Unfall:"Die Dame hat den Dienstwagen beschädigt"

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Bayerns Kultusminister Spaenle kollidiert mit einer Toyota-Fahrerin. Die fühlt sich an Verhältnisse wie in Russland erinnert, wo Fahrer von Staatskarossen immer recht haben.

Von Frank Müller

Ein Auto hier, ein anderes daneben, beide ziehen sich irgendwie an, und dann macht es rumms: Unfälle wie diese sind in der Großstadt gang und gäbe. Und sofern es beim reinen Blechschaden bleibt, würde außer den direkt Beteiligten, Zufallszeugen und der gegebenenfalls herbeigerufenen Polizei kein Mensch etwas erfahren.

Bei dem Unfallgegner, den Alina Mahler (Name geändert) unterhalb des Friedensengels auf der Luitpoldbrücke hatte, verhält es sich etwas anders: Es ist der Kultusminister und Münchner CSU-Chef Ludwig Spaenle. Beide fuhren am 14. Juni auf der Prinzregentenstraße abends gegen 21.45 Uhr stadteinwärts, aber da enden auch schon die Gemeinsamkeiten.

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Mahlers Mann sagt, seine Frau sei mit ihrem Toyota auf der linken Spur gefahren, als sie der schwere Minister-BMW auf der rechten Parallelspur plötzlich touchiert habe. Nein, der Toyota sei Verursacher gewesen, sagt dagegen Spaenle: "Völlig klare Lage", findet der Minister. "Die Dame hat den Dienstwagen beschädigt."

Mehr als einen Blechschaden gibt es nicht zu beklagen. Und Spaenle fuhr natürlich nicht selbst, am Steuer saß sein Chauffeur. Alina Mahler dagegen hat keinen Fahrer, sie war auf dem Weg von der Arbeit nach Hause. Zusätzlich kompliziert wird die Wahrheitsfindung, weil Mahler ihr Auto nicht an der Unfallstelle stehen ließ, sondern weiterfuhr bis zur Ecke Reitmorstraße, um den Verkehr nicht zu behindern.

Weil es um ein herausgehobenes Dienstauto des Freistaats geht, nahm die Karambolage keine normale Streife auf, sondern das Unfallkommando der Polizei. In den Akten ist der Fall lediglich mit ein paar dürren Zeilen vermerkt und dem Hinweis, es gebe eine "widersprüchliche" Schilderung des Unfallhergangs.

Und noch etwas ist anders, wenn man mit einem Ministerauto kollidiert. Man bekommt keine Post von einer Versicherung, sondern vom Landesamt für Finanzen. Das spielt bei Staatsautos die Rolle einer Haftpflichtversicherung. Die Mahlers mit ihrer ganz gewöhnlichen Versicherung suchen nun Zeugen. Und die ursprünglich aus Russland stammende Fahrerin fühle sich an dortige Verhältnisse erinnert, sagt ihr Mann. Dort hätten die Staatskarossen eingebaute Vorfahrt und die Fahrer immer recht.

© SZ vom 21.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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