Wetter:Durchwachsene Bilanz des Sommers

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München hat schon einen Stadtstrand, nun soll auch in Wolfratshausen einer entstehen. (Foto: Florian Peljak)
  • Gefühlt war der Sommer 2016 ein Desaster - doch das sehen nicht alle so.
  • Der Deutsche Wetterdienst berichtet von leicht überdurchschnittlichen Werten, auch habe es nicht zu viel geregnet.
  • In Freibädern und Biergärten lief es allerdings nicht immer gut.

Von Karsten Fehr, Franz Kotteder und Thomas Schmidt, München

Dass Wissenschaft und Gefühl nicht immer deckungsgleich sind, davon können Meteorologen einen ganzen Liederzyklus singen. Gefühlt fing dieser Sommer erst mit monatelanger Verspätung so richtig an, war lange Zeit kühl, regnerisch und unwirsch. "Der Sommer 2016 wird von vielen Menschen als schlecht eingestuft", bestätigt Volker Wünsche vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Doch stimmt dieses Gefühl?

Das Wetter

Nein, das Gefühl trügt. Zumindest laut der Statistik des DWD. Den Zahlen der Meteorologen nach zu urteilen, war der Sommer 2016 in München zu warm, zu trocken und brachte in etwa so viel Sonnenschein wie im langjährigen Durchschnitt. Mit 18,9 Grad im Schnitt war der Sommer sogar der zehntwärmste, der seit 1954 in der Stadt gemessen wurde. Die DWD-Station in München zählte 43 Sommertage (normal sind 29) mit Höchsttemperaturen von über 25 Grad und zehn heiße Tage mit mehr als 30 Grad (normal sind viereinhalb Tage). Und ob man es nun glaubt oder nicht, es hat - rein statistisch - eher wenig geregnet. Die Niederschlagsmenge lag laut Wünsche nur bei 87,5 Prozent des Normalwerts. Für viele Münchner war das dennoch mehr als genug - vor allem für jene, die mit dem guten Wetter ihr Geschäft machen.

Die Biergärten

In den Biergärten der Stadt fällt die Bilanz recht unterschiedlich aus. Christian Vogler, Wirt des Augustinerkellers an der Marsstraße, ist zufrieden. "Es war zwar kein Spitzensommer, und im Juli sah es nicht gut aus, aber seit August läuft's super." Vogler hat auch den Vorteil, dass seine Gäste bei schlechtem Wetter einfach in den großen Saal ausweichen können.

Zufrieden ist auch Wiggerl Hagn von der Hirschau im Englischen Garten: "Zusammengezählt wird zwar erst im Herbst, aber bei uns ist es gerade im August sehr gut gelaufen, trotz der Ferien."

Anders sieht es im Hofbräukeller aus. Dessen Wirt Ricky Steinberg ist nicht recht zufrieden: "Wir hatten eigentlich nur zwei richtig gute Tage." Selbst der August sei eindeutig schlechter ausgefallen als im vergangenen Jahr. "Ärgerlich waren die kurzen Schauer", sagt Steinberg, "danach war der Biergarten halt leer, auch wenn die Sonne wieder rauskam." Dabei hatte Steinberg gerade in diesem Jahr einiges in den neuen Selbstbedienungsbereich investiert.

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Peter Pongratz hat in diesem Jahr seine letzte Biergartensaison auf dem Nockherberg, 2017 hört er nach 26 Jahren dort auf. Auch er sagt: "Dieses Jahr war es schlechter als sonst. Bei uns kommt's auf die Zeit vor den Ferien an, und da hat es zu oft geregnet." Das sei auch durch den schönen August nicht mehr aufzuholen. Jammern will er trotzdem nicht: "Dafür war's drinnen in der Wirtschaft voller."

Der Tierpark Hellabrunn

Ein paar Schwierigkeiten gab es schon, trotzdem ist der Tierpark zufrieden mit der Sommersaison. Die Besucherzahlen lagen laut Direktor Rasem Baban "ziemlich genau auf Vorjahresniveau" - und das "trotz eines in großen Teilen verregneten Sommers, der uns insbesondere bei unseren Bauvorhaben sehr behindert hat". So störten starke Regenfälle immer wieder die Arbeiten auf der Außenanlage des neuen Elefantenhauses. Auch bei der ersten Nachtöffnung in der Geschichte des Tierparks schüttete es heftig. Auf der Haben-Seite steht: Die neue Schildkröten-Außenanlage und der neue Tao-Garten wurden rechtzeitig vor den Sommerferien fertig und die bedrohten Drills - eine Affenart der Gattung Backenfurchenpaviane - haben gleich dreifachen Nachwuchs bekommen. Wenn die Besucherzahlen in diesem Jahr ungefähr auf dem Niveau von 2015 liegen, hat der Zoodirektor keinen Grund zur Klage: Damals fuhr der Tierpark das zweitbeste Ergebnis seiner Geschichte ein.

Der Stadtstrand

Das juristische Gezerre, wer den diesjährigen Kulturstrand am Vater-Rhein-Brunnen ausrichten darf, war so ausdauernd wie unschön. Am Ende hatten die Erfinder des Konzepts, die Urbanauten, verloren gegen die Urban League um Veranstalterin Zehra Spindler. Weil sich die Urbanauten lange nicht mit ihrer Niederlage abfinden wollten, startete der Kulturstrand, der inzwischen Stadtstrand heißt, verspätet am 9. Juli auf der Praterinsel. Im Nachhinein war die Verzögerung wohl ein Segen, weil der Sommer erst spät wirklich schön wurde. Dennoch: "Gefühlte 60 Prozent des Programms sind dem bösen Wetter anheimgefallen", sagt Spindler. "Wer geht schon zu einem Strand, wenn es aus Eimern schüttet?" Als neuer, erstmaliger Ausrichter habe man viel investieren müssen, sagt Spindler. "Nun hoffen wir, dass wir nicht mit einem Minus rausgehen." Immerhin: "Wenn die Sonne scheint, ist es sehr, sehr voll." Ein bisschen Zeit bleibt noch, um schwarze Zahlen zu erreichen: Der Stadtstrand besteht noch bis zum 9. Oktober.

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Die Freibäder

Zwar haben die Freibäder noch bis kommenden Montag, 12. September, geöffnet und abschließende Zahlen liegen noch nicht vor. Trotzdem kann Stadtwerke-Sprecher Michael Solic schon jetzt sagen: "Die Saison war schlechter als im grandiosen Sommer 2015. Aber im Vergleich zu den vorherigen Jahren dürfte sie ähnlich gelaufen sein." Ein Problem war auch laut Solic das unstete Wetter, als hätte der April drei Monate gedauert. Sonnige Tage hätten sich mit bewölkten oder verregneten abgewechselt. Die Folge: "Die Liegewiesen waren tendenziell kühler, was für Badegäste nicht so angenehm ist."

Der Einzelhandel

"Die Sommerbilanz ist eigentlich gut", sagt Wolfgang Fischer von der Interessenvertretung City Partner, "nur leider ist erst seit letzter Woche Sommer." Derzeit deute alles darauf hin, dass die Geschäfte schlechter laufen als im Vorjahr. Vor allem Saisonprodukte wie die Bademode seien kaum verkauft worden. "Bei zwölf Grad ist die Nachfrage nach Flipflops überschaubar", frotzelt Fischer. "Die Umsätze sind nicht zufriedenstellend."

Schuld daran sei aber nicht allein das Wetter. "Die arabischen Gäste sind in ihrem Kaufverhalten zurückhaltender als sonst", berichtet Fischer und nimmt an, dass es wohl am anhaltend niedrigen Ölpreis liegt, dass das Geld nicht mehr ganz so locker sitzt. Zudem sei der Tourismus aus Russland eingebrochen. Auch hier wähnt Fischer eher die Rubelschwäche statt der politischen Großwetterlage als Grund. Dank des starken Frankens kämen zumindest immer mehr Schweizer nach München. Aber um den Verlust bei Russen und Arabern auszugleichen, "müsste schon jeder Schweizer einmal die Woche zum Einkaufen herkommen".

© SZ vom 05.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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