Szenario:"Zauberflöte" einmal anders

Lesezeit: 3 min

Regisseur Florian Sigl und Darstellerin Niamh McCormack genießen den Abend. (Foto: Florian Peljak)

Bei der Premiere des Kinofilms "The Magic Flute" erlebt das Gärtnerplatztheater einen Ansturm von Fans. Und Roland Emmerich schlägt auch ernste Töne an.

Von Josef Grübl

Das sind doch jetzt mal gute Nachrichten: Das Gärtnerplatztheater hat wieder einen richtigen Blockbuster. Zumindest am Montagabend, da bildet sich eine mehrere Hundert Meter lange Menschenschlange um den Häuserblock - womit auch die Blockbuster-Sache geklärt wäre. Sie alle wollen die Premiere der "Zauberflöte" sehen, die hier allerdings "The Magic Flute" heißt. So steht es in großen goldenen Buchstaben am Eingang; und damit keine Zweifel aufkommen, sitzt ein Pianist neben den Stufen und spielt Melodien aus Mozarts berühmtester Oper. Davon gibt es bekanntlich einige, die Arie des Papageno ("Der Vogelfänger bin ich ja") etwa, oder die der Königin der Nacht ("Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen"). Diese Stücke werden die Premierengäste im Theatersaal auch hören, allerdings etwas anders als gewohnt.

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Denn diese "Zauberflöte" ist ein Kinofilm, auch wenn er in einem Bayerischen Staatstheater uraufgeführt wird. "The Magic Flute" wurde in Bayern finanziell gefördert und zu großen Teilen in den Bavaria Studios in Geiselgasteig gedreht. Daher die Premiere in München, daher auch der ganze Aufwand: Eigens für diesen Abend wurde der Zuschauerraum in einen Kinosaal verwandelt, mit großer Leinwand und einer Soundanlage, die nicht ganz an den Dolby-Surround-Klang in Multiplexkinos heranreicht, aber trotzdem ordentlich tönt. Und viel Wumms hat diese Kinozauberflöte, nicht nur der Mozart-Arien wegen.

Der Münchner Regisseur Florian Sigl machte aus der bekannten Geschichte rund um Prinz Tamino, Fürst Sarastro und die Königin der Nacht ein familientaugliches Fantasy-Abenteuer, mit einer Rahmengeschichte, die an Harry Potter erinnern soll, mit viel Action, einer computeranimierten Riesenschlange - und Opernarien. Das liest sich auf den ersten Blick befremdlich, funktioniert im Film aber ganz gut. Gedreht wurde der besseren internationalen Vermarktbarkeit wegen auf Englisch, am Gärtnerplatz gezeigt wird aber die deutsche Fassung. Was zumindest für Hauptdarsteller Jack Wolfe eine interessante Erfahrung ist: Der junge Engländer bleibt während der Vorstellung sitzen und hört sich mit fremder Stimme singen und sprechen. "It's so amazing", behauptet er.

"You´re so hot, Jack!", die Fanrufe lassen den jungen Hauptdarsteller Jack Wolfe ziemlich kalt. (Foto: Florian Peljak)

Erstaunlich ist auch das, was sich vor Vorstellungsbeginn am roten Teppich abspielt: Da bejubeln und beklatschen britische Jungdarstellerinnen die Auftritte ihrer Kollegen ("You're so hot, Jack!"), da trifft Lokalprominenz wie Maximilian Schafroth oder Frederic Linkemann auf Bundesprominenz wie den Ex-Berlinale Chef Dieter Kosslick ("Ich kenne hier alle"). Der Schauspieler Stefan Konarske ist in Doppelfunktion hier (er spielt den Oberaufseher Monostatos und ist Koproduzent des Films), Familie Ochsenknecht ebenso: Mutter Natascha und Schwester Cheyenne begleiten Wilson Gonzalez Ochsenknecht (der einen Priester spielt), gleichzeitig lassen sie sich für ihre eigene Doku-Soap filmen. Ziemlich wuselig das alles, nur einer lässt sich davon wenig beeindrucken: Roland Emmerich.

Koproduzent Roland Emmerich (Mitte) mit Asha Banks, Iwan Rheon, Tedros Teclebrhan, Stefan Konarske (von links). (Foto: Florian Peljak)

Der Regisseur mit schwäbischen Wurzeln und Hollywood-Traumkarriere ("2012", "Independence Day") ist Executive Producer des Films. "Ich habe den Film über eine sehr lange Zeit begleitet", erzählt er. Fünf Jahre dauerte es von der ersten Idee bis zur Premiere, er hat die Produzenten und den Regisseur beraten, er hat Türen geöffnet, Feedback gegeben. Es habe sich gelohnt: "It's the ,Zauberflöte!'", sagt er in seinem charmanten Englisch-Deutsch-Mischmasch und lacht. Beim Gespräch in der Kellerbar des Theaters wechselt er aber nicht nur die Sprachen, sondern auch die Tonlage. Mal erzählt er lustige Anekdoten ("Mein Vater hat immer ganz laut und schrecklich gesungen"), dann schlägt er ernste Töne an und spricht über den Rechtsruck, Putins Krieg und den neuen Twitter-Chef Elon Musk: "Das ist ein Problem. Die Leute sehen aber nicht, dass es ein Problem ist. Und das macht mir Angst."

Auch mit seiner eigenen Branche hadert er. Es werde immer schwerer, Menschen ins Kino zu locken, zumindest mit Originalstoffen, wie er sie inszeniert. Emmerichs letzter Film "Moonfall" war ein Flop an der Kinokasse. Als nächstes Projekt inszeniert er eine Gladiatoren-Serie in Italien, gleichzeitig macht er sich Gedanken über seinen Ruhestand. "Ich bin jetzt fast 67. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte." Sein Beruf sei ja eigentlich "a young man's profession", also eher etwas für junge Leute. Florian Sigl ist noch jung, seinem Zauberflötenfilm räumt Roland Emmerich gute Chancen ein: "It's a super sweet film." Wie süß die Kinokassen klingeln, wird sich bald herausstellen: "The Magic Flute - Das Vermächtnis der ,Zauberflöte'" startet am 17. November in den Kinos.

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