Neuerwerbung der Graphischen Sammlung:Ein van Gogh mehr

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Die frühe Feder- und Pinselzeichnung "Begräbnis in Nuenen im Winter", Dezember 1883, von Vincent van Gogh gehört nun der Graphischen Sammlung in München. (Foto: Staatliche Graphische Sammlung München)

Die Graphische Sammlung München erwirbt mit Hilfe der Ernst von Siemens Kunststiftung eine frühe Zeichnung Vincent van Goghs.

Von Evelyn Vogel, München

Es war im Mai 1885, als Vincent van Gogh, der zu der Zeit aus Geldnot weit ab von der akademischen Kunstwelt wieder bei seinen Eltern in Nuenen in der niederländischen Provinz lebte, an seinen Bruder Theo nach Paris schrieb: "Ich bin überzeugt, daß Millet, Daubigny und Corot, wenn man von ihnen verlangen würde, sie möchten eine Schneelandschaft ohne Weiß malen, es tun würden, und daß der Schnee in ihren Bildern weiß erscheinen würde." Durch den Briefwechsel mit seinem jüngeren Bruder Theo, der Angestellter der Pariser Kunsthandlung Coupil war, blieb Vincent von Gogh auf dem Laufenden, welche Einflüsse die Malerei jener Zeit prägten und welche Stilrichtungen vorherrschend waren. Vincent bewunderte die Schule von Barbizon, die raus in die Natur gegangen war und mit ihrer Pleinair-Malerei den vielleicht entscheidenden Anstoß für die kühnen Farbabstraktionen des Impressionismus' gegeben hatte. Doch noch war von den leuchtenden Farben, dem pastosen Pinselstrich und den impressionistischen Ideen, die seine späteren Werke kennzeichnen und ihn berühmt machen sollten, nichts zu sehen. Statt dessen waren seine Arbeiten eher düster, zeigten bäuerliche Szenerien, geprägt von Armut wie auf dem Gemälde der berühmt gewordenen "Kartoffelesser".

Düster wirkt auch von Goghs Zeichnung "Begräbnis in Nuenen im Winter" vom Dezember 1883. Doch sein Unterfangen, einen Eindruck von Schnee entstehen zu lassen, ohne in dem Bild Weiß zu verwenden, zeigt, wie modern er schon zu dieser Zeit dachte. Dafür kratzte er in der kleinformatigen Tuschfederzeichnung mit einem Stichel einzelne Passagen frei, so dass es aussieht, als ob sich die dunkel gekleidete Gruppe von Menschen durch ein Schneegestöber vorarbeiten müsste. Stilistisch keiner Schule zuzuordnen, gilt van Goghs frühe Zeichnung aus der Nuenener Zeit nach Ansicht der Experten des Van Gogh Museums in Amsterdam als Ausnahmeblatt. Die Graphische Sammlung München konnte nun mit Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung die Zeichnung erwerben. Dass sie sich seit 1901 in Münchner Familienbesitz befand, macht ihre Herkunft zudem herausragend. Die Zeichnung ergänzt den Bestand von drei vorhandenen Blättern Vincent van Goghs, die schon im frühen 20. Jahrhundert mit der sogenannten Tschudi Spende in die Münchner Sammlung kamen.

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