese Unterbrechungen machten das Ganze für den Menschen gefährlich, weil er an diese Pausen nicht gewöhnt sei. "Aber da ist zu viel Geld im Spiel, deshalb juckt das niemanden", sagt Schmidt und schiebt den Zettel beiseite.
Der Grünen-Politiker weiß, was er tun wird, wenn immer noch mehr Handymasten in der Gegend funken werden, wenn die Strahlung in Innenstädten zunehmen wird. Er wird sich zurückziehen. Raus aus Wolfratshausen, irgendwo auf das dünn besiedelte Land, wo die elektromagnetischen Felder zwar immer noch da sein werden - aber nicht mehr ganz so dicht. Das hofft der 63-Jährige zumindest. Schon heute meidet er die Innenstadt, geht lieber direkt an der Loisach entlang. Dort zumindest gibt es kein freies Wlan. Noch.