Starnberg:Mehr Fisch auf den Tisch

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.Die Fischer am Starnberger See spüren eine höhere Nachfrage nach Renken und Saiblingen als im vergangenen Jahr an den Feiertagen. Auch eine Reaktion auf die Lebensmittelskandale

Christiane Bracht

Fischermeister Ludwig Erhard Possenhofen Fischermeister Ludwig Erhard aus Pöcking-Possenhofen beim Bearbeiten seines aus Hechten und Renken bestehenden Fangs. (Foto: STA Franz X. Fuchs)

Die Tradition will es so: Am Karfreitag gibt es Fisch. Natürlich nicht irgendeinen, im Fünfseenland schätzt man frisch gefangene Renken aus dem Starnberger See oder Saiblinge. Der Possenhofener Fischer Ludwig Erhard hat schon zahlreiche Bestellungen. "Die Nachfrage ist besser als im vergangenen Jahr - etwa zehn Prozent mehr", schätzt er. Die vielen Fleischskandale der letzten Zeit haben ihm die Kunden in den Hofladen getrieben. "Die Leute würdigen Fisch jetzt mehr", sagt Erhard. Auch bei seinem Kollegen aus Ammerland, dem Fischer Matthias Sebald, haben schon mindestens 40 Kunden angerufen, um sich einen Fisch für den Feiertag zu sichern. "Die meisten gehen aber ins Gasthaus", sagt er. "Die Leute kochen nicht mehr so wie früher." Wer allerdings dort jetzt noch nicht reserviert hat, muss seinen Fisch selbst zubereiten. Denn: "Wer nicht eine Woche vorher bestellt, kriegt keinen Platz mehr", weiß Sebald, der fünf Gasthäuser beliefert.

Auch wenn anlässlich des Karfreitags nicht sehr viel mehr Kunden in seinen Laden in Ammerland kommen, so spürt Sebald ebenso wie Erhard seit einiger Zeit eine steigende Nachfrage. Er hat inzwischen eine große Stammkundschaft, die öfter mal einen frischen Fisch bei ihm kauft.

Peter Dechant aus Starnberg stellt seine Kollegen hinsichtlich der Karfreitags-Bestellungen zwar locker in den Schatten, er hat nämlich rund 150, seine Kunden wollen allerdings lieber Meeresfische, vorzugsweise den norwegischen Skrei. "Die Saison endet in dieser Woche", erklärt er. Einheimische Süßwasserfische sind dagegen nicht so gefragt. "Das ist jahreszeitlich bedingt", erklärt er. Jetzt wollten die Kunden nicht grillen, sondern Edelfischpfannen. Auch bei ihm gibt es jetzt mehr Fischliebhaber, berichtet der Starnberger. Mit den Fleischskandalen habe dies jedoch nichts zu tun. "Das ist immer nur kurzfristig, nie nachhaltig", sagt er.

Für Erhard und Sebald sind es die härtesten Arbeitstage des Jahres. Denn der starke eiskalte Ostwind und der zunehmende Mond macht ihnen das Fischen schwer. "Auf dem See sind die Temperaturen dann schon mal bei minus 20 Grad. Da friert das Netz schon an die Jacke hin oder an die Handschuhe", sagt Sebald. Auch Erhard hat so seine Erfahrungen. "Das kalte Wasser schmerzt an den Knöcheln. Außerdem kann sich leicht Eis auf dem Boot bilden, auf dem man ausrutscht und womöglich ins Wasser fällt", sagt er. Die Fangmenge ist indes gering. "Sie steht jedenfalls in keinem Verhältnis zum Aufwand und dem Risiko", sagt der Possenhofener. Noch ist es zu kalt. Die meisten Renken halten sich in tieferen Gefilden des Starnberger Sees auf - besonders bei zunehmendem Mond. Erst wenn es wärmer wird, das Plankton wächst, kommen sie nach oben, um zu fressen. "Gestern habe ich gerade mal vier Renken heim gebracht", sagt Sebald. Deshalb fahren derzeit nur sechs oder sieben Fischer überhaupt auf den See hinaus. Die übrigen warten auf wärmere Tage und lassen ihre Netze vorerst in der Kiste. Erst Mitte April wird es nach der Erfahrung der Fischer besser. Sebald und Erhard fühlen sich jedoch ihren Stammkunden verpflichtet, deshalb fahren sie trotzdem hinaus. Die Nachfrage ist allerdings größer als der Fang. Dechant sagt, er habe 30 Renken geliefert bekommen - selbst fährt er derzeit nicht auf den See hinaus. Er hätte jedoch das Fünffache in seinem Laden verkaufen können.

Gründonnerstag versucht es Erhard noch einmal, in der Hoffnung möglichst viele Renken im Netz zu haben. Über Nacht wird ein Teil des Fangs in Salz eingelegt und am Karfreitagmorgen ein bis zwei Stunden geräuchert. Für mehr als 60 Prozent seiner Kunden muss er zudem die Fische filetieren. "Die meisten verlangen das so. Sie bevorzugen schnelle Küche", weiß Erhard. Sebald indes hat schon festgestellt, dass der Trend schon wieder mehr zum ganzen Fisch geht, nur noch die Hälfte seiner Kunden wollen die Gräten entfernt haben. Peter Dechant hat am Karfreitag bereits geschlossen, nicht nur den Laden, auch sein Restaurant. Gründonnerstag wird sein Laden allerdings gut besucht sein.

Als Festtagsessen empfiehlt Hobbykoch Erhard: Renke in der Pfanne gebraten, den Bauch mit Zwiebeln und Speck füllen. Gewürzt wird das Ganze mit Salz und Pfeffer, aber zurückhaltend, damit der feine Fischgeschmack nicht verloren geht. Das ist übrigens das Lieblingsessen des Possenhofeners.

© SZ vom 28.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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