Messerstecherei:Opfer entrinnt zweimal dem Tod: Täter müssen ins Gefängnis

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  • Nach einer Messerstecherei nahe der Diskothek Neuraum müssen drei Männer im Alter zwischen 19 und 21 Jahren zwischen dreieinhalb und sechs Jahren wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung in Haft.
  • Ein vierter aus der Gruppe, der am Rande gestanden war, wurde wegen unterlassener Hilfeleistung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
  • Die Angeklagten hatten einen 31-Jährigen aus nichtigem Anlass angegriffen - ein Täter rammte dem Opfer zweimal ein Messer in die Brust.

Von Susi Wimmer

Drei gegen einen, das allein sieht schon nach einem feigen Unterfangen aus. Doch die Schlägerei nahe der Diskothek Neuraum artete weiter aus: Einer der Beteiligten zog ein Messer, rammte es dem 31-jährigen Kontrahenten zweimal in die Brust, und als ein Blutschwall aus dessen Wunden schoss und das Opfer auf die Knie ging, trat diesem ein anderer gegen den Kopf.

Für diese Taten verhängte die dritte Jugendstrafkammer am Landgericht München I gegen drei Männer im Alter zwischen 19 und 21 Jahren Jugendhaftstrafen zwischen dreieinhalb und sechs Jahren wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung. Staatsanwältin Johanna Heidrich hatte für den Messerstecher eine Verurteilung wegen versuchten Mordes gefordert. Ein vierter aus der Gruppe, der am Rande gestanden war, wurde wegen unterlassener Hilfeleistung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

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Der Zuschauerraum im Gerichtssaal B 173 ist überfüllt, hauptsächlich junge Zuhörer verfolgen das Urteil, quittieren es mit verächtlichem Schnauben oder Lachen. Dabei klingt es schockierend, was die Vorsitzende Richterin Sigrun Broßardt erläutert. An jenem Juliabend 2017 feierte die Gruppe in der Neuraum-Disko nahe dem Zentralen Omnibusbahnhof an der Arnulfstraße. Draußen, unter einem Raucherschirm, kam es aus nichtigem Anlass zu einem Streit zwischen der Vierer-Gruppe und Andre H.

"Um was es da ging, spielt für die Tat keine Rolle", sagt Broßardt, aber das Gericht denke, dass die Aggression vom späteren Messerstecher Petrit R. ausging. Man wollte alles außerhalb der Disko klären und Andre H. zog im strömenden Regen seinen Pulli aus, verließ das Disko-Areal und wollte nach links zur Arnulfstraße abbiegen. Aber das Quartett winkte ihn nach rechts, zu den Bahngleisen, hinter die Büsche.

Dort schlug der 21-jährige Maschal D. dem Opfer von hinten mit der Faust gegen den Kopf und Petrit R. zog sein Messer. Andre H., ein durchtrainierter und lebenslustiger Mann, streckte die Arme von sich und sagte: "Wieso ein Messer?" Petrit R. antwortete: "Ja klar komm' ich mit dem Messer", und stach zu. Durch die Stiche wurden Arterien verletzt, das Blut schoss schwallartig aus der Brust von Andre H. Er sackte zusammen und Maschal D. trat noch gegen seinen Kopf. Dann ließen die Täter den heftig blutenden Mann liegen.

"Andre H. ist zweimal dem Tod entronnen", sagt die Richterin. Einmal, weil er sich unter Schock noch zur Disko zurückschleppen konnte und vor den Türstehern zusammenbrach. Ansonsten wäre er hinter der Hecke unbemerkt verblutet. Das zweite Mal, weil ein Arzt im Schockraum der Klinik geistesgegenwärtig sofort zu einer Not-Operation ansetzte.

Andre H. war bei seiner Aussage vor Gericht ein Schatten seiner selbst. Er meide Menschenansammlung, könne keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, seinen Job und auch seinen Sport nicht mehr ausführen. Broßardt sagt, "er wird ein Leben lang gezeichnet sein".

© SZ vom 24.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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