Urteil:Nachbar darf seinen Garten überwachen

Lesezeit: 2 min

Das Anbringen von Überwachungskameras an Wohnhäusern ist unter bestimmten Umständen durchaus erlaubt. (Foto: dpa-tmn)
  • Wie viel Videoüberwachung ist erlaubt, was geht zu weit? Darüber streiten sich zwei Münchner Familien.
  • Es geht um eine Kamera, die eine Freiluft-Modelleisenbahn filmt - und einen Teil des Gehwegs.
  • Das Amtsgericht entscheidet: Wenn es um den Schutz des Eigentums vor Sachbeschädigung geht, müssen die Nachbarn das dulden.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Das Videoauge an der Dachgaube des Nachbarhauses stört eine Münchnerin massiv: Sie fühlt sich bespitzelt und wollte mit einer Klage erreichen, dass die Kamera abgebaut wird. Doch der Nachbar, der mit der Videoanlage seine Garten-Modelleisenbahn vor Dieben schützen will, hat sich vor Gericht durchgesetzt. "Die Videoüberwachung des privaten Grundstückseingangs und eines schmalen Gehwegstreifens unmittelbar davor verletzt in der Regel nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Passanten", heißt es im Urteil des Amtsgerichts München.

Nicht der erste Streit zwischen den Anwohnern

Eine kleine Straße in Pasing, die Häuser sind etwas altmodisch, aber gediegen: Hier geht ein Münchner seinem Hobby nach und lässt eine Freiluft-Modelleisenbahn fahren. Nachdem ein Unbekannter auf sein Grundstück gelangt war und dabei eine Fensterscheibe beschädigt hatte, installierte der Freizeiteisenbahner an der Dachgaube eine Videokamera. Immerhin sei die Garten-Bahn mindestens 8000 Euro wert, sagt er. Die Video-Installation hat er mit dem Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht und der zuständigen Polizeiinspektion abgesprochen. Denn von der Kamera wird nicht nur der Eingangsbereich des Grundstücks erfasst, sondern auch ein schmaler Streifen des Gehwegs vor dem Grundstück. Das brachte die Nachbarin auf die Palme.

Sie befürchtet eine Überwachung durch die Kamera. Mehrmals hat sie den Nachbarn abgemahnt, die Kamera zu entfernen. Zwischen beiden Parteien ist das Klima nicht gut: Es gab bereits in der Vergangenheit Streit wegen der Verwendung von Streusalz, der Anbringung eines Sichtschutzgitters, wegen des Pflanzenzuschnitts und wegen eines Grenzüberbaus.

Schließlich klagte die Nachbarin vor dem Amtsgericht. Die Richterin stellte fest, dass durch die Aufzeichnung einer Person mit einem Videogerät zwar in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen werde. "Bei der Installation von Videoüberwachungsanlagen auf einem privaten Grundstück muss deshalb sichergestellt sein, dass weder der öffentliche Bereich noch das private Nachbargrundstück oder der gemeinsame Zugang hierzu erfasst werden", sagte sie. Dies gelte, wie der Bundesgerichtshof festgestellt habe, aber dann nicht, wenn der Aufsteller der Videokamera ein höherrangiges Interesse an der Überwachung geltend machen könne. Das sei hier der Fall, erklärte die Richterin.

Schutz des Eigentums geht vor

Der Erfassungsbereich sei vom Landesamt für Datenschutzaufsicht geprüft und als vertretbar erachtet worden. Der miterfasste schmale Streifen des Gehwegs beschränke sich auf den Bereich direkt vor dem Eingangstor. Es "ist zu berücksichtigen, dass unstreitig Sachbeschädigungen an dem Eigentum des Beklagten stattgefunden haben", sagte die Richterin. "Insoweit überwiegen die Interessen des Beklagten am Schutz seines Eigentums das allgemeine Persönlichkeitsrecht der zufällig miterfassten Passanten, so auch der Klägerin", entschied das Gericht.

Allein die Tatsache, dass Nachbarn Rechtsstreitigkeiten austragen, rechtfertigt für sich genommen nicht die Angst einer Partei, in den Überwachungsbereich mit aufgenommen zu werden, heißt es in dem Urteil. Die Streitigkeiten seien dafür "nicht ansatzweise" ausreichend. Das Gericht sagt: "Die Klägerin trägt hier allein die bloße Möglichkeit eines Missbrauchs der Überwachungskamera durch den Beklagten vor. Es liegt damit bloß ein subjektives Befürchten von Aufnahmen vor. Objektiv ist klargestellt, dass derzeit fremde private Flächen nicht gefilmt werden." Auf Seiten des Beklagten sei es dagegen unstreitig zu einer Sachbeschädigung auf seinem Grundstück gekommen. Das Urteil (Az.: 191 C 23903/14) ist rechtskräftig.

© SZ vom 28.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Videokameras im Auto
:Wann die Dashcam zum Einsatz kommen darf

Videokameras, die beim Autofahren durch die Frontscheibe filmen, werden immer beliebter. Doch Benutzer riskieren hierzulande empfindliche Bußgelder. Was es abzuwägen gilt.

Von Thomas Harloff

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: