Kriminalität im Landkreis Starnberg:Mehr Straftaten, vor allem im Internet

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Andreas Rau ist seit vergangenem August stellvertretender Inspektionsleiter der Polizeiinspektion Gauting. (Foto: Nila Thiel)

Der stellvertretende Gautinger Inspektionsleiter Andreas Rau erklärt die Kriminalstatistik. Warum immer mehr Jugendliche zu Tatverdächtigen werden und weshalb die Dunkelziffer der Straftaten deutlich höher liegen dürfte.

Von Christina Rebhahn-Roither, Gauting

Insgesamt 5161 Straftaten zählt die Kriminalstatistik des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord im Jahr 2020 für den Landkreis Starnberg. Das sind 516 Fälle mehr als im Jahr 2019. Auch die Anzahl der jugendlichen Tatverdächtigen (14 bis unter 18 Jahre) im Landkreis ist gestiegen. Doch was bedeuten diese Zahlen? Und was ist bei einer solchen Statistik zu beachten?

Andreas Rau ist seit August 2021 stellvertretender Inspektionsleiter der Polizeiinspektion Gauting. Der 38-Jährige sagt am Telefon: "Generell ist der Anstieg der Kriminalität immer besorgniserregend, allerdings muss man sich die Statistik da vielleicht auch in ein paar Dingen genauer anschauen." Was er damit meint, ist etwa ein Ermittlungsverfahren, bei dem es um mehr als 700 verschwundene Paketlieferungen ging. Das führe zu einem Anstieg in der Statistik, der für Rau in Anbetracht solcher Vorfälle "nicht besonders besorgniserregend" ist. Außerdem gibt er Folgendes zu bedenken: "Eine Kriminalitätsstatistik spiegelt die Straftaten, die bekannt geworden sind, wider." Im Umkehrschluss heißt das: Manches bleibt möglicherweise auch im Dunkeln. Als Beispiel nennt Rau den Callcenterbetrug, bei dem Geschädigte manchmal gar nicht wissen, dass Unrecht passiert ist, oder auch aus Scham schweigen, weil sie große Summen an Betrüger überwiesen haben. "Wer will sich die Blöße geben?" Im gesamten Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord wurden 2020 insgesamt 4028 Callcenterbetrug-Kontaktaufnahmen registriert, doppelt so viele wie im Jahr zuvor. In 104 Fällen machten die Betrüger Beute, meist gaben sie sich als Polizeibeamte aus, was der Polizei und dem Vertrauen in die Behörde schade, meint Rau.

Wirft man noch einen Blick auf die Zahlen wird ebenfalls deutlich, dass im Landkreis Starnberg die Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen - 2019 lag sie bei 239 - 2020 um 44 Fälle gestiegen ist und nun bei 283 liegt. Daraus will Rau jedoch nicht die These ableiten, dass Tatverdächtige immer jünger werden. Insgesamt blieb die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren stabil. Als Motive der Jugendlichen vermutet Rau Mutproben, aber auch den Versuch, Anerkennung zu bekommen und aufzufallen. Manchmal könnten auch Langeweile oder Unwissen eine Rolle spielen. Unwissenheit erwähnt er auch im Zusammenhang mit Cybermobbing, wo man "schnell nicht nur Opfer der Internetkriminalität, sondern manchmal bewusst oder auch unbewusst selbst zum Täter" werde - zum Beispiel, wenn im Klassenchat unüberlegt Fotos weitergeleitet werden. Cybermobbing sieht der Beamte auch als typisches Beispiel von Jugendkriminalität.

Die Polizei trifft generell präventive Maßnahmen, zum Beispiel durch Schulvorträge, bei denen unter anderem Gefahren im Internet Thema sind. Vorrangig sieht Rau die Verantwortung aber klar bei den Eltern. Er habe auf die Frage, ab welchem Alter ein Handy angebracht ist, einmal gehört: "Wenn die Eltern so weit sind", was er für eine gute Antwort hält. "Man kann Kinder nicht in dieses große Becken unbeaufsichtigt und ohne Hilfe reinschmeißen."

Beim Thema Internet(betrug) vermutet der Beamte generell einen Einfluss der Pandemie. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen kann sich Rau vorstellen, dass sich durch Homeschooling viel ins Netz verlagert hat und sie dort viel Zeit unbeaufsichtigt verbracht haben. Und wie reagieren Eltern am besten, wenn das Kind einer Tat verdächtigt wird? Raus Meinung: "Verständnisvoll reagieren, nicht eskalieren und der Ursache auf den Grund gehen".

© SZ vom 23.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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