Brand in Uttinger Christuskirche:"Die Kirche mag abgebrannt sein, aber die Menschen sind es nicht"

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Mit Rosen und Bildern geschmückt: der Bauzaun vor der durch einen Brand zerstörten Christuskirche in Utting. (Foto: Georgine Treybal)

Nach dem verheerenden Feuer versammeln sich 200 Menschen zum Gottesdienst an der Ruine, um gemeinsam zu trauern und Erinnerungen auszutauschen.

Von Kim Fischer, Utting

Er hat den Abschied ein wenig leichter gemacht, Trost gespendet und einen hoffnungsvollen Blick in die Zukunft ermöglicht: ein Gottesdienst vor der abgebrannten Christuskirche in Utting. Mehr als 200 Menschen versammelten sich am Sonntag in einem großen und zwei kleinen Zelten und erzählten Geschichten über die Erinnerungen, die sie mit diesem Ort verbinden.

Um 10.45 Uhr beginnt der Gottesdienst mit einer Aufnahme der Kirchturm-Glocken, die der Brand zerstört hat. "Wir wollen heute ganz bewusst Raum geben für die Trauer und die Gemeinschaft", sagt Pfarrerin Alexandra Eberhardt zu Beginn. Ihr Ehemann Jochen Eberhardt und sie erinnern sich daran, wie sie die damalige Stellenanzeige gesehen haben: "Traumschiff Ammersee-West sucht Steuermann/Steuerfrau". Sie seien inkognito zur Kirche gefahren und hätten sich diese angeschaut. Hier taufen, hier in der Kirche stehen? Mein Bauchgefühl sagt ja, habe sie damals gesagt, so Pfarrerin Eberhardt.

Florian Hoffmann, Bürgermeister von Utting und zugleich Feuerwehrkommandant, berichtet von der Brandnacht. Fünf Stunden hätten die Einsatzkräfte gegen die Flammen gekämpft, um vor allem die Nebengebäude zu schützen. Der Verlust sei sehr schmerzhaft. Dabei habe die Gemeinde eine große Welle der Hilfsbereitschaft erreicht. Gerade aus Nachbargemeinden gab es viel Zuspruch, auch Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm brachte seine Anteilnahme in einem Brief zum Ausdruck. Nach dem Bürgermeister kommen viele weitere nach vorne und erzählen ihre Geschichten. Sie berichten von Taufen, Hochzeiten, Gemeindefeiern und Konfirmationen. Es gibt Tränen, aber auch Gelächter.

Menschen jeden Alters sind vertreten, und alle sind sich einig: Diese Gemeinde lebt vom Zusammenhalt und von der Gemeinschaft. Sie sei nicht an ein Gebäude gebunden, sondern bestehe aus den Menschen, die sich einbringen. Die Kirche möge zwar abgebrannt sein, aber die Menschen seien es nicht, sagt die Pfarrerin Eberhardt.

Es ist viel von Hoffnung und Zukunft die Rede. Sinnbildlich dafür ist eine Aktion: Um das verbrannte Gebäude herum steht ein Metallzaun mit rotem Flatterband, damit er nicht so karg aussieht, schmücken die Besucher ihn mit Blumen und Bildern. Für einen weiteren besonderen Moment sorgen ehemalige und jetzige Jugendleiter, die ein Lied anstimmen: "Pflanze einen Traum in den Sand". Die Strophen stehen dafür, was die Gemeinde nun vor sich hat: den Wiederaufbau der Uttinger Christuskirche.

Viele Spender hätten schon großzügig geholfen. Ziel sei es, die Kirche wieder offen und flexibel zu gestalten, damit auch das neue Gebäude Raum für Sitzungen, Ausstellungen und Feste bieten könne. "Als Notre-Dame abgebrannt ist, meinte Präsident Macron, dass sie die Kathedrale in fünf Jahren wieder aufbauen. Wir sind schneller", meint Pfarrer Eberhardt mit einem Lächeln.

Um 12.47 Uhr endet der Gottesdienst durch einen Segen, danach gibt es ein besonderes Schmankerl: die alte Christuskirche als Schokoladenkuchen, gebacken von einem Gemeindemitglied.

© SZ vom 30.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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