Nachgefragt:Alles öko, oder was?

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Starnberg soll ökologischer werden: Bei Flachdächern und vergleichbaren Dächern - hier die Öko-Häuser des Architekten Frei Otto in der Berliner Innenstadt - mit einer Neigung von bis zu zehn Grad ist in der Kreisstadt künftig eine Begrünung vorgesehen. (Foto: Stephanie Pilick/dpa)

Mehr grüner Wohnraum, weniger Stellplätze, Mobilitätskonzepte: Bauamtsleiterin Regina Lechner erklärt, warum die Stadt Starnberg die Vorgaben für Häuslebauer geändert hat.

Interview von Peter Haacke, Starnberg

Wer ein Haus bauen möchte, muss in aller Regel einen Antrag stellen und hat dabei viele Vorschriften zu beachten. Die Stadt Starnberg hat potenzielle Häuslebauer unlängst explizit darauf hingewiesen, dass seit dem 11. Mai eine neue Stellplatzsatzung sowie eine Grünordnungs- und Gestaltungssatzung greift. Bauamtsleiterin Regina Lechner erklärt, was es mit den neuen Vorgaben auf sich hat.

SZ: Frau Lechner, wer in Starnberg problemlos bauen möchte, sollte die benötigten Unterlagen möglichst vollständig einreichen. Warum verweist die Stadtverwaltung explizit auf die beiden neu gefassten Satzungen?

Regina Lechner: Wir verweisen auf die beiden neu gefassten Satzungen, um ein Bewusstsein für die geänderten Regelungen zu schaffen. Zusätzlich verweisen wir speziell auf die Notwendigkeit eines Freiflächengestaltungsplans, da dieser aus unserer praktischen Erfahrung heraus oftmals nicht mit eingereicht wird.

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Warum wurden die Satzungen geändert, was ist das Ziel des Ganzen?

In den jeweiligen Satzungen ist beschrieben, warum es zu den Änderungen kam. Zum einen gab es aus der Mitte des Stadtrats heraus Wünsche, auf neue Entwicklungen einzugehen. Zum anderen haben wir aus der täglichen Praxis heraus bemerkt, dass teilweise der Bedarf nach mehr Regelungstiefe besteht. Deshalb hat man aus einer nun zwei Satzungen gemacht.

Was sind die gravierendsten Unterschiede der Stellplatzsatzung im Vergleich zur vorherigen Version?

Wir haben jetzt die Möglichkeit, die Stellplatzanzahl in Gebieten, die sich in der Nähe einer S-Bahnstation befinden, zu reduzieren. Das heißt: Man kann in diesen Fällen um bis zu 20 Prozent weniger Stellplätze bauen - einfach durch die Nähe zu den S-Bahnen. Man geht davon aus, dass vermehrt der öffentliche Personennahverkehr genutzt werden kann, weil er fußläufig erreichbar ist. Hinzu kommt die Möglichkeit, wenn man ein Mobilitätskonzept einreicht - also ein Pedelec-System, ein Carsharing-System oder ein ähnliches Konstrukt - dass man zehn Prozent weniger Stellplätze bauen kann.

Ein Mobilitätskonzept ist bei Bauanträgen bislang aber eher die Ausnahme als die Regel.

Tatsächlich gibt es immer mehr Strömungen in diese Richtung. Wir führen neuerdings zunehmend Gespräche über Mobilitätskonzepte - gerade bei größeren Entwicklungsgebieten, wo sich eine Kooperation lohnen würde, weil dort entsprechend mehr Leute wohnen oder arbeiten. Die Nachfrage ist da, der Bedarf ist da - und deswegen gehen auch die Bauherren vermehrt dazu über, so etwas in ihre Planungen einzubeziehen.

Regina Lechner ist in der Stadt Starnberg Bauamtsleiterin. (Foto: M.Schoenwaelder; privat)

Wenn Bauherren immer weniger Stellplätze nachweisen müssen, bedeutet das aber auch, dass Autos vermehrt im öffentlichen Raum abgestellt werden. Der Fahrzeugbestand ist seit Jahren stetig steigend.

Es ist davon auszugehen, dass bei Carsharing-Möglichkeiten weniger Autos angeschafft werden und weniger Bedarf nach einem eigenen Auto besteht. Insbesondere im Nahbereich der S-Bahn gehen wir davon aus, dass eine Kombi aus ÖPNV und Mobilitätskonzept funktioniert und weniger oft ein eigenes Auto benötigt wird.

In der neuen Stellplatzverordnung ist auch zu lesen, dass für Wohneinheiten unter 40 Quadratmetern Wohnfläche überhaupt kein Stellplatz mehr nachzuweisen ist. Wie will die Stadt auf ein Bauvorhaben reagieren, das beispielsweise 40 Apartments mit jeweils 40 Quadratmetern vorsieht?

Ja, das steht da so drin, aber die Gefahr sehe ich nicht als gegeben. Der Bedarf besteht eher nach größeren Wohnungen, Ein-Zimmer-Apartments sind nicht die geläufigste Wohnform, die vermietet wird. Bauherren möchten vor allem Wohnraum herstellen, der besonders gut vermietbar ist. Hat man jedoch ein Zielpublikum, dass nur Ein-Zimmer-Wohnungen erfordert - zum Beispiel Studentenwohnheime - gibt es Sonderregelungen in der Satzung.

Was sind in groben Zügen die wesentlichen Neuerungen der Grünordnungs- und Gestaltungssatzung?

Die Zaunhöhe auf Privatgrundstücken zu öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen wurde nun auf 1,50 Meter erhöht. Eine der erheblichsten Änderungen ist, dass bei Flachdächern und vergleichbaren Dächern mit einer Neigung von bis zu zehn Grad eine Begrünung vorgesehen ist.

Zu guter Letzt: Was passiert mit Bauanträgen, die seit dem 11. Mai die Änderungen der Verordnungen nicht berücksichtigt haben?

Die Bauwerber erhalten ein Schreiben der Stadt Starnberg mit Hinweis auf die neuen Satzungen und Bitte um Überarbeitung.

Die Satzungen finden sich auf der Homepage der Stadt Starnberg ( www.starnberg.de ) unter der Rubrik "Bürgerservice und Verwaltung / Stadtverwaltung / Satzungen und Verordnungen".

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