Verkehrsfinanzierung:Ein bisschen Maut für München

Lesezeit: 3 min

Geplante Pkw-Maut: Auch die Städte wollen von den Einnahmen profitieren. (Foto: dpa)

Die Pkw-Maut soll kommen - und München will einen Anteil der Einnahmen. Die Pläne von Bundesverkehrsminister Dobrindt umfassen schließlich alle Straßen, nicht nur die Autobahnen. Doch viel würde für die Stadt wohl nicht abfallen.

Von Dominik Hutter, München

Gut möglich, dass nicht viel übrig bleibt für Deutschlands Autobahnen, wenn Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sein umstrittenes Pickerl einführt. Denn neben den Ländern greifen auch die Kommunen nach dem auf jährlich rund 600 Millionen Euro geschätzten Topf. Da nach den Berliner Plänen auch das komplette Münchner Straßennetz unter die Mautpflicht fallen würde, gilt im Rathaus am Marienplatz eine Beteiligung am Geldsegen als pure Selbstverständlichkeit - schließlich ist die Stadt für den Erhalt der Fahrbahnen und Tunnel zuständig. Allzu viel darf sich München freilich nicht erwarten: Allein in Bayern gibt es mehr als 2000 Gemeinden, auf die sich - neben Bund und Ländern - die Einnahmen aus dem Pickerl-Verkauf verteilen würden.

Verstoß gegen Europarecht
:Bundestagsexperten nennen Dobrindts Pkw-Maut diskriminierend

Juristen des Bundestages halten die von Verkehrminister Dobrindt geplante Pkw-Maut für unvereinbar mit dem EU-Recht. Die unterschiedlichen Abgaben für ausländische und inländische Autofahrer würden Angehörige anderer EU-Staaten schlechter stellen.

Die Stadt München ist für den kompletten Unterhalt ihres gut 2300 Kilometer langen Straßennetzes verantwortlich, egal ob es sich um Bundesstraßen wie den Mittleren Ring oder eine Sackgasse in Waldtrudering handelt. Lediglich die im Stadtgebiet verlaufenden Autobahnen, die A 9 in Freimann etwa, werden aus anderen Kassen instand gehalten. Für das zuständige Baureferat ist das ein teurer Spaß: Rund 14 Millionen Euro fließen pro Jahr in die Ausbesserung von Schlaglöchern und die Erneuerung des Asphalts. Dazu kommen Posten wie Straßenreinigung, Winterdienst und Straßenbeleuchtung. Vom kostspieligen Unterhalt der vielen Tunnel ganz zu schweigen, der noch einmal 5,6 Millionen pro Jahr ausmacht.

Millionenschwerer Etat

Angesichts dieser Summen wird freilich deutlich, wie gering eigentlich die geplanten Einnahmen aus der Ausländer-Maut sind - vor allem, wenn man auch größere Investitionen miteinbezieht. Allein die gerade angelaufene Sanierung des Trappentreutunnels, verbesserter Brandschutz inklusive, wird auf knapp 30 Millionen Euro veranschlagt. Die jährlichen Unterhaltskosten steigen durch die neuen Anlagen noch einmal um gut 280 000 Euro an. Ein Neubau wie der am Luise-Kiesselbach-Platz kostet sogar gut 50 Millionen pro Jahr. Insgesamt macht die neue Röhre Südwest fast 400 Millionen aus.

Im Münchner Rathaus ist man daher für jeden zusätzlichen Finanzbeitrag zu haben - auch wenn weder SPD noch Grüne die Dobrindt-Maut prinzipiell sinnvoll finden und das baldige Scheitern der Pläne erwarten. "Wenn auch für die Straßen der Kommunen Maut bezahlt werden muss, sollten die Kommunen einen Anteil an den Mauteinnahmen erhalten", findet Bürgermeister Josef Schmid (CSU). "Schließlich bauen auch die Kommunen Straßen, halten sie instand und tragen dafür die Kosten." Schmid wäre schon froh, wenn durch die Mauteinnahmen wichtige Großprojekte wie etwa die zweite S-Bahn-Stammstrecke einfacher und schneller finanziert werden könnten. Auch CSU-Fraktionschef Hans Podiuk hält eine Beteiligung der Kommunen für "relativ selbstverständlich". Schließlich hätten auch die Länder bereits für ihre ebenfalls von der Maut betroffenen Staatsstraßen Ansprüche angemeldet.

Ähnlich sieht das der Bündnispartner SPD. Es sei "berechtigt, ernsthaft über einen Anteil an der Maut zu verhandeln", betont SPD-Verkehrssprecher Ingo Mittermaier. Zumal ja bei den Bürgern nach dem Pickerl-Kauf eine Anspruchshaltung entstehe: Wer zahlt, erwartet im Gegenzug einen einwandfreien Zustand der Fahrbahnen. "Logischer Fall", lautet auch die Reaktion von Grünen-Fraktionschef Florian Roth - wenn denn schon eine solche Maut eingeführt werde.

Die Städte müssen von der Maut profitieren

Konkrete Gespräche mit dem Bundesverkehrsministerium hat es offenbar noch nicht gegeben, die Stadträte können daher auch nichts über Erfolgsaussichten oder eine eventuelle Größenordnung sagen. München ist mit seinem Begehr keineswegs allein: Kurz nach Bekanntwerden der Dobrindt-Pläne, neben den Autobahnen auch den großen Rest des Straßennetzes mautpflichtig zu machen, hatte bereits Helmut Dedy, der Vize-Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Ansprüche angemeldet. Da mehr als 70 Prozent des deutschen Straßennetzes kommunale Straßen seien, müssten die Einnahmen nach einem gerechten Schlüssel auch an die Kommunen verteilt werden.

Geplante Pkw-Maut
:Flut der Fragen

Verkehrsminister Dobrindt will die Pkw-Maut am 1. Januar 2016 "scharf stellen". Doch bei näherer Betrachtung wird das System immer komplizierter. SZ.de zeigt fünf Probleme auf, die bis zum Start der Maut kaum zu lösen sein werden.

Von Guido Bohsem und Daniela Kuhr

Im Mittelpunkt steht aus Sicht des Städtetags derzeit aber etwas anderes: die Ausweitung der Lkw-Maut auf sämtliche Bundes-, Landes- und Kommunalstraßen, was eine deutlich höhere Summe als die 600 Millionen erwarten ließe. "Damit ließe sich das für die Stadtbevölkerung sehr belastende Ausweichen von Lkw von Mautstrecken auf kommunale Straßen vermeiden", sagt der Präsident des Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD). Dann könnten auch die Kommunen "in geeigneter Form an den Einnahmen aus der Lkw-Maut beteiligt werden".

© SZ vom 22.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: