TSV 1860 München:Wie viel Fußball ist mitten in der Stadt möglich?

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  • Für die Münchner Löwen beginnt die Regionalliga-Saison in dieser Woche.
  • Während sich die anderen Clubs auf die Gäste aus München vorbereiten und teils sogar ihre Stadien modernisieren, wird auch über das Grünwalder Stadion diskutiert.
  • Dort dürfen die Sechziger nämlich nur bis zur dritten Liga spielen, darüberhinaus nicht.

Von Christoph Leischwitz, München

Als der Münchner Stadtrat 2009 beschloss, das städtische Stadion an der Grünwalder Straße zu sanieren, da dachte noch niemand daran, dass dieser Umbau einmal der ersten Mannschaft des TSV 1860 München zugutekommen würde. Die zweiten Mannschaften der beiden großen Fußballklubs sollten hier ein Zuhause finden, im Falle eines Aufstiegs auch in der dritten Liga, aber nicht darüber. Darauf nämlich ist das Stadion auf Giesings Höhen nun ausgelegt.

Insofern ist es auch kein Problem, wenn die erste Mannschaft der Sechziger in der nun startenden Regionalliga-Saison seine Heimspiele in der alten Heimat austrägt. Kurioserweise herrscht nach dem Fall von der zweiten in die vierte Liga sogar eine gewisse Euphorie, denn immerhin ist man nun zurück in der Heimat. "Es ist eine Rückbesinnung auf traditionelle Werte, auf die Basis des Vereins", sagt Roman Beer, der sich seit Jahrzehnten mit dem Grünwalder Stadion befasst und gar nicht unbedingt als aktueller Fußball-Abteilungsleiter von 1860 sprechen möchte.

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:"Die Ungewissheit ist das Schlimmste"

Für die Münchner Löwen geht die Regionalliga-Saison los. Und für die Fans eine weitere Frustphase: An Karten für die Spiele zu kommen, ist äußerst schwierig.

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Hier feierten die Sechziger 1966 ihre deutsche Meisterschaft, und das eine oder andere Utensil im Stadion erinnert ja noch an damals, die nicht-digitale Stadionuhr zum Beispiel. Gegen Ende der vorigen Saison schimpften die Fans lautstark auf den Investor Hasan Ismaik und forderten eine Rückkehr nach Giesing.

In Ländern wie England oder Spanien sind Fußballstadien inmitten einer Wohngegend noch akzeptiert, in Deutschland gelten sie allerdings nicht mehr als zeitgemäß. Es ist davon auszugehen, dass in der neuen Saison die meisten Spiele, selbst gegen kleinere Vereine wie den SV Schalding-Heining, ausverkauft sein werden. Ob die Sechziger tatsächlich dauerhaft dort spielen werden, hängt auch davon ab, wie sich die Fans benehmen - das hatte auch schon Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) angekündigt.

Die Stadt hat zuletzt viel dafür getan, die Rückkehr zu ermöglichen. Sollte es aber in der Umgebung Krawalle geben, wie in den vergangenen Jahren mehrmals bei den "kleinen" Derbys zwischen den zweiten Mannschaften von 1860 und Bayern München, könnte die Stimmung schnell kippen - und die Löwen könnten heimatlos werden.

Bundesliga-Fußball für 1860 scheint weit entfernt

Es stellt sich die grundsätzliche Frage, wie viel Fußball inmitten der Stadt möglich ist. Was die Auflagen der Behörden und des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) angeht, bestehen erst einmal keine Hindernisse für den Spielbetrieb. In den kommenden Wochen müssen allerdings noch zahlreiche logistische Probleme gelöst werden. Im Gespräch ist zum Beispiel eine Kopplung von Eintrittskarte und Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr, um das Parkplatzproblem zu verringern. Auch bei der Versorgung mit Essen und Trinken drohen den Fans lange Schlangen.

Für Beer wie für zahlreiche andere Fans wäre es wünschenswert, wenn das "Sechzgerstadion" nun wieder zur dauerhaften Heimat wird. Also auch dann, wenn die Mannschaft öfter als einmal aufsteigen würde. Zwar scheint Bundesliga-Fußball für 1860 nach dem Absturz weit entfernt. Doch ein Durchmarsch zurück in die zweite Liga ist gar nicht so abwegig. Die Mannschaft zählt zum Favoritenkreis, dem TSV sind Anfang der Neunzigerjahre zwei Aufstiege hintereinander gelungen, zuletzt auch den Würzburger Kickers (2016) und vor anderthalb Monaten Jahn Regensburg - eben gegen die Sechziger. Die Diskussion um die Stadionfrage hätte wieder einmal zu spät begonnen, wenn man sie erst nach einem Aufstieg angeht.

Der Beschluss von 2009 sieht vor, dass im Grünwalder Stadion kein Fußball mehr oberhalb der dritten Liga gespielt werden darf. Dies rückgängig zu machen, scheint unmöglich. Dafür müsste man mit Baumaßnahmen die Kapazität von 12 500 auf 15 000 Zuschauer erweitern, irgendwo müssten Parkplätze gebaut werden, um nur einige Hürden zu nennen. "Das gravierendste Problem sind Lärmschutzbestimmungen", glaubt Beer.

Im Hintergrund wird bereits diskutiert, wie die Zukunft der ersten Mannschaft aussehen könnte. Weil es sich um ein hochemotionales Thema handelt, positionieren sich derzeit nur wenige Personen öffentlich. Im Hintergrund scheint folgendes Modell für den Fall eines Aufstiegs realistisch: Kleinere Spiele werden weiter im Grünwalder Stadion ausgetragen, jene mit größerem Zuschaueraufkommen im Olympiastadion - das dann seinerseits einer Renovierung bedürfte. Der Widerstand dagegen wäre vermutlich kleiner als beim ersten Umzug 1995 - weil dieses Stadion heute nichts mehr mit dem ungeliebten FC Bayern zu tun hat.

© SZ vom 11.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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