Verkehr im Landkreis Starnberg:Ärger um die Fahrgastinfo

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In Andechs und an den Gilchinger Bahnhöfen (Foto) erhalten MVV-Fahrgäste bereits aktuelle Informationen über DFI-Anzeigegeräte. Sie informieren auch mit Vorlesefunktion über die nächsten Abfahrtzeiten der jeweiligen Buslinien. (Foto: Gemeinde Gilching)

Die digitalen Anzeigetafeln sollen Fahrgäste an Haltestellen über Verspätungen informieren. Doch die Stadt Starnberg erwägt, aus dem Projekt des MVV auszusteigen. Man habe das Vertrauen verloren, heißt es. Der MVV hält dagegen.

Von Linus Freymark, Starnberg

Vor einem Jahr war die Welt der dynamischen Fahrgastinformation noch in Ordnung. Ein wolkiger Septembernachmittag war das damals, aber am Fuße des Heiligen Bergs in Andechs war die Stimmung prächtig: Der Starnberger Landrat ist gekommen, der örtliche Bürgermeister und die Spitze des Münchner Verkehrs- und Tarifverbundes (MVV) inklusive Geschäftsführer Bernd Rosenbusch. Der Anlass dafür: Die Einweihung des ersten "Dynamischen Fahrgastinformationssystems" (DFI) im Landkreis Starnberg.

Die Anzeigetafeln sollen Fahrgäste an Haltestellen in Echtzeit über die Ankunft der Busse und somit auch über Verspätungen informieren. Nach Plänen des MVV sollen diese Systeme nach und nach im Landkreis installiert werden, etwa jede dritte der rund 200 Haltestellen soll damit ausgestattet werden.

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Zwar nutzen viele Fahrgäste dafür heutzutage ihre Smartphones. Für den MVV ist das Projekt dennoch von enormer Bedeutung, um die Zufriedenheit der Kundschaft zu erhöhen. "Die Fahrgäste bekommen Informationen zur Ankunft der Linien, der möglichen Weiterfahrt, Verzögerungen sowie Störungen und können ihre Fahrten besser planen", erklärt eine Sprecherin. Entsprechend groß war die Euphorie, als es vor einem Jahr hier im Landkreis losging. Nun aber erwägt ausgerechnet die Kreisstadt Starnberg einen Ausstieg aus dem Projekt.

Im Ausschuss für Umwelt, Energie und Mobilität hat die Stadtverwaltung den Stadträten relativ deutlich nahegelegt, keine weiteren Anzeiger mehr aufstellen zu lassen. Der Grund: Aufgrund von "erheblichen Verzögerungen" habe man "das Vertrauen in die Beständigkeit des Projektablaufs und in das Projekt generell verloren", schreibt die Verwaltung. Eine Fortführung werde als "kritisch angesehen". Denn durch die Verzögerungen und damit verbundene Umplanungen sei innerhalb der Stadtverwaltung ein enorm hoher Arbeitsaufwand entstanden.

In Zeiten des Fachkräftemangels im öffentlichen Dienst bedeute das: Andere Projekte bleiben auf der Strecke. Die Stadt hat bereits für vier Stationen Anzeiger bestellt: Neben den beiden Bahnhöfen waren bislang auch welche für die Haltestellen Wittelsbacherstraße und Klinikum Medi-Center vorgesehen. An den Anzeigetafeln für die Bahnhöfe will die Stadt festhalten. Jene für die anderen beiden Stationen hingegen will man nun an andere Gemeinden weitergeben - nur, wenn das nicht möglich ist, sollen sie in der Kreisstadt zum Einsatz kommen.

Große Euphorie am Heiligen Berg (von links): Bernd Rosenbusch und Isabella Weber vom MVV eröffnen mit dem Andechser Bürgermeister Georg Scheitz und Starnbergs Landrat Stefan Frey das erste DFI im Landkreis. (Foto: Nila Thiel)

Ob und wie es dann weitergeht, ist unklar: Das Thema soll in der nächsten Stadtratssitzung erneut beraten werden. Das weitere Vorgehen dürfte dabei auch davon abhängen, ob die Stadt Einsicht in die kompletten Vertragsunterlagen erhält. Bislang sei es nicht möglich gewesen, die Unterlagen vollständig einzusehen, hieß es im Ausschuss.

Der MVV wiederum hält dagegen: Ja, wegen der Pandemie, gestiegenen Kosten, dem Fachkräftemangel und dem Krieg in der Ukraine habe es Lieferengpässe und Verzögerungen gegeben. Aber: Auch die Stadt habe ihren Anteil daran, dass es mit den Anzeigern in Starnberg länger dauert als geplant. Denn die Stadt habe den Wunsch geäußert, das Projekt um ein Jahr zu verschieben. "Ohne diese gewünschte Verlegung hätte die Umsetzung der Haltestellen Wittelsbacher Straße und Klinikum Medi-Center dieses Jahr bereits abgeschlossen werden können", teilt der Verkehrsverbund mit.

Zudem wolle die Stadt die Tiefbauarbeiten nicht wie in anderen Kommunen üblich selbst übernehmen, sondern ausschreiben. Weil das Zeit braucht, wird wohl erst im zweiten Quartal 2024 mit der Aufstellung der Anzeiger begonnen. Auch bezüglich der Vertragsunterlagen habe man der Stadt keineswegs die Einsicht verwehrt. Anfang Oktober habe das Starnberger Landratsamt die Verträge beim MVV angefordert und der Stadt zur Verfügung gestellt.

Der Seniorenbeirat habe das System "sehr begrüßt", berichtet Gilchings Bürgermeister

Wie geht es also weiter mit den Informationssystemen im Landkreis? Auch aus Herrsching ist wie in Starnberg von Verzögerungen des Projekts zu hören. In Gemeinden, in denen das System bereits installiert ist, kommen die Anzeiger dagegen gut an - gerade bei Bevölkerungsgruppen, die nicht so vertraut im Umgang mit Mobiltelefonen sind. "Der Seniorenbeirat hat das sehr begrüßt", berichtet etwa Gilchings Bürgermeister Manfred Walter (SPD). Dort habe es auch keine nennenswerten Probleme mit dem Projekt gegeben. Auch der MVV erklärt, man habe "positives Feedback" erhalten und werde die Umsetzung "weiter vorantreiben". Inwieweit das in Starnberg möglich ist, wird sich zeigen. Die Euphorie vom Heiligen Berg ist in der Kreisstadt nicht zu spüren. Beim MVV hingegen ist sie nicht verblasst.

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