Selbstherrliche Pfarrer, Denken in Schubladen und eine unter Priestern weit verbreitete Geringschätzung von Frauen: Es ist ein wenig schmeichelhaftes Bild, das Katholikinnen im Erzbistum München und Freising von ihrer Kirche zeichnen. Drei Reformgruppen haben im November 2016 Frauen in der Erzdiözese dazu aufgerufen, ihre Erfahrungen mit der Amtskirche zu schildern. Die Ergebnisse liegen nun vor; am Donnerstag wurden sie im Hansa-Haus an der Brienner Straße präsentiert.
Vorweg: Repräsentativ sind die Ergebnisse nicht einmal im Ansatz. Im Erzbistum München und Freising leben mehr als 1,7 Millionen katholische Frauen und Männer. An der Umfrage beteiligten sich 390 Frauen, die meisten sind zwischen 40 und 70 Jahre alt, und etwa 60 Prozent von ihnen haben einen Hochschulabschluss.
Katholische Kirche:Papst erwägt, Frauen als Diakone einzusetzen
Es wäre eine Revolution in der katholischen Kirche, in der Frauen jeglicher Zugang zu höheren Ämtern versperrt ist.
Eine repräsentative Erhebung sei aber auch gar nicht beabsichtigt gewesen, heißt es von der "Gemeindeinitiative", die gemeinsam mit den Priestern und Diakonen des "Münchner Kreises" und der Bewegung "Wir sind Kirche" die Umfrage durchgeführt und ausgewertet hat. Man wolle vielmehr konkrete Erfahrungen sammeln. Die Eichstätter Neutestamentlerin Sabine Bieberstein griff die Ergebnisse am Donnerstag auf - sie verglich sie mit der Situation der frühen Kirche, in der Frauen eine wichtigere Rolle spielten.
Gefragt wurde nicht nur nach negativen, sondern auch nach positiven Erlebnissen. Mehrere Frauen berichteten denn auch von guter Zusammenarbeit und einer gleichberechtigten Teilhabe in Gremien, etwa im Pfarrgemeinderat, die in ihren lokalen Gemeinden praktiziert werde. Andere berichteten, sie könnten in der Gestaltung von Gottesdiensten vieles mitentscheiden; allerdings liege das auch daran, dass der jeweilige Pfarrer einverstanden sei.
Was hingegen geschieht, wenn der Priester vor Ort andere Vorstellungen hat, das spricht aus zahlreichen anderen Rückmeldungen - angefangen bei Pfarrern, die sich ausschließlich mit Männern aus der Gemeinde beraten, bis hin zur dokumentierten Frage eines Ortspfarrers, ob die Frauengruppe das Putzen der Kirche übernehmen könne. Eine Frau musste sich von ihrem neu in die Gemeinde gekommenen Pfarrer anhören, sie engagiere sich nur deshalb so stark, weil sie kompensieren müsse, dass sie nicht Priesterin werden könne. Eine andere berichtete von einem lange gemeinsam geplanten Familiengottesdienst, für den sie mit Kindern in der Gemeinde ein Theaterspiel eingeübt hatte, das der Pfarrer dann aber fünf Minuten vor Gottesdienstbeginn absagte, ohne einen Grund zu nennen; er sagte nur, er werde jetzt alles ganz anders machen.
Doch es sind nicht nur solche Pfarrer, die den Teilnehmerinnen sauer aufgestoßen sind. Mehrere berichteten, sie fühlten sich grundsätzlich diskriminiert; es sei demütigend, wenn zwar das Gemeindeleben maßgeblich von Frauen gestaltet werde, den Gottesdienst aber nur ein Mann leiten dürfe. Sie habe sich deshalb innerlich längst von der Kirche abgewandt, schrieb eine Frau. Andere erzählten, in ihren Gemeinden würden auch die Gottesdienstteilnehmer an den überkommenen Rollen festhalten; das sei eine Generationenfrage. Eine Frau berichtete etwa, in ihrer Gemeinde würden die Menschen schlicht die Kirche verlassen, wenn im Altarraum kein geweihter Mann erscheine.