Feiern und Corona:Dutzendfach Wiesn-Virus

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Masken und Abstand musste man auch im Saarland suchen - genau wie beim großen Vorbild. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Im südwestlichsten Zipfel der Republik liegen die Corona-Fallzahlen bundesweit an der Spitze - aber das ist kein Wunder: Immerhin gab es zwischen St. Ingbert und Merzig-Wadern reihenweise Oktoberfeste.

Glosse von David Costanzo

Und was ist mit dem Saarland? Gab's da etwa auch ein Oktoberfest? Zu den leichtesten Übungen der Alles-halb-so-schlimm-Finder in den sozialen Medien gehören der Fingerzeig und die Gegenfrage. Wenn sich angeblich sooo viele Wiesn-Besucher nicht nur von der Stimmung im Festzelt haben anstecken lassen und mehr als einen Fetzenrausch mit nach Hause brachten: Warum schäumt dann ausgerechnet im Saarland die Corona-Inzidenz über die in München?

Es kommt nicht so oft vor, dass irgendwer der großartigen bayerischen Landeshauptstadt etwas vormacht - geschweige denn, dass diese vom südwestlichsten Zipfel der Republik in irgendetwas abgehängt wird. Aber es ist wahr: Merzig-Wadern steht seit Tagen bundesweit an der Spitze aller Kreise, am Donnerstag mit einer Inzidenz von 2138. Das benachbarte St. Wendel - wobei im Saarland ja alles benachbart ist - folgt mit 2062. Saarpfalz, Saarlouis, Neunkirchen - alle coronamäßig in der Champions League, also da, wo sonst der FC Bayern meist unangefochten aufläuft.

Gab's dort jetzt auch eine Wiesn, oder was? Gegengegenfrage: eine Wiesn? Mehr als ein Dutzend!

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Merchweiler, Großrosseln, St. Ingbert und natürlich der Corona-Meister Merzig: Oktoberfeste in 17 Ortschaften listet ein saarländisches Online-Portal auf. 3000 Menschen kamen etwa an einem September-Samstag ins Festzelt auf der "Lebacher Wiesn", notiert die Saarbrücker Zeitung. "Die meisten der Gäste trugen auch passend zum Abend Dirndl und Lederhosen." Oder zumindest was man an der Saar dafür hält. Die Fotos der Feste zeigen volle Hütten, Hendl mit Pommes, ordentliche Masskrüge, aber kaum größere Fässer zum Show-Anzapfen mit Plastikhähnen. "Gute Laune musste man unter den Gästen an diesem Abend nicht lange suchen." Masken und Abstand dagegen schon - genau wie beim großen Vorbild.

Warum auch immer hat das Wiesn-Virus die Saarländer voll erwischt: In Merzig steigt die Gaudi schon zum 66. Mal, natürlich auch 2020 (nur im Freien mit Biergarten) und 2021 (bei 3G und zweistelligen Inzidenzen). Die Gäste legen für manche Oktoberfeste ordentlich Eintritt auf den Tisch - manchmal mutiert das Festzelt auch zur Ballermann-Party mit Szene-Größen wie Ikke Hüftgold. In St. Ingbert kostet die Mass trotzdem noch 12,90 Euro.

Das Oktoberfest könnte also in jeder Hinsicht ansteckend sein. Und jetzt alle: Die Inzidenzen hoch!

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