Endlich Abi:Auf ins Leben

Lesezeit: 6 min

Hinter den Abiturienten liegt monatelanges Schwitzen über den Schulbüchern, vor ihnen ein neuer Lebensabschnitt. Dazwischen ist erst einmal verdientes Feiern angesagt. (Foto: Martin Schutt/dpa)

Die Abiturnoten sind bekanntgegeben. Jetzt beginnt für die ehemaligen Schülerinnen und Schüler die Suche nach dem weiteren Werdegang. Absolventen aus der Region erzählen, wie es nun für sie weitergeht.

Von Enno Lug, Bad Tölz-Wolfratshausen

Am Freitag, 26. Mai, war es für die bayerischen Abiturientinnen und Abiturienten endlich soweit: Bei der lang ersehnten Bekanntgabe der Noten wurden den jungen Erwachsenen nach unzähligen Tests in ihrer Schulzeit die abschließenden und wichtigsten Prüfungsergebnisse mitgeteilt. Während die einen sich über unerwartete oder erhoffte positive Punktzahlen freuen, überlegen die anderen, noch für eine Verbesserung ihrer Gesamtnote in die Nachprüfung zu gehen. Doch eines eint die meisten: die frohe Gewissheit, nach vielen Jahren Schule endlich mit dem Abschluss belohnt zu werden.

Geretsried

Geschafft: Emilie Kühnle und Paul Ehlert haben das Abitur am Gymnasium Geretsried beide mit der Note 2,3 bestanden. (Foto: privat /oh)

Paul Ehlert (18) und Emilie Kühnle (18) haben ihr Abitur am Gymnasium Geretsried absolviert. Zusammen - denn die beiden sind ein Paar, haben sich in der Schule kennengelernt. "Es hat auch was gebracht - wir haben sehr viel zusammen gelernt", so Kühnle. "Als wir das noch nicht haben, hatte ich zwei Punkte in der Matheklausur - danach waren es acht", bestätigt Ehlert lachend. Über Streitereien darüber, wer von den beiden der bessere ist, müssen die beiden sich keine Sorgen machen, beide haben ihr Abitur mit der Note 2,3 abgeschlossen.

"Ich bin da komplett ohne Erwartungen rangegangen, habe geschaut, dass ich mir keinen Stress mache", sagt Ehlert. Es sei ihm darum gegangen, aus der Prüfung rauszugehen und sagen zu können: "Ich habe mein Bestes gegeben". Dass es jetzt so gut geworden sei, freue ihn: "Mit 2,3 bin ich wundervoll zufrieden." Vor allem das Ergebnis in Deutsch freue ihn: "Da hatte ich in den Klausuren immer so zwei, drei Punkte", denkt er zurück. Im Abitur waren es dann neun.

Germanistik zu studieren, das steht bei Ehlert trotzdem nicht auf dem Plan: Er möchte sich in München für Musik auf Lehramt einschreiben. "Das meinten viele Lehrer zu mir - mach' was mit Menschen, mach' Lehrer", sagt Ehlert. Auch das Musizieren spielt in seinem Leben allgemein eine große Rolle: Er hat bereits eine feste Stelle als Kirchenmusiker in Beuerberg. Dort zählen zum Beispiel die Vorbereitung von Gottesdiensten und die Leitung des Chors zu seinen Aufgaben. Auch in anderen Kirchen hat er immer wieder als Organist gespielt, eine Zeit lang sogar regelmäßig mit dem Domchor in München. Für ihn sei das Orgelspielen ein schöner Ausgleich. "Wenn andere nach dem Lernen fertig sind, gehen sie ins Gym. Wenn ich mit dem Lernen fertig bin, gehe ich Orgel üben."

Lehramt steht wahrscheinlich auch für Kühnle von Herbst an auf dem Plan. "Grundschullehrerin interessiert mich voll - ich liebe Kinder", sagt sie. Auch sie möchte in München studieren. Ihr ganz persönliches Abiturziel hat sie erreicht: "Ich wollte unbedingt besser sein als meine Mom, die hat 2,4 gehabt", erklärt sie lachend. Im Endeffekt sei ihr die Note aber egal. Generell seien die Prüfungen dieses Jahr recht gut gelaufen. "In Mathe haben wir Abiture aus den Vorjahren durchgerechnet - und da waren viele schlimme dabei", so Kühnle. Die Aufgaben dieses Jahr seien großenteils besser gewesen.

Nun beginnt ein neuer Lebensabschnitt. "Man hatte immer so etwas Festes, man wusste immer: Morgen muss ich zur Schule". Das sei einerseits "cool", andererseits anstrengend gewesen. "Es hat mir auch viel Stress bereitet", so Kühnle. Jetzt könne man sich selber für etwas entscheiden, auf das man Lust habe. Angst habe sie teilweise davor, dass die inzwischen große Freundesgruppe aus der Schule auseinandergehe. "Viele wollen ins Ausland, viele wollen hier bleiben, viele wollen woanders studieren", so Kühnle. "Das ist schon traurig".

Doch nun steht für beide erstmal ein zweiwöchiger Urlaub mit einigen der Schulfreunde in Spanien an. "Einfach mal nichts tun, einfach mal weg", so Ehlert. "Alles das machen, wofür du während der Abiturphase keine Zeit hattest."

Schäftlarn

Constantin Albrecht und Pauline Lehmann haben 2023 in Schäftlarn ihr Abitur beide mit einem Schnitt von 1,0 bestanden. (Foto: Privat /oh)

Das perfekte 1,0 Ergebnis: Das ist Constantin Albrecht (17) und Pauline Lehmann (18) am Kloster Schäftlarn gelungen. Damit sind sie zwei von insgesamt sieben Schülerinnen und Schülern ihres Jahrgangs mit dieser Bestnote. Lehmann trat dafür noch - neben den Pflichtfächern Deutsch und Mathe - in Englisch, Wirtschaft und Physik an. Die meisten Gedanken habe sie sich im Vorhinein über die Prüfung im Fach Wirtschaft und Recht gemacht. "Das war viel zu lernen und nicht so gut eingrenzbar wie die meisten anderen Fächer", erinnert sie sich. "Aber in Mathe ist es im Prinzip einfach nur Übung - und je mehr Übung man hat, desto besser wird man".

Vor allem auch die Konstante über die vergangenen zwei Jahre habe Lehmann die Bestnote gesichert. "Ich habe einmal in einer Klausur neun Punkte geschrieben, und ansonsten hatte ich nie unter 13 Punkte", sagt sie. "Für mich ist das so: Wenn ich im Unterricht sitze, kann ich auch aufpassen". Ab Herbst möchte die Abiturientin nun Physik in Heidelberg studieren. Die Schule werde sie aber auf jeden Fall vermissen. Natürlich sei man hauptsächlich zum Lernen da - sie habe aber beispielsweise heuer auch die Hauptrolle beim Theater gespielt. Dabei habe sie ein schönes Erlebnis und ein Gruppengefühl bekommen, das ihr beim Lernen geholfen habe. "Da ist klar, die stehen alle hinter einem", so Lehmann.

Zu den tollen Erlebnissen in der Schulzeit zählen laut der Absolventin unter anderem auch die Physikwettbewerbe, von denen die Schüler sogar einen gewinnen konnten. "Da haben wir auf jeden Fall auch viel Unterstützung bekommen". Vor dem Studium im Herbst möchte Lehmann bei einer Summer-School in England oder auf Malta als Activity-Leaderin arbeiten, Geld für das Studentenleben verdienen und Urlaube mit Freunden unternehmen.

Urlaube stehen auch auf dem Plan von Mitabsolvent Albrecht. "Wir haben von vielen Leuten gehört, dass gerade die Zeit zwischen Studium und Abi die schönsten Monate waren", sagt er. "Jetzt haben wir mal wirklich frei". Doch nur entspannen möchte er sich nicht: Aktuell bringt er sich privat das Programmieren bei. Er hatte sich bei den Prüfungen für Englisch, Religion und Chemie entschieden. Eine gute Wahl - nur im Pflichtfach Mathe verfehlte er den Einser knapp. "Der gute Abschluss war meiner Meinung nach ein Ergebnis aus den Abiturprüfungen und den Punkten, die man in der Oberstufe sammeln konnte", sagt Albrecht.

Albrecht war in der Schule auch außerhalb des Unterrichts aktiv, startete zum Beispiel eine große, schulinterne Schüler-für-Schüler-Nachhilfe unter dem Namen "LernCircle". "Schäftlarn ist nicht nur eine Schule, sondern auch eine echte Schulfamilie", sagt er. Wie seine Mitabsolventin habe er lange überlegt, Physik zu studieren, so Albrecht: "Aber ich habe mich jetzt entschieden, eher in die Wirtschafts-Richtung zu gehen." Nur der Ort ist bei Albrecht noch unklar: Präferieren würde er ein Studium im Vereinigten Königreich, hat dort auch schon Zusagen von Universitäten. "Für die Bewerbung hat mir die Schule extrem geholfen, man hatte immer ein offenes Ohr für mich", so Albrecht. Aber auch ein managementorientiertes Studium an der Technischen Universität München habe er noch nicht ausgeschlossen.

Wolfratshausen

Bei Porsche: Jo Imping wird ab Oktober ein duales Studium beginnen. (Foto: privat /oh)

Für Jo Imping (19), Absolvent des Waldramer Sankt Mathias Kolleg, steht schon seit November vergangenen Jahres fest, was er nach dem Abitur macht: Er wurde bereits für einen dualen Studienplatz als Wirtschaftsinformatiker angenommen. "Mein persönliches Ziel war trotzdem eine Eins vor dem Komma", sagt Imping. Dieses Ziel hat er erreicht - sein Schnitt ist 1,8. Für sein Studium zieht er nach Stuttgart, den Praxisteil absolviert er beim Autohersteller Porsche. "Ich wollte aus Bayern auf jeden Fall raus, einfach ein bisschen von zu Hause weg", so Imping.

Das Studienfach Wirtschaftsinformatik interessiere ihn schon länger, sei ihm, mit zwei Eltern, die beide ein Wirtschaftsstudium abgeschlossen haben, auch in die Wiege gelegt worden. "Man ist so ein bisschen die Schnittstelle zwischen den Leuten, die nur die Informatik vor Augen haben und denen, die nur das Wirtschaftliche vor Augen haben", erklärt Imping. Wichtig sei ihm auch, dass man in diesem Bereich auch zukünftig gebraucht werde: "Ich bin relativ ehrgeizig, mal eine hohe, gut bezahlte Stelle zu bekommen."

Imping hat einen eher unüblichen Weg zum Abitur hinter sich: Er hat 2019 erst die Realschule abgeschlossen und ist dann nach Waldram gewechselt. Fürs Abi habe er viel gelernt, die 12. Klasse habe er als sehr stressig empfunden. "Ich war die letzten 13 Jahre in der Schule, das werde ich, glaube ich, nicht vermissen", sagt Imping. Nun stehen erst einmal ein paar spaßige Aktivitäten an: Unter anderem eine lange Reise an die Ostküste der USA ist im Sommer geplant.

Bad Tölz

Die Wurzeln kennenlernen: Lara Haas möchte mit ihrem 1,0er Abitur nach Indien reisen. (Foto: privat /oh)

Auch Lara Haas (18) hat es nach dem Abitur am Gabriel von Seidl-Gymnasium in Bad Tölz nicht lange im Land gehalten: Sie ist mit ihrer Familie zum Urlaub nach Norwegen gereist. Die Belohnung für ihre Ergebnisse, schließlich hat auch sie die Bestnote 1,0 erreicht. Haas hat dafür neben Mathe und Deutsch in Kunst, Englisch und Geschichte ihre Prüfung abgelegt - jeweils mit einem Einser-Schnitt. Am schwersten sei ihr das Deutschabitur gefallen. "Mathe war erstaunlicherweise am besten", erinnert sich Haas.

"Als ich die Noten bekommen habe, habe ich kurz überlegt, ob's nicht doch Medizin wird", lacht die Abiturientin. "Aber an sich schwanke ich noch zwischen Umweltpsychologie und Hebammenwissenschaften". Auch habe sie schon oft überlegt, Diplomatin oder Botschafterin zu werden. Sie sei in der Findungsphase, sagt Haas, die deswegen erst im kommenden Jahr ihr Studium beginnen möchte. Bis dahin stehen jetzt Praktika und Tage der offenen Türen an Universitäten an - und auch eine Reise mit ihrem Großvater in sein Herkunftsland Indien wird für den Winter geplant. "Ein bisschen die Wurzeln kennenlernen", so Haas.

Auf ihre Schulzeit blickt sie mit gemischten Gefühlen: "Im Großen und Ganzen gab's viele schöne Momente, natürlich auch Momente, in denen es stressig war - aber ich werde es schon vermissen." Und einen Tipp für alle folgenden Abiturienten, die im Lernstress ersticken, hat sie auch: "Was mir geholfen hat, war, viel rauszugehen. Ich habe Lernspaziergänge gemacht, draußen in der Natur. Dann konnte ich mich stundenlang konzentrieren!"

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusTradition in Bayern
:Zug um Zug

Das Fingerhakeln gibt es als Sportart nur im Alpenraum. Wer macht das und warum? Zu Besuch in einer ganz besonderen Welt.

Von Claudia Koestler und Manfred Neubauer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: