Finanzwesen:"Es gibt nichts, was die Aktie in der langfristigen Anlage schlägt"

Lesezeit: 4 min

Wenn einer über Geld reden kann, dann Josef Pölt: Er war 25 Jahre lang im Vorstand der VR Bank Starnberg-Herrsching-Landsberg und ist nun im Ruhestand. (Foto: Nila Thiel)

Ein Rezept, schnell reich zu werden, hat auch Josef Pölt nicht parat. Aber er weiß nach 25 Jahren im Vorstand der VR Bank Starnberg-Herrsching-Landsberg, was Kunden von einem Geldinstitut erwarten.

Interview von Susanne Hauck, Starnberg

Wenn die VR Bank seit Jahren mit dem Slogan "Vom Azubi zum Vorstand" um junge Arbeitskräfte wirbt, dann ist Josef Pölt das beste Beispiel dafür: 1976 begann er seine Ausbildung bei der Vorgängerbank, der VR Bank Starnberg-Herrsching-Landsberg eG in Seeshaupt, und war 25 Jahre im Vorstand. In dieser Funktion war der 63-Jährige zuletzt für die Bereiche Service- und Privatkundengeschäft, Private Banking, Treasury, Auslandsgeschäft, Organisation und IT verantwortlich. Zum 1. Januar ist er in den Ruhestand gegangen. Nach 47 Jahren als Banker: Wenn einer über Geld reden kann, dann Josef Pölt.

Herr Pölt, wie war damals Ihr erster Tag?

Ich hatte Anzug und Krawatte an und fuhr mit dem Zug von Benediktbeuern, wo ich wohnte, nach Seeshaupt. Vom Bahnhof lief ich den Kilometer zur Raiffeisenbank. Das war eine winzige Niederlassung mit gerade einmal sieben Leuten. Ein besonders guter Lehrling war ich sicher nicht. Kurz vor Weihnachten 1977 hat mir der Chef die Kündigung angedroht. Man musste bereits damals ein Berichtsheft schreiben, ich hatte aber in der ganzen Zeit vom 1. September 1976 bis zum 23. Dezember 1977 keinen einzigen Eintrag gemacht, denn nach der Arbeit bin ich immer sofort auf den Fußballplatz. Das waren dann schöne Weihnachten, als ich über die Feiertage 70 Berichte nachschreiben musste.

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Vom kleinen Banklehrling zum Bankdirektor, wie kommt denn das?

Wir hatten in Seeshaupt einige Banküberfälle, da hab' ich mir gedacht: Ich muss weg vom Schalterdienst und was anderes machen. Es war am 19. Dezember 1982 oder 1983. Der Bankräuber hat morgens die Tür aufgerissen, ist über den Schalter gehechtet und direkt auf meinen Schreibtisch gesprungen. Er hielt mir die Pistole an den Kopf und ich musste mit dem zur Kasse mit dem Bargeld mitgehen. Ein Jahr vorher gab es schon mal einen Überfall. Da kam der Räuber mit dem Fahrrad an. Später stellte sich raus, dass er schon einen Mord auf dem Gewissen und in Garmisch einen Mercedes-Händler erschossen hatte.

Hatten Sie Todesangst?

Seltsamerweise an dem Tag nicht. Als junger Kerl habe ich nur aus Spaß gesagt: So, jetzt ist die Ausbildung komplett. Bei der Verhandlung später wurde mir aber schon ganz anders, als der Richter den Täter bat, sich mal neben mich zu stellen, um die Körpergröße besser abschätzen zu können.

"Die Technikeinführung mit Computer, Digitalisierung und Mobile-Banking hat vieles revolutioniert."

Was war die größte Veränderung im Bankwesen in fast 50 Jahren?

Die Technikeinführung mit Computer, Digitalisierung und das Mobile-Banking hat vieles revolutioniert. Diese Entwicklung hat gleichzeitig viele Filialen überflüssig gemacht. Früher ist man wegen jeder Kleinigkeit zur Bank, aber heute macht der Kunde seine Geschäfte übers Handy oder am Rechner.

Die Digitalisierung hat so manches verändert im Bankwesen: 2019 präsentierte Vorstandvorsitzender Josef Pölt einen neuen Videoservice in der VR-Filiale Berg. (Foto: Nila Thiel)

Es sorgt für Ärger, dass es oft nicht mal mehr einen Bankautomaten im Ort gibt. Warum ist das so?

Einerseits brauchen wir so gut wie kein Bargeld mehr. Viele zahlen alles mit dem Handy. Schauen Sie, ich kann mit dem Handy sogar mein Parkticket verlängern - der Spitzname "iDad", den meine Kinder mir gegeben haben, kommt nicht von ungefähr. Es gibt aber auch einen anderen Grund: Das Problem sind mittlerweile die Automaten-Sprengungen. An vielen Standorten muss man deshalb aus Sicherheitsgründen überprüfen, ob ein Bankautomat ein Risiko darstellt.

Früher gab es Cash im Geldbeutel, heute ist das Geld unsichtbar. Was macht das mit den Leuten? Sitzt Geld heute lockerer?

Würde ich nicht sagen. Gefährlich ist höchstens das Online-Shopping. Aber meistens sind die Leute aufgeklärter als früher. Wer sich mit Finanzdingen ein bisschen auseinandersetzt, hat heute ganz andere Möglichkeiten. Heute habe ich das Haushaltsbuch per App am Handy und kann per Knopfdruck nachschauen, wie viel ich für Miete oder Lebensmittel ausgebe. Die Methoden sind zwar bequemer geworden, aber das hat die Menschen nicht bequemer gemacht.

Zum Jahresende 2023 verabschiedet sich Josef Pölt (li.) nach 47 Jahren bei der VR Bank und 25 Jahren im Vorstand in den Ruhestand. Sein Nachfolger ist Cyrus Ahari. (Foto: VR Bank)

Wenn Oma Erna damals ihr Geld in die Filiale brachte, war der sogenannte "Bankbeamte" hinterm Schalter noch eine Respektsperson. Wie ist das heute?

Die Kunden treten fordernder auf. Wenn sie im Fernsehen gesehen haben, dass die Direktbank XY höhere Zinsen verspricht, dann wollen sie diese auch bei uns haben, bedenken aber oft nicht, dass es sich teilweise um Lockangebote handelt. Durch das Mobile-Banking wird auch schneller mal die Bank gewechselt.

"Es gibt mehr Studenten als früher. Das Geldverdienen fängt deshalb später an."

Mit welchen Geldfragen kommen junge Leute?

Es gibt mehr Studenten als früher, das merken wir deutlich. Das Geldverdienen fängt deshalb erst später an. Ansonsten ist den jungen Leuten der unkomplizierte Zahlungsverkehr sehr wichtig. Sie stellen Fragen wie: "Wie kriege ich eine Kreditkarte?", "Wie läuft das weiter, wenn ich mal eine Zeitlang im Ausland bin?"

Wie gut können die Jungen mit Geld umgehen? Für was geben sie es aus?

Also die meisten sind ziemlich vernünftig. Was wir aber beobachten, ist, dass sie nicht ewig auf etwas sparen wollen, sondern dass es zeitnah konsumiert werden soll. So werden eher Konsum-Kredite aufgenommen. Ganz oft geht es um teure Einrichtung. Bei der ersten eigenen Wohnung tun es noch Möbel von Ebay. Wenn sie mit dem Freund oder der Freundin zusammenziehen, dann legen sie Wert auf beste Qualität und es werden richtig große Anschaffungen für die Wohnung gemacht. Auch ein gutes Auto ist den meisten sehr wichtig.

Und welche Geldsorgen haben die Älteren?

Die Generation zwischen 25 und 40 beschäftigt sich damit, wie man Immobilieneigentum erwirbt. Und ab 50 geht es vor allem darum, vorhandenes Vermögen anzulegen.

"Bei uns in der Gegend haben die Leute viel zu viel auf Häuser gesetzt."

Das bringt uns auf eine gute Frage: Als Banker müssten Sie doch am besten wissen, wie man reich wird.

Es ist wichtig, nicht alles in einen Topf zu werfen. Bei uns in der Gegend haben die Leute viel zu viel auf Häuser gesetzt, und da gibt es jetzt mit minus 15 Prozent den größten Rückgang. Vernünftig ist es, auf verschiedene Anlageformen wie Aktien, Fonds und Zertifikate zu bauen und die Inflation im Auge zu behalten.

Was mache ich also am besten mit meinem Geld?

Zwei bis drei Monatsgehälter als Reserve für Heizungsnachzahlungen oder die Autoreparatur anlegen, mit allem anderen auf konkrete Ziele sparen, sei es das erste Auto, die eigene Wohnung oder die Altersvorsorge. Und bei der Anlage immer streuen. Aber je weiter das Ziel weg ist, desto höher muss der Aktienanteil sein, denn es gibt nichts, was die Aktie in der langfristigen Anlage schlägt.

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