Starnberg:Tunnel-Gegner scheitern wieder - und kündigen neues Bürgerbegehren an

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Der Verwaltungsgerichtshof hält das Bürgerbegehren in der Berufung für unzulässig - und erklärt den Initiatoren, wie die Starnberger noch darüber abstimmen können.

Von David Costanzo, München/Starnberg

Die Tunnelgegner scheitern erneut krachend vor Gericht - und jubeln darüber. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung zum Bürgerbegehren "Kein Tunnel in Starnberg" abgeschmettert, aber gleichzeitig den Weg zu einer zulässigen Unterschriftensammlung geebnet. Der Vorsitzende Richter Dieter Zöllner hatte den Initiatoren in der Verhandlung am Mittwoch eine Frageformulierung vorgeschlagen, mit der die Starnberger doch noch über den Bau der zwei Kilometer langen Röhre unter der B2 abstimmen dürften.

Darüber freut sich Bürgermeisterin und Tunnelgegnerin Eva John (BMS), in so einer wichtigen Frage halte sie eine Beteiligung der Bürger für "essenziell". Einer der Kläger, der Starnberger Zahnarzt Johannes Glogger, spricht gar von einem "Sieg" und kündigt umgehend ein neues Bürgerbegehren an. Der Streit dürfte also von neuem beginnen.

Berufung
:Verwaltungsgerichtshof zweifelt an Bürgerbegehren gegen Tunnel in Starnberg

Der Richter kritisiert die unklare Fragestellung - und schlägt den Tunnelgegnern eine Formulierung vor, mit der die Starnberger wohl über den Bau abstimmen dürften.

Von David Costanzo

Am Donnerstag veröffentlichte der Vierte Senat sein Urteil, es fiel erwartungsgemäß aus: Das Bürgerbegehren "Kein Tunnel in Starnberg" bleibt unzulässig. Die Fragestellung erweist sich als zu ungenau. Die Richter sind der Ansicht, dass sich aus der Formulierung nicht ergebe, welche rechtlichen oder politischen Mittel der Stadtrat und die Stadtverwaltung im Falle eines erfolgreichen Bürgerentscheids ergreifen müssten. Der Vorsitzende Richter Zöllner hatte seine Zweifel daran bereits in der Verhandlung geäußert. Das Urteil bestätigt die Entscheidungen des Stadtrats und des Münchner Verwaltungsgerichts in erster Instanz.

Es geht um die Bedeutung des Wörtchens "alles". Die Initiativen "Pro Umfahrung, contra Amtstunnel" um WPS-Stadtrat Klaus Huber, "Starnberg bleibt oben" um Michael Landwehr und Zahnarzt Glogger wollen die Starnberger über folgende Frage abstimmen lassen: "Sind Sie dafür, dass die Stadt alles unternimmt, damit der B2-Tunnel nicht gebaut wird?" Diese Formulierung hält der Verwaltungsgerichtshof für zu unbestimmt: Damit wolle das Bürgerbegehren nicht nur den Stadtratsbeschluss vom Februar 2017 zugunsten des Baus der zwei Kilometer langen Röhre kippen, was rechtlich zulässig wäre, sondern fordere von der Stadt weitere Aktionen gegen den Tunnel.

Demonstration beim Spatenstich
:Wortgefechte und Rangeleien

300 bis 400 Menschen protestieren mit Trillerpfeifen und Transparenten. Die Veranstalter haben die Demonstration orchestriert.

Von David Costanzo

Ganz anders würde es bei einer konkreteren Fragestellung aussehen, hatte der Richter in der Verhandlung erklärt, etwa: Sind Sie dafür, dass der Stadtratsbeschluss vom 20. Februar 2017, mit dem die Stadt ihre Zustimmung zum Bau des B2-Tunnels signalisierte, aufgehoben wird und dies dem zuständigen Minister mitgeteilt wird? Kläger Glogger will nun auf so eine Formulierung setzen, um den Tunnelbau doch noch zu verhindern. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) habe zugesagt, die Röhre nicht gegen den Willen der Starnberger zu bauen. Glogger sagt, er möchte ob des Urteils "Halleluja" rufen und verspüre "mehr Elan denn je". Auch Stadtrat Huber und seine Bürgerinitiative unterstützen den Vorstoß: "Die Kläger werden nach Beratung in ihren Gremien der Empfehlung des Gerichts folgen."

Bis zu einem Baustopp wäre es jedoch ein sehr weiter Weg. Die politischen Uhren der Stadt müssten um zwei Jahre zurückgestellt werden. Die Tunnelgegner benötigten wie im Frühjahr 2017 gut 1800 Unterschriften, das neue Bürgerbegehren müsste anschließend dem Stadtrat oder gegebenenfalls Prozessen vor Verwaltungsgerichten standhalten. Wenn es danach zu einem Bürgerentscheid käme, müssten die Tunnelgegner erst einmal eine Mehrheit erzielen - und nicht zuletzt müsste das Votum die Politik tatsächlich vom Bau abhalten. Viele Wenn und Aber. Zeit genug wäre vermutlich. Der Spatenstich vom vergangenen Juli galt nur der Zulaufstrecke. Die Tunnelbaustelle wird erst 2021 eingerichtet, gebohrt wird von 2022 an.

Tunnelbefürworter wie CSU-Stadtrat Stefan Frey freuen sich dagegen, dass der Verwaltungsgerichtshof das Votum der Mehrheit im Gremium bestätigt hat. Er wünsche sich, dass der Richterspruch akzeptiert werde und Ruhe in der Stadt einkehre: "Irgendwann muss es auch mal gut sein."

© SZ vom 15.03.2019 / dac - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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