Binnen weniger Minuten waren die Straße und der Parkplatz vor dem Tutzinger Rathaus voll mit jungen Menschen. Viele hatten Plakate gemalt, darauf war zu lesen "Wir wollen eine Zukunft haben!", "Weniger CO₂, mehr Bäume" oder "Rettet die Eisbären!". Etwa 1500 Kinder und Jugendliche haben sich anlässlich des weltweiten Klimatags vor dem Rathaus versammelt, alle fünf Schulen in der Gemeinde haben sich beteiligt. Bürgermeisterin Marlene Greinwald (FW) konnte nicht anders, als über das Mikrofon zu rufen: "Ich bin stolz auf unsere Schüler."
Lehrerin und Pfarrgemeinderätin Hanna Krause hatte noch vor den Sommerferien die Idee zu der Veranstaltung. Zusammen mit dem Bund Naturschutz-Vorsitzenden Günter Schorn und der Gemeinde gelang es "in einem Kraftakt, das möglich zu machen", so Greinwald. "Es ist das Recht der Jugend, uns wachzurütteln." Manche nahmen das wörtlich und skandierten im Klassenverbund "Rettet das Klima!". Die Schülersprecherinnen des Gymnasiums wiederum übergaben Greinwald ihre Forderungen in einem Umschlag. Die sagte ganz offen, dass Tutzing gerne mehr machen würde in Sachen Nachhaltigkeit und Mobilität. "Doch oft geht es einfach ums Geld." Dann wieder fehlten die nötigen Instrumente der großen Politik, etwa bei öffentlichen Ausschreibungen. "Wir müssen den billigsten Anbieter nehmen, nicht den nachhaltigsten."
Nadine De March von "Starnberg for future" ist überzeugt, dass der Landkreis auch ohne Unterstützung aus Berlin viel tun kann. Die 31 Jahre alte Studentin hat vor elf Tagen eine Petition gestartet, wonach der Kreistag den Klimanotstand ausrufen soll. Dann müssten alle Planungen, Beschlüsse und Erlasse der Stadt und des Landkreises künftig kritisch bezüglich ihrer Auswirkungen auf Natur und Klima geprüft werden. Auf dem Starnberger Kirchplatz warb De March am Freitagmorgen vor etwa 200 Zuhörern für ihre Ideen. Sie hat einen umfassenden Katalog an Maßnahmen zusammengestellt, demnach sollte es unter anderem bis Ende 2020 nur mehr Recycling-Papier in allen öffentlichen Einrichtungen geben sowie ein Verbot von Einwegplastik. Bis 2030 sollen Energie- und Verkehrswende geschafft sein. "Der Landkreis Starnberg hat eine Pro-Kopf-Verschuldung von null Euro, was ihm die Verantwortung zukommen lässt, die Maßnahmen schneller und effektiver zu erreichen als andere Landkreise", argumentiert Nadine De March. Starnbergs Bürgermeisterin Eva John (BMS) hat unterschrieben - auch wenn sie nicht überall uneingeschränkt mitgehe, wie sie betonte.
Tatsächlich hat sich der Landkreis schon 2005 per Kreistagsbeschluss ein hohes Ziel gesetzt. Bis 2035 sollten alle Gemeinden unabhängig von fossilen Energieträgern sein, geschafft hat das bislang nur Berg mit seinen Windrädern. In allen anderen Gemeinden lag der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch 2017 noch unter 20 Prozent. "Wir drehen uns im Kreis", fiel dazu Michael Schäfer aus Berg ein. Der 62 Jahre alte Steuerberater blockierte zusammen mit Unterstützern der Initiative "Berg for future" einen Kreisverkehr am Ortseingang. Mit Fahrrädern fuhren sie minutenlang im Kreis, bevor die Autos wieder einfädeln konnten. Dafür ernteten sie Zuspruch, aber auch wüste Beschimpfungen.