SZ-Serie: Auf dem Sockel:Denker unter Dichtern

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Intellektuelles Schwergewicht: Neun Tonnen wiegt die 3,60 Meter hohe Granitfigur, die 2007 in Richtung München verschifft wurde. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Konfuzius-Statue im Finanzgarten ist eines jener sperrigen Geschenke, die die Stadt immer wieder mal verstauen muss

Von Katrin Kurz

Konfuzius selbst war wohl nie in München: Zwischen der ersten urkundlichen Erwähnung der Landeshauptstadt im Jahr 1158 und dem geschätzten Tod des chinesischen Philosophen im fünften Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung liegen rund 1630 Jahre. Und dennoch wurde der Denker in der bayerischen Isarmetropole verewigt: Denn Konfuzius stammt aus Qufu in der heutigen chinesischen Provinz Shandong - und mit keinem globalen Partner ist der Freistaat Bayern wohl enger in Kontakt. Die chinesische Region zählt mit derzeit knapp 100 Millionen Einwohnern zu den wirtschaftlich stärksten Gebieten Chinas, und im Rahmen einer wirtschaftlichen Partnerschaft zwischen Bayern und Shandong gibt es mehr als 60 gemeinsame Projekte. Zum 20-jährigen Bestehen dieser Beziehungen kam deshalb im Juli 2007 ein Geschenk aus Fernost nach München: eine Statue des Lehrmeisters Kong, besser bekannt eben als Konfuzius, in Stein gemeißelt von einem unbekannten Künstler nach einem gängigen Entwurf.

Nachdem die rund neun Tonnen schwere und 3,60 Meter große Granitfigur die mehr als 10 000 Kilometer per Schiff aus der Shandonger Hafenstadt Qingdao zurückgelegt hatte, musste die bayerische Staatskanzlei erst einmal Platz für sie finden. Der Finanzgarten, versteckt zwischen Hofgarten und Englischem Garten, schien dem Münchner Stadtrat dafür geeignet. Inzwischen auch als Dichtergarten benannt, werden auf der Grünfläche eigentlich seit 1984 Künstler und Literaten geehrt, die einen besonderen Bezug zu München haben. Manchmal dient sie jedoch auch als Herberge für sperrige Geschenke. Denn mit derart wuchtigen Präsenten wie dem fernöstlichen Philosophen bekam es die Stadt München immer wieder einmal zu tun. So hat 2010 in unmittelbarer Nähe auch eine Bronzefigur von Frédéric Chopin ihren Platz gefunden, gestiftet von der polnischen Staatsregierung. Immerhin war der Komponist um 1831 einmal in München gewesen.

Gleich doppelt Platz brauchte die Stadt 1974 für Romeos Julia; denn die hatte die Sparkasse der Partnerstadt Verona gleich in zweifacher Ausführung gen Norden entsandt, um damit das Sparkassenjubiläum beider Orte feierlich zu besiegeln. Ein wenig voneinander getrennt stehen die Zwillingsskulpturen nun vor dem Turm des Alten Rathauses und auf dem Shakespeareplatz in Bogenhausen.

Ebenfalls partnerstädtisch verbunden ist der japanische Ort Sapporo, der kurz vor den Olympischen Spielen in München 1972 die entsprechenden Winterspiele ausrichtete und aufgrund der geteilten Ehre ein wenig japanische Kultur nach Bayern bringen wollte. So beherbergt der Englischen Garten seither ein Teehaus. Die Münchner haben sich revanchiert und im Gegenzug einen Maibaum ins Land der Kirschblüten entsandt.

Doch zurück zu Konfuzius, jener aus Granit gemeißelten Aufmerksamkeit, und zu den Bayern-Shandong-Jubiläumswochen vor 13 Jahren in München: Wang Renyuan, damals Vizegouverneur der chinesischen Provinz, hatte noch ein zweites Präsent im Gepäck: ein großes Feuerwerk auf der Theresienwiese. Das war zwar deutlich vergänglicher als die steinerne Erinnerung an den Lehrmeister Konfuzius und seine Weisheiten, dafür aber etwas leichter in Bezug auf Transport, Pflege und besonders Platz.

© SZ vom 07.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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