Bauprojekt in Starnberg:Wohnungen ohne Parkplätze

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Die Tage des alten Hauses an der Brunnangerstraße 3 (rechts) sind gezählt. Hier könnte ein Komplex mit bis zu 18 kleinen Wohneinheiten entstehen. Links die Brunnangerhalle des TSV Starnberg. (Foto: Arlet Ulfers)

Für Wohnflächen unter 40 Quadratmetern müssen Bauträger in Starnberg keinen Stellplatz mehr nachweisen. Ein findiger Projektinvestor scheint nun ein Gebäude mit 18 kleinen Wohnungen zu bauen.

Von Peter Haacke, Starnberg

Mein Haus, mein Auto, mein Stellplatz - dieser von der Werbung inspirierte Dreiklang hat den Starnberger Stadträten in diesem Jahr schon mehrere muntere Debatten beschert. Ob nun im Bauausschuss oder im Ausschuss für Umwelt, Energie und Mobilität: Die Stellplatzsatzung lieferte stets Anlass für anregende Diskussionen. Dabei gilt für potenzielle Bauherren: Je größer die Wohnungen, desto mehr Kfz-Stellplätze müssen nachgewiesen werden. Ziel dieser Regelung: Autos sollen möglichst runter von der Straße, weil öffentliche Verkehrswege eben kein kostenloser Parkraum sein sollten. Jetzt befürchtet die Stadtverwaltung aber, dass ein Projektinvestor eine Möglichkeit gefunden haben könnte, ein Gebäude mit bis zu 18 kleineren Wohneinheiten mitten in der Stadt zu bauen, ohne dabei auch nur einen einzigen Stellplatz zu berücksichtigen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Vorhaben auf einem Grundstück an der Brunnangerstraße 3 unter bislang beispiellosen Vorgaben tatsächlich realisiert werden könnte, ist mit dem jüngsten, äußerst knappen 6:7-Beschluss des Bauausschusses jedenfalls erheblich gestiegen. Die Grundlage hierfür bietet eine seit Ende Mai geltende Neuregelung, wonach für konventionelle Wohnungen mit einer Größe von bis zu 40 Quadratmetern kein Stellplatz mehr nachgewiesen werden muss. Zuvor galt seit 2021: bis zu 80 Quadratmetern Wohnfläche ein Stellplatz, bis 200 Quadratmeter zwei und ab 200 Quadratmetern drei Stellplätze.

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Zu viel oder zu wenig - wiederholt stand in den städtischen Gremien der Berechnungsschlüssel im Fokus. Der Ausschuss für Umwelt, Energie und Mobilität plädierte für eine Verschärfung, der Bauausschuss für eine Lockerung. Am Ende des Diskurses stand der Beschluss für konventionelle Wohngebäude, Doppelhaushälften und Reihenhäuser: ein Stellplatz bis 80 Quadratmeter Wohnfläche, zwei bis 150 und drei über 150 Quadratmeter - und keiner bis 40 Quadratmeter. Zwar hatte es schon in der entscheidenden Sitzung im März mahnende Stimmen gegeben, dass diese Regelung zu einer zusätzlichen Belastung der Innenstadt durch abgestellte Autos führen könne. Noch im Juni hatte Bauamtsleiterin Regina Lechner erklärt, sie sehe die Gefahr eines Neubaus mit ausschließlich 40-Quadratmeter-Wohnungen in Starnberg als nicht gegeben. Doch genau dieser Fall könnte nun eintreten.

Als Indiz für ein konkretes Vorhaben gilt der Starnberger Bauverwaltung eine Anfrage des Grundstückseigentümers. Das kleine, alte Haus an der Brunnangerstraße 3 soll offenbar abgerissen werden. Schon 2015 war im Rahmen eines Vorbescheidsverfahrens für das Grundstück gegenüber der TSV-Sporthalle die Zulässigkeit eines dreigeschossigen Gebäudes auf 243 Quadratmetern mit acht Wohnungen und zwölf Tiefgaragenplätzen festgestellt worden. Doch warum sollte man nur acht Wohnungen bauen, wenn man maximal bis zu 18 Wohneinheiten im Komplex unterkriegt und sich dabei auch noch den Bau einer Tiefgarage erspart?

Die einen befürchten eine Zunahme des Parkdrucks, die anderen möchten bezahlbare Wohnungen

Die Stadtverwaltung geht jedenfalls davon aus, dass bei einer kleinteiligen Lösung "mit einer mehr als nur unerheblichen Zahl von Pkw gerechnet werden" muss, selbst wenn die Mieter nicht allesamt über ein Auto verfügen. Zumal kostenfreie Parkplätze in der Stadt knapp und begehrt sind. Die Befürworter hingegen argumentierten, dass im ansonsten teuren Starnberg insbesondere für eine Klientel mit geringerem Einkommen ein eklatanter Bedarf an kleineren und bezahlbaren Wohnungen besteht. Allerdings gibt es keine Verpflichtung für den Bauherrn, durch Realisierung eines "sozialen" Wohnprojekts auch einen reduzierten Mietzins verlangen zu können. Immobilien-Fachmann Marc Fiedler (FDP) etwa bezeichnete es als "illusorisch", dass eine Wohnung ohne Stellplatz womöglich billiger sei; die Branche sei halt kreativ. Bürgermeister Patrick Janik (CSU, UWG, SPD, BLS) sagte mit Blick auf die aktuelle Situation auf dem Mietmarkt: "Wenn ich in Starnberg eine Wohnung brauche, dann nehme ich die", unabhängig von einer Abstellmöglichkeit fürs Auto.

In der Sitzung des Bauausschusses am Donnerstag gingen die Meinungen hierüber auseinander. Geschlossen votierte die CSU mit Unterstützung von UWG und FDP für eine Rückkehr zur alten Regelung ohne den 40-Quadratmeter-Passus. Die Vertreter von SPD, Grünen, WPS, BLS und BMS hingegen plädierten aus unterschiedlichen Gründen mit einer Stimme Mehrheit für eine Beibehaltung der neuen Staffelungsgrenzen. "Wer einen Parkplatz braucht, der muss sich eben einen suchen", hieß es vom BMS. Das Thema ist dennoch nicht endgültig abgehakt: Spätestens bei Vorlage eines Bauantrags für die Brunnangerstraße 3 wird es wieder zu Diskussionen kommen.

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