Vor Münchner Nachtclub:"Diese Faustschläge hätten tödlich sein können"

Lesezeit: 2 min

Im Filmcasino am Münchner Odeonsplatz begann der Streit. Danach passte der junge Mann seine Ex-Freundin in einer Seitenstraße ab. (Foto: Haas, Robert/lok)

Ein 22-Jähriger greift nach einem Nachtclub-Besuch in München seine Ex-Freundin brutal an. Weil er sich noch weiterer Delikte zuschulden hat kommen lassen, muss er nun für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis.

Von Christian Deussing, Starnberg/München

Kurz vor Verkündung des Urteils tippt der junge Mann noch etwas in sein Handy. Er ist nervös und äußerst angespannt, denn das Jugendschöffengericht in Starnberg berät sich deutlich länger als angekündigt. Dann ist es so weit: Der 22-jährige, mehrfach einschlägig vorbestrafte Angeklagte, der am Starnberger See wohnt, wird am zweiten Prozesstag zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt - unter anderem wegen tätlichen Angriffs auf Polizisten im Juni 2021 auf einem Parkplatz an der Garmischer Autobahn und wegen vorsätzlicher Körperverletzung im Mai 2022 nahe dem Münchner Nachtclub "Filmcasino".

Die Security hatte ihn nach einem handgreiflichen Streit mit seiner Ex-Freundin aus dem Lokal hinausgeworfen. Doch der Angeklagte passte die damals 18-Jährige in einer Nebenstraße vor dem Auto ihrer Begleiterin ab und stellte sich der früheren Partnerin in den Weg. Sie bezeichnete ihn als "Psychopathen", daraufhin rastete der Mann völlig aus: Mit einem wuchtigen Faustschlag streckte er die 18-Jährige zu Boden, danach habe er ihr "außer Rand und Band aus nächster Nähe brutal 15 Mal ins Gesicht und auf den Kopf geschlagen", erklärte Richter Ralf Jehle in der Urteilsbegründung. Die Szene war mit einem Handy gefilmt und ins Netz gestellt worden, wo sich die Bilder in den sozialen Medien rasend schnell verbreiteten.

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Der Richter betonte, dass die Frau dabei fast noch glimpflich davongekommen sei: Derart massive Fausthiebe ohne Impulskontrolle hätten zu lebenslangen, schwersten Verletzungen oder auch zum Tod führen können. Zwar sei der Angeklagte seinerzeit in der Nacht alkoholisiert, dennoch aber schuldfähig gewesen. Zudem habe er diese Taten in offener Bewährung begangen.

Überdies wurde dem 22-Jährigen von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, im Juni 2021 mit weit überhöhter Geschwindigkeit und hochriskant mit einem über 400 PS starken Wagen zwischen Sindelsdorf und Wolfratshausen gerast zu sein und seinen Bruder auf dem Beifahrersitz in "Angst und Panik" versetzt zu haben. Der hatte den Angeklagten mehrfach vergeblich aufgefordert, anzuhalten und ihn als Halter des Fahrzeugs ans Steuer zu lassen. Der verängstigte Beifahrer rief deshalb über Notruf die Polizei und bat dringend um Hilfe, weil sein jüngerer Bruder wie eine "gesengte Sau" fahre.

Die Notrufaufzeichnungen dazu seien authentisch, ebenso die Bilder einer Bodycam: Sie zeigen den Einsatz der Polizisten auf dem Pendlerparkplatz, auf dem der Angeklagte seine Fahrt beendet hatte. Dort habe er sich völlig uneinsichtig verhalten und der Kontrolle entziehen wollen, indem er sich keine Handschellen anlegen lassen wollte. Die Beamten hätten gewusst, dass der junge Mann potenziell gefährlich sein könnte.

Bis heute habe der Angeklagte seine Aggressionsprobleme nicht gelöst, sagt der Staatsanwalt

Dagegen hielt der Verteidiger den Einsatz der vier Polizisten auf dem Parkplatz für unverhältnismäßig, um seinen Mandanten "kontrolliert zu Boden zu bringen". Der Anwalt verwies darauf - wie auch die Jugendgerichtshilfe - dass sich der Angeklagte auf dem schulischen und inzwischen auch beruflichem Wege stabilisiert und überdies der Ex-Freundin 4000 Euro Schmerzensgeld gezahlt habe. Eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren sei ausreichend, befand der Verteidiger. Der Staatsanwalt hingegen forderte eine Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Er begründete dies auch damit, dass der Angeklagte bis heute sein "Aggressionsproblem nicht gelöst" habe, das auch aus erzieherischen Defiziten resultiere. Im Schlusswort beteuerte der 22-Jährige nochmals, "es zutiefst zu bereuen", seine Ex-Freundin geschlagen zu haben. Die Raserei auf der Autobahn stritt er jedoch ab.

Nach dem Urteil tippte der konsterniert wirkende Angeklagte wieder etwas ins Handy. Seinen Führerschein hatte er kurz zuvor wegen des verkehrswidrigen Fahrverhaltens auf der A 95 dem Richter übergeben müssen.

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