Fußball-Legende Lorant wird 75:"Lass sie doch quatschen"

Lesezeit: 2 min

Werner Lorant war einst auch Trainer bei der SpVgg Unterhaching. (Foto: Schunk Claus)

Werner Lorant, Ex-Löwen-Trainer, ist 75 geworden. Über einen, der einst mit dem TSV 1860 ganz oben mitspielte, und dem nach wie vor nicht wichtig ist, sympathisch rüberzukommen.

Von Markus Schäflein

Als Werner Lorant vor einigen Jahren mal wieder einen Auftritt als Experte im Fußballprogramm des Bayerischen Rundfunks hatte, 2017 bei einem Spiel des TSV 1860 München nach dem Zwangsabstieg in die Regionalliga Bayern, begrüßte ihn Moderator Markus Othmer mit den Worten: "Von seiner sympathischen Ausstrahlung hat Werner Lorant nichts verloren." Lorant blickte zu Recht irritiert, war es ihm doch nie wichtig, sympathisch zu sein - ganz im Gegenteil. Von dem ehemaligen 1860-Trainer stammen schließlich Sätze wie: "Ich wechsle nur aus, wenn sich einer ein Bein bricht" oder "Die Spieler sollen rennen und das Maul halten".

Werner Lorant heute, Anfang November im Grünwalder Stadion. (Foto: Mladen Lackovic/IMAGO)

Gut, Lorant, der am Dienstag seinen 75. Geburtstag feierte, hat den süßen Mischlingshund Jackson aus einem Tierheim im spanischen Estepona mitgenommen und spaziert mit ihm täglich um den Waginger See, wo er wohnt. Aber sonst legt Lorant auch im Alter keinen Wert darauf, übermäßig sympathisch rüberzukommen - dafür ist er immer authentisch. Sein Verhältnis zum TSV 1860 lässt sich als schizophren bezeichnen, womit er allerdings mit vielen Löwenfans in guter Gesellschaft ist: Einerseits ist es sein Herzensverein, andererseits hat er gegenwärtig nur Verachtung für ihn übrig. "Bei dem Verein ist ja nix mehr los", sagte Lorant im SZ-Podcast Inside 1860, "die schlafen ja ein, das gibt's ja nicht. Wir reden doch von da oben!"

Da oben - wo Lorant mit dem TSV 1860 mal war. Als ihn der damalige Präsident Karl-Heinz Wildmoser 1992 nach Giesing holte, spielte der Klub wie heute in der dritthöchsten Liga. Es ging steil aufwärts: Binnen zwei Jahren führte Lorant die Sechziger in die Bundesliga; Höhepunkte waren zwei Derbysiege gegen den FC Bayern in der Saison 1999/2000 und die Teilnahme an der Champions-League-Qualifikation gegen Leeds United im Jahr 2000. Die Spieler suchte Lorant stets selbst aus: "Das waren alles Typen, nicht so Weicheier wie heute." Wenn er mal wieder einen geeigneten Typen auf dem Zettel hatte, "dann bin ich zu Wildmoser gegangen und hab' gesagt: Hier, das ist seine Adresse, das ist sein Berater, klär' das mit denen." Und der Großgastronom klärte, und Lorant siegte - fast ein Jahrzehnt lang.

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Nach einer 1:5-Niederlage am neunten Spieltag der Saison 2001/02 im Derby gegen die Bayern wurde Lorant dann aber entlassen - nicht nur der sportliche Misserfolg wurde ihm zum Verhängnis. Für die hochtrabenden Pläne der Löwen im Zuge des Arena-Baus mit dem FCB wurde der hemdsärmelige Lorant von den Vereinsverantwortlichen zunehmend als nicht mehr repräsentativ genug angesehen. Die Arenapläne brachten eine zunehmende Entfremdung zwischen Lorant und Wildmoser mit sich. "Er hat für Fußball keine Zeit mehr gehabt, er war ja nur noch bei der Stadt, bei Bayern München und so weiter", sagt Lorant: "Ich war immer dagegen, ich habe gesagt: Unsere Heimat ist die Grünwalder Straße - und nicht da hinten."

Glückselige Zeiten: 1994 gelingt der direkte Durchmarsch von der 3. Liga in die Bundesliga. Darauf stoßen Werner Lorant und Thomas Seeliger an. (Foto: imago sportfotodienst; imago/imago/WEREK)

Der Arena-Bau bedeutete tatsächlich den Anfang des jahrelangen Absturzes des TSV 1860, der dorthin zurückführte, wo unter Lorant alles angefangen hatte - im bayerischen Amateurfußball.

Zuletzt hat Lorant den österreichischen Fünftligisten FC Hallein trainiert, inzwischen ist er im Fußball-Ruhestand. Lange ging die Legende, er wohne mittlerweile am Waginger See, Landkreis Traunstein, in einem Wohnwagen. Das Bild war ja auch zu gut: der ehemalige Erfolgstrainer, der genauso abgestürzt ist wie sein ehemaliger Verein. In Wahrheit bewohnt Lorant eine ganz normale Wohnung am Rande des Campingplatzes: "Lass sie doch quatschen, ist mir doch wurscht."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSZ-Serie "Alles im Griff"
:Die Achillesferse des Torwarts

Die Finger sind im Beruf von Marco Hiller seine wichtigsten, aber auch verletzungsanfälligsten Körperteile. Dass Fußball-Torhüter handspielen dürfen, ist Privileg und zugleich eine Bürde. Ein Besuch im Strafraum der Nummer 1 des TSV 1860 München.

Von Korbinian Eisenberger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: