Schöffengericht Starnberg:Der unbekannte Gast

Lesezeit: 2 Min.

Die 30-jährige Frau konnte sich vor dem Starnberger Amtsgericht nicht mehr an alles erinnern. (Foto: Arlet Ulfers)

Doktorand wird vorgeworfen, die Gastgeberin einer Party vergewaltigt zu haben. Ihm drohen nun bis zu vier Jahren Haft. Doch der 31-Jährige Angeklagte bestreitet die Tat.

Von Christian Deussing, Starnberg

Es war eine entspannte Party im kleinen Freundeskreis vor zwei Jahren in Starnberg. An dem Abend kam später noch ein Bekannter dazu, der einen angereisten Kumpel aus Braunschweig mitbringen durfte. Den Überraschungsgast kannte zwar niemand, aber er fügte sich freundlich in die Runde ein. Dann begann jener mit der damals 24-jährigen Gastgeberin zu flirten. Sie setzte sich bei einem Trinkspiel auf seinen Schoß, weil zu wenig Stühle da waren - und es kam auch zu einem flüchtigen Kuss in der Küche. Der Gast legte sich am Ende der Party laut Anklage dann jedoch ungefragt ins Doppelbett der 24-Jährigen, die gedacht habe, dass er schon eingeschlafen sei. Nachdem auch sie sich in ihr Bett in einer Nische des kleinen Appartements begeben hatte, soll der junge Mann sie zweimal vergewaltigt haben. Dabei habe das Opfer Blutergüsse und weitere Schmerzen erlitten, lautete die Anklage vor dem Schöffengericht in Starnberg.

Der 31-jährige Angeklagte stritt jedoch die Vorwürfe ab, die Leggings und den Schlafpullover der jungen Frau heruntergezogen, sie gepackt und trotz Gegenwehr ihre Beine fest auseinandergedrückt zu haben. Der Geschlechtsverkehr sei einvernehmlich verlaufen und er habe beim zweiten Mal auch ein Kondom benutzt, behauptete er und sprach von gegenseitiger Sympathie, die sich im Verlauf des späten Abends zwischen ihnen entwickelt habe. Der junge Mann war sich keiner Schuld bewusst und lehnte deshalb auch einen Täter-Opfer-Ausgleich ab, den die Staatsanwältin bei einem Geständnis ins Spiel gebracht hätte. Der Angeklagte beharrte vielmehr auf seine Version und erklärte: "Ich habe nichts falsch gemacht und weiß immer noch nicht, was."

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Am nächsten Morgen hätten sein Freund und dessen Bekannte noch gefrühstückt und sich "ganz normal" von der Gastgeberin verabschiedet, erzählte der Doktorand aus Braunschweig. Er habe aber einige Stunden später von ihr eine Whatsapp mit der Mitteilung erhalten, dass sein Verhalten "sehr grenzwertig und übergriffig" gewesen sei. Der Angeklagte antwortete seinerseits lapidar, dass es ihm leid tue und "wohl was aus dem Ruder gelaufen" sei. Sein Angebot, darüber zu sprechen, habe sie aber abgelehnt, sagte der Angeklagte im Prozess.

Die Aussagen der Frau seien glaubhaft, sagt eine Polizeibeamtin

Stattdessen ging das mutmaßliche Opfer noch am Abend nach der Party mit einer Freundin zur Polizei und erstattete gegen den ihr zuvor unbekannten Gast Strafanzeige wegen Vergewaltigung. Sie sei "schockiert und emotional aufgewühlt gewesen", berichtete eine Beamtin, die die Aussagen der Starnbergerin für glaubhaft hielt. Später war diese von einem Ermittlungsrichter vernommen worden, die Videoaufzeichnung wurde im Gerichtssaal gezeigt.

Demnach habe der Gast ungefragt in ihrem Bett gelegen und sie habe wegen drei anderen Übernachtungsgästen in dem Raum nicht auf der Couch schlafen können, sagte die junge Frau dem Ermittlungsrichter. Kaum sei das Licht aus gewesen, habe er sie überrumpelt und ihre klare Ansage missachtet, keinen Geschlechtsverkehr zu wollen. Sie habe noch versucht, ihn mit den Ellenbogen wegzudrücken, doch er habe sie trotzdem weiter an sich herangezogen. Es sei alles sehr schnell passiert, sie sei "geschockt und wie gelähmt" gewesen, sagte die junge Frau in der damaligen Videovernehmung.

Der Verteidiger verwies jedoch im Prozess darauf, dass die anderen Gäste in dem Zimmer nichts von den Vorfällen mitbekommen hätten. Er bezweifele die Schilderungen der Frau, zudem stehe hier "Aussage gegen Aussage", betonte der Anwalt.

Der Prozess wird allerdings wohl erst im Herbst fortgesetzt, weil keine weiteren Verhandlungstermine gefunden wurden. Geladen sind das mutmaßliche Opfer und erneut sämtliche Zeugen. Überdies wird eine Rechtsmedizinerin ihr Gutachten zu dem Fall erläutern.

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