SZ-Adventskalender:Wie SZ-Leser Menschen in Not geholfen haben

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Endlich ein Zuhause für Ebrahim S. und seine Familie. "Wir fühlen uns sehr wohl hier." (Foto: Stephan Rumpf)

Ein Hörgerät, Medikamente, Betten: Ohne die Großzügigkeit der Spender bei der Aktion "Adventskalender für gute Werke" hätten sich Menschen, die nur wenig Geld haben, wichtige Anschaffungen nicht leisten können.

Von Monika Maier-Albang, Thomas Anlauf, Florian Fuchs und Inga Rahmsdorf

Engagiert haben die SZ-Leser Tausenden Menschen in München und der Region geholfen, Notlagen zu überwinden: Kranke und behinderte Kinder, alte Menschen, die in Armut leben, behinderte Menschen, die einen schwierigen Alltag zu bewältigen haben, und Familien, die mit wenig Geld auskommen müssen, standen im Mittelpunkt der 68. Spendenaktion des "Adventskalenders für gute Werke der Süddeutschen Zeitung". Zum Start der diesjährigen Hilfsaktion berichten vier Münchner, was ihnen die unerwartete finanzielle Unterstützung in schwieriger Lebenssituation bedeutet und wie es ihnen jetzt geht.

"Rukaia ist so glücklich"

Wie ein Wirbelwind läuft Rukaia ins Zimmer, mit wehendem Haar. Die Schule ist aus, der Bus hat sie nach Hause gebracht, und sie muss sofort erzählen, was alles los war. Was Sina getan hat, und was Nico, und was die Marie - allesamt Rukaias neue Klassenkameraden. So viel Leben auf einmal, wo das Leben zuvor doch so eintönig war. Und vor allem: so still.

Platz für Träume und Hoffnungen: Rukaia kann wieder hören. (Foto: Catherina Hess)

Seit einem Jahr kann Rukaia wieder hören. Im kriegsgebeutelten Damaskus hatte die Detonation einer Autobombe ihr Hörgerät zerstört; danach war die Familie auf der Flucht und hatte keine Möglichkeit, dem Mädchen, das mit vier Jahren ertaubt war, ein neues zu organisieren. Rukaia trägt jetzt nach einer Operation in der Helios-Klinik ein sogenanntes Cochlea-Implantat, eine Hörprothese, die es ihr ermöglicht, ihre Umwelt auch akustisch wahrzunehmen. "Rukaia ist so glücklich", sagt ihre Mutter, Salwa R.. "Aber ein bisschen schämt sie sich schon immer noch", verrät die ältere Schwester Amina. "Sie hat die Haare extra offen, damit man die Geräte nicht sieht."

Mit seinen drei Kindern war das Ehepaar R. aus Syrien zunächst in die Türkei geflohen. Dort erging es ihnen nicht gut. Die älteren Kinder und Ali R., der Vater, der Schneider ist, arbeiteten in der Textil-Industrie. Wie sie es beschreiben, war es ein Sklavenleben, eine Schinderei. Oft sei ihnen der vereinbarte Lohn vorenthalten worden. "Und die Polizei war nicht auf unserer Seite", sagt Ali R..

Vom Geld, das die Leser der Süddeutschen Zeitung für die Familie gespendet haben, haben Rukaia und ihre Geschwister Betten bekommen; zuvor hatten sie am Boden geschlafen. Auch ein Sofa, auf das alle passen, hat sich die Familie gekauft. Die Eltern machen gerade Sprachkurse. Rukaia versteht schon recht gut, was die Menschen um sie herum sprechen. "Arabisch kann sie kaum noch, deutsch ist ja jetzt die Sprache, mit der sie aufwachsen wird", sagt ihre Schwester. Sie und ihr Bruder suchen noch jemanden, der ihnen Nachhilfe gibt, die neue Sprache mit ihnen übt. Denn Amina hat einen Traum: Sie will Lehrerin werden.

"Ich hoffe auf ein Wunder"

Den beiden Kaninchen geht es gut. Ilse S. lacht erleichtert, "Gott sei dank", sagt sie. Die beiden Tiere sind das Ein und Alles der 67-jährigen Münchnerin, sie hüpfen durch die kleine Wohnung oder sitzen gemeinsam unter dem Tisch. Hüpfen und springen, das würde Ilse S. auch gerne noch, aber es geht halt nicht mehr: Arthrose, Asthma und auch das Herz. Trotzdem sagt sie: "Es geht mir besser." Mithilfe von Spenden des SZ-Adventskalenders kaufte sich Ilse S. einen neuen Kühlschrank, ihr alter funktionierte fast nicht mehr.

Jetzt kann sie wieder Lebensmittel ins Gefrierfach packen. Das ist umso wichtiger, wenn man, wie Ilse S., kaum noch auf die Straße kommt, um einzukaufen. Dabei war sie früher so gern unterwegs; sie lebte in der Maxvorstadt, hatte viele Freunde. Vier Jahrzehnte lang arbeitete sie als Krankenschwester an verschiedenen Münchner Kliniken, doch am Ende ging es nicht mehr, aus Gesundheitsgründen.

Im vergangenen Jahr musste sie nun selbst vier Mal ins Krankenhaus, die Knochen haben ihr wieder zu schaffen gemacht. Da ist es gut, dass Bettenrid ihr, als man dort vom Schicksal der Münchnerin erfuhr, eine neue Matratze geschenkt hat. Und jetzt "hoffe ich auf ein Wunder", sagt sie und lacht. "Ich hab' doch von einer Freundin eine Konzertkarte für Helene Fischer im nächsten Frühjahr geschenkt bekommen." Bis dahin, so hofft Ilse S., kann sie sich wieder ein bisschen besser bewegen, um ihre Lieblingssängerin einmal live zu erleben.

"Das schaffen wir auch"

Es hat sich ganz schön was getan im Leben von Joachim F.; er hat jetzt wieder einen Umzug hinter sich: vom Schlafzimmer ins Wohnzimmer. F. ist immer noch schwer krank, daran wird sich auch nichts mehr ändern, deshalb kommt er auch kaum aus dem Pflegebett heraus. Herzinfarkte 2004 und 2009, Schlaganfall 2009, Stents, Bypass und Herzschrittmacher aufgrund von Herzinsuffizienz, chronische Niereninsuffizienz sowie eine chronische Lungenerkrankung, beginnende Demenz, Diabetes - seine Krankheitsgeschichte könnte ein ganzes Buch füllen.

Joachim F. ist dankbar über die Hilfestellung. (Foto: Catherina Hess)

Joachim F. würde alleine nicht mehr zurecht kommen. Zum Glück helfen ihm seine Freunde Christine und Eduard K.. Sie haben F. bei sich aufgenommen, sie waschen ihn und pflegen ihn, sie kochen für ihn und sind für ihn da. Deshalb sind sie froh, dass sie es mit den Spenden geschafft haben, einen neuen Kühlschrank zu kaufen und F. mit seinem Bett einen festen Platz im Wohnzimmer einzurichten, sozusagen mitten im Leben der kleinen Gemeinschaft.

Und die Zuzahlung für all die Medikamente, die F. täglich nehmen muss, die hat durch das Geld auch besser funktioniert. Leider haben sie gerade wieder große Sorgen; diesmal geht es um Christine K. selbst, sie muss wohl am Herzen operiert werden. "Aber das schaffen wir auch", sagt Eduard K.. Ihren Freund Joachim F. haben sie auch wieder fit bekommen - soweit es eben geht.

"Es ist alles gut"

Ebrahim S. ist erleichtert und glücklich, dass seine Familie endlich wieder vereint ist. "Es ist alles gut", sagt er. Zwei Jahre lang musste der Vater um seine Familie bangen und darauf hoffen, dass seine Frau und seine fünf Kinder nach Deutschland kommen können. Dann lebte die syrische Familie gemeinsam in einem Zimmer einer Flüchtlingsunterkunft, bis sie vor einem Jahr mit der Hilfe einer Ehrenamtlichen eine Wohnung in München fand. Doch damals waren die Räume noch leer, es fehlte der Familie S. an allem.

Dank der Spenden des SZ-Adventskalenders haben Ebrahim S. und seine Frau gebrauchte Betten, Möbel und Bettdecken kaufen können. "Wir fühlen uns sehr wohl hier", erzählen sie. Die älteren Kinder besuchen die Mittel- und die Berufsintegrationsschule. Tochter Eiva will nächstes Jahr eine Ausbildung als Erzieherin anfangen; sie hat schon Praktika in Kindergärten gemacht. Ihr älterer Bruder möchte eine Lehre zum Anlagemechaniker machen. Und seit der jüngste Sohn in den Kindergarten geht, kann auch Ebrahim S.' Frau einen Deutsch- und Integrationskurs besuchen.

Ebrahim S. bedankt sich immer wieder für all die Unterstützung, die er in Deutschland erfahren hat, und auch für die Hilfe vom SZ-Adventskalender. Er will so schnell wie möglich arbeiten, er könnte sich vorstellen als Busfahrer, "oder irgendetwas - nur nicht zu Hause herumsitzen, sondern selbst Geld für die Familie verdienen", sagt er. Seine Frau hat als Lehrerin in Syrien gearbeitet, sie hofft, nach dem Deutschkurs als Erzieherin arbeiten zu können.

© SZ vom 25.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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