Seeanbindung Starnberg:Sonderkündigung mit Fristverlängerung

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Der Starnberger Bahnhof am See: Seit 37 Jahren wird um eine städtebauliche Verbesserung der Situation gerungen. (Foto: Nila Thiel)

Positive Signale, aber keine Zusagen: Bürgermeister Janik soll weiter mit der Deutschen Bahn und Politikern in Bund und Land über ein millionenschweres Projekt verhandeln, für das es jedoch kein Geld gibt.

Von Peter Haacke, Starnberg

Monatelang hatten Vertreter der Stadt Starnberg und der Deutschen Bahn (DB) verhandelt, um eine Schadenersatzklage des Staatsunternehmens über 170 Millionen Euro zu vermeiden. Ein Jahr lang hatte die Stadt seit Januar 2023 Zeit, um die finanziellen Voraussetzungen für einen großangelegten Umbau der Bahnanlagen am See zu schaffen - ein Projekt, das rund 180 Millionen Euro kosten soll. Die Finanzlücke in Höhe von rund 90 Millionen, so der Plan, sollten Bund und Land schließen. Doch daraus wurde nichts: Trotz "vieler positiver Signale", die Starnbergs Bürgermeister Patrick Janik (CSU, UWG, SPD, BLS) vernahm, gab es keine Zusagen. Der Stadtrat zog jetzt die Konsequenzen daraus: Janik wurde am Montag beauftragt, das mit der Bahn vereinbarte Sonderkündigungsrecht in Anspruch zu nehmen, sofern die Frist nicht bis zum Mai 2024 verlängert wird. Im Klartext: Es muss wieder verhandelt werden.

Der Beschluss des Stadtrats bestätigt nun, was viele Skeptiker des Vorhabens schon zuvor befürchtet hatten: Niemand werde den Starnbergern kurzfristig Geld geben für ein Projekt, das zwar wünschenswert, nicht aber unbedingt erforderlich ist. Das muss auch den Vertragspartnern beim Abschluss ihrer Vereinbarung bewusst gewesen sein: In der Vergleichs- und Realisierungsvereinbarung, die eine Delegation der Stadt Starnberg unter Leitung von Janik mit der DB nach zähen Verhandlungen im Dezember 2022 ausgehandelt hatte, sicherte sich die Stadt ein Sonderkündigungsrecht für den Zeitraum von zwölf Monaten nach Vertragsschluss zu für den Fall, dass die Finanzierung durch Fördermittel von Bund und Land innerhalb dieses Zeitraums nicht verbindlich gesichert werden könnte. Dieser Fall ist nun eingetreten.

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Dabei schienen Stadt und Bahn nach mehr als 35 Jahren eine Möglichkeit gefunden zu haben, einen 1987 geschlossenen Vertrag, der bereits teilweise erfüllt ist, unter neuen Vorzeichen zum Abschluss bringen zu können. In den Verhandlungen war es vorrangig um technische Lösungen gegangen - unter anderem eine Verlegung des Regionalzughalts an den Bahnhof Nord, die Reduzierung auf drei Gleise am Bahnhof See und die Lage eines Abstell- und Wendegleises. "Die Einigung mit der DB ist ein großer Erfolg für ganz Starnberg", jubelte Janik im Januar 2023 kurz nach der Vertragsunterzeichnung, und Klaus-Dieter Josel, DB-Konzernbevollmächtigter für Bayern, ergänzte: "Wir haben mit der vertraglichen Einigung einen Weg gefunden, die Belange der Stadt und der DB in Einklang zu bringen."

Im weiteren Laufe des Jahres 2023 fanden daraufhin mehrere Gespräche auf politischer Ebene statt. Sowohl seitens des Bundes als auch des Landes erkannte Janik bei seinen jeweiligen Gesprächspartnern großes Verständnis und Bereitschaft zur Unterstützung des Projekts. Im September besuchte FDP-Staatssekretär Michael Theurer die Kreisstadt, doch finanzielle Zusagen machte auch der Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr nicht: Zwar könnten Mittel aus Förderprogrammen des Bundes in Anspruch genommen werden, ließ er wissen. Doch seiner Einschätzung nach sei Starnberg ein Regionalbahnhof - und damit Sache des Freistaats. Eine Umsetzung des Großprojekts könne daher nur gelingen, "wenn alle beteiligten Stellen zusammenwirken".

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In technischer Hinsicht wäre die Starnberger "Seeanbindung" wohl machbar, in finanzieller Hinsicht nicht: Stadt, Land, Bund - alle müssen sparen.

Kommentar von Peter Haacke

Davon ist man im Stadtrat weit entfernt. Ein Drittel des Gremiums - BMS und WPS sowie Anke Henniger (FDP), Franz Heidinger (BLS) und Ursula Lauer (Grüne) - lehnten eine Frist zur Verlängerung des Sonderkündigungsrechts ab. Josef Pfister (BMS) fragte: "Wo soll das Geld herkommen? Wir als Kommune haben überhaupt nichts." WPS-Fraktionschef Johannes Glogger brachte das komplexe Vorhaben unter Ausblendung entscheidender Faktoren aus seiner Sicht auf den Punkt: "Wir wollen es einfach nur schön haben und nicht ausgelacht werden, wenn wir Besuch bekommen." Und Anke Henniger (FDP) gestand: "Ich hab' keinen Einblick, was gelaufen ist." Vom Bürgermeister höre man immer nur: "Ich bin hoffnungsvoll." Das sei ihr aber insgesamt zu wenig.

Viele deutsche Kommunen sind in Geldnöten. Auch die Kreisstadt Starnberg und Bürgermeister Patrick Janik müssen sparen. (Foto: Georgine Treybal)

Die rund 30 Zuhörer im Saal, überwiegend Anwohner des Oberfelds, die vom Bau des Wende- und Abstellgleises betroffen wären, mögen den verbalen Schlagabtausch mit gewissem Wohlwollen vernommen haben. Verärgert zeigte sich jedoch Franz Sengl (Grüne) über die Art der Diskussion: Jene, die das Projekt grundsätzlich "abschießen wollen, sollen es einfach sagen. Sagt einfach, was ihr wollt". Und Janik konnte sich den Hinweis auf diverse Aktionen der FDP nicht verkneifen, die wenig hilfreich gewesen seien: "Fördermittel sind wie ein scheues Reh auf einer Lichtung", sagte er, "wenn man sie anschreit, verschwinden sie".

Das nächste Gespräch mit Vertretern der Bahn ist bereits terminiert

Aus der Bürgerversammlung wurden zwei Anträge behandelt: Der Blick auf See und Alpenkette soll freibleiben, eine Beteiligung von Bürgerinitiativen und Interessengemeinschaften am "Lenkungskreis", der insbesondere technische Details berät, wird es nicht geben. Janik hat das nächste Gespräch mit Vertretern der DB bereits für Dezember terminiert: Er bleibt weiterhin ermächtigt, Gespräche auf politischer Ebene zu führen, mit der DB zu verhandeln und dem Stadtrat das Verhandlungsergebnis vorzulegen. "Die Showdown-Sitzung kommt", sagte er, "aber nicht heute. Den großen Schlagabtausch im Projekt werden wir noch haben".

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