Starnberg:Kürzen oder fördern?

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Die Kommunen müssen sparen. Kulturveranstalter wie Matthias Helwig, Leiter des Fünfseen-Filmfestivals, sind deshalb von Kürzungen betroffen. (Foto: Nila Thiel)

In Zeiten klammer Haushalte verabschiedet der Starnberger Stadtrat die Förderungen für die Kultur. Dass dabei erneut über das Fünfseen-Filmfestival debattiert wird, zeigt: Die leeren Kassen stellen die Kommunalpolitik vor große Fragen.

Von Linus Freymark, Starnberg

In finanziell angespannten Zeiten ist der Stellenwert der Kultur eine der großen Streitfragen in den Haushaltsdebatten in den Rathäusern. Die einen finden, es gäbe wichtigere Dinge, für die man das knappe Geld benötigt. Die anderen wiederum meinen, gerade in diesen Zeiten dürfe nicht an kulturellen Veranstaltungen gespart werden. Auch im Starnberger Stadtrat sind die Diskussionen über die Verteilung der Gelder von diesen Fragen geprägt. Was braucht man unbedingt? Und was kann weg?

Eigentlich waren diese Fragen bei der Kulturförderung schon geklärt: Alles in allem beläuft sich die diesjährige Fördersumme auf rund 115 000 Euro, über die Verteilung hat der Kulturausschuss bereits beraten. Neu entflammt ist die Debatte in der Sitzung am Montagabend jedoch unter anderem durch einen Antrag der SPD-Fraktion. Darin forderten die Sozialdemokraten, die beschlossenen Kürzungen für das Fünfseen-Filmfestival abzumildern. In zwei Schritten waren der Veranstaltung rund 20 000 Euro Fördermittel gekürzt worden.

Das hiesige Filmfestival sei jedoch eines der größten seiner Art im deutschsprachigen Raum und habe über die Jahre "überregionale Bedeutung" erlangt, erklärte der Fraktionsvorsitzende Tim Weidner. Viele andere Städte in Deutschland wären froh über Kulturveranstaltungen dieser Größe. Weidners Fazit deshalb: Man müsse das Festival so gut es die leeren Kassen nun mal zulassen fördern - und zumindest die zweite Kürzung über mehrere Tausend Euro, die auch die Streichung des Nachwuchsförderpreises vorsieht, wieder zurücknehmen.

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung hatte Festivalleiter Matthias Helwig vergangene Woche skizziert, welche Folgen die geplanten Kürzungen für seine Veranstaltung hätten. Weil auch die Gemeinde Gauting Fördermittel streicht, fehlen Helwig insgesamt wohl 30 000 Euro. Dadurch würde die Eröffnungsfeier am See sowie die alljährliche Dampferfahrt wegfallen - beides sind laut Helwig "neben der Filmauswahl die Dinge, die unser Festival berühmt gemacht haben."

Durch den Verlust verliere das Festival an "Strahlkraft". Für den bislang von der Stadt gestifteten Preis in Höhe von 3000 Euro für junge Filmschaffende müsse er sich auf die Suche nach anderen Sponsoren machen, so Helwig. Sollte das nicht gelingen, würde die Auszeichnung wegfallen. "Wenn man solche Leuchtturmprojekte wie das Fünfseen-Filmfestival haben will, muss man sie entsprechend fördern", erklärte Helwig.

"Irgendwann kann man eine Veranstaltung in dieser Dimension nicht mehr machen"

An der Bedeutung des Festivals ließen auch Bürgermeister Patrick Janik und die Stadträte keine Zweifel. Die Veranstaltung habe eine "Flagschiffwirkung" für das kulturelle Leben im Fünfseenland, stellte Janik klar. Gleichzeitig würden die Kürzungen keine "existenzielle Bedrohung" für den Fortbestand des Filmfestivals darstellen. Zusätzliches Geld könne man nicht bereitstellen. Und eine Umverteilung des Kulturbudgets zugunsten des Filmfestivals sei nicht gerecht: Schließlich müsse man das Geld dann ja anderswo streichen - und die davon betroffenen Stellen würden ja bereits mit der Förderung rechnen. Ähnlich sah das seine Stellvertreterin Angelika Kammerl (CSU), Marc Fiedler (FDP) sowie Kammerls Parteikollege Ludwig Jägerhuber. Man habe sich bemüht, die Gelder "einigermaßen gerecht" zu verteilen, so Jägerhuber. Daran dürfe man nun nicht mehr rütteln.

Weil Jägerhuber mit dieser Einschätzung nicht allein dastand, blieb der erneute Schlagabtausch im Stadtrat folgenlos: An der Verteilung der Fördermittel hat sich nichts geändert, die knapp 115 000 Euro aus dem Kulturtopf werden wie bisher geplant ausgeschüttet. Doch die Debatte vom Montag zeigt einmal mehr, wie schwierig es die Kommunalpolitik derzeit hat, Prioritäten zu setzen. Spart man lieber bei der Kultur oder anderswo? Und unterstützt man lieber große, prägende Veranstaltungen wie das Fünfseen-Filmfestival oder setzt man eher auf kleinere?

Im SZ-Interview hatte Festivalleiter Helwig beklagt, die Kultur habe seit der Pandemie in der Politik an Stellenwert eingebüßt. Während Corona sei zwar stets deren Bedeutung betont worden - und gleichzeitig Kürzungen durchgedrückt worden. Helwig warnte davor, dass sich diese Entwicklung weiter fortsetzt. Zwar hätten es die Kommunen in der aktuellen Situation nicht leicht. Dennoch sei es wichtig, nicht jedes Jahr weitere Gelder zu streichen. Dies habe auf lange Sicht den Wegfall vieler Kulturereignisse zur Folge, erklärte Helwig und stellte mit Blick auf das Fünfseen-Filmfestival klar: "Irgendwann kann man eine Veranstaltung in dieser Dimension nicht mehr machen."

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