Immobilienportal:Für 29,90 Euro im Monat gibt's Vorteile bei der Wohnungssuche

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Als "findige Geschäftemacherei mit der Not, eine Wohnung zu finden" bezeichnet Beatrix Zurek, die Vorsitzende des Mietervereins München, die Premium-Praxis. (Foto: picture alliance / dpa)
  • Das Onlineportal Immobilienscout24 bietet seit März eine Premium-Mitgliedschaft an: Private Vermieter kann mitunter nur kontaktieren, wer zahlender Abo-Kunde ist.
  • Als "findige Geschäftemacherei mit der Not, eine Wohnung zu finden" bezeichnet Beatrix Zurek, die Vorsitzende des Mietervereins München, die Praxis.
  • Bundesweit sei laut Immobilienscout gerade einmal eine von 1000 inserierten Mietwohnungen nur für Premium-Kunden zugänglich, in München seien es 0,32 Prozent.

Von Anna Hoben

Wer in München eine Wohnung sucht, stößt, bevor er oder sie vielleicht irgendwann in die neuen vier Wände einziehen kann, bekanntlich erst einmal gegen viele andere Wände. Ein solches Hindernis ist vor einiger Zeit noch dazugekommen, es ist die sogenannte Premium-Mitgliedschaft beim Onlineportal Immobilienscout24. Private Vermieter kann man dort mitunter nur kontaktieren, wenn man zahlender Abo-Kunde ist.

Claudia E. sucht seit einem Jahr eine Dreizimmerwohnung für sich, ihren Mann und ihren fünfjährigen Sohn in München, "das also, was wahrscheinlich alle suchen, für erkennbar unter 2000 Euro warm". In den vergangenen Wochen habe sie zu den Anbietern fast aller Wohnungen, die sie interessiert hätten, nicht einmal Kontakt aufnehmen können, berichtet sie - weil dies nur für Premium-Kunden möglich war. Nun sei es in München ja schon ein Glücksfall, wenn man auf dem überhitzten Markt ein Angebot erblicke, das für einen überhaupt infrage komme, sagt Claudia E. Dass man in den meisten Fällen keine Antwort bekomme oder von Maklern nicht zurückgerufen werde, sei ohnehin Standard, "obwohl wir aufgrund unseres Einkommens sicher als solvente Mietinteressenten gelten". Auch deshalb sei sie "doppelt erbost" gewesen über die neue Praxis.

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Die Plattform Immobilienscout24, nach eigenen Angaben Marktführer in ihrem Bereich, hat das Modell im März eingeführt, als "Neukundenaktion" für private Vermieter "in Regionen mit besonders nachfragestarken Wohnungsmärkten und überdurchschnittlich hohen Bewerberzahlen pro Inserat", wie Immoscout-Sprecher Tobias Frank erläutert. Der Vermieter könne eine Wohnung 14 Tage kostenlos inserieren, Kontakt aufnehmen könnten in den ersten 48 Stunden nur Premium-Mitglieder. 29,90 Euro im Monat bezahlen die dafür, müssen allerdings gleich ein Abo für mindestens zwei Monate abschließen. Zurzeit sind laut Frank 50 000 Premium-Mitglieder registriert, davon 4500 in München. Bundesweit sei allerdings gerade einmal eine von 1000 inserierten Mietwohnungen nur für Premium-Kunden zugänglich, in München seien es 0,32 Prozent.

Als "findige Geschäftemacherei mit der Not, eine Wohnung zu finden" bezeichnet Beatrix Zurek, die Vorsitzende des Mietervereins München, die Premium-Praxis. Es handele sich zwar nicht um eine "klassische Umgehung des Bestellerprinzips", wonach derjenige, der einen Makler beauftragt, auch für die Vermittlungstätigkeit bezahlen muss. Die Plattform komme mit dem Exklusiv-Zugang zu bestimmten Angeboten aber "einer Maklertätigkeit schon sehr nahe". Immobilienscout24 hält dagegen, dass man nur die Kontaktaufnahme ermögliche, keine Vermittlung vornehme und "in keiner aktiven Rolle am Abschluss eines Vertrages über die Immobilie beteiligt" sei. Das Bestellerprinzip finde deshalb keine Anwendung auf die Plattform.

Claudia E. hat sich indes auf eine lange Wohnungssuche in München eingestellt. Sie findet, dass das Bezahlmodell eine weitere fragwürdige Entwicklung auf einem ohnehin schon aus den Fugen geratenen Markt ist. Ihr Mann und sie, sagt sie, könnten die 30 Euro im Monat ja verschmerzen. Wahrscheinlich werden sie bald ein Abo abschließen - damit ihre Wohnungssuche in dieser Stadt, die ja auch mehr und mehr nur noch einer Premium-Schicht zugänglich zu sein scheint, irgendwann Erfolg hat. "Aber was machen all die Menschen, die sich das nicht leisten können?"

© SZ vom 03.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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