Mit einem sehr leisen Film ging das 17. Fünfseen-Filmfestival am Mittwochabend zu Ende. "The Quiet Girl" von Colm Bairéad wurde mit dem Publikumspreis der Süddeutschen Zeitung ausgezeichnet. Neben dem Fünfseen-Filmpreis für die belgisch-französische Produktion "Dalva" wurden bei der Abschlussfeier in der Schlossberghalle noch drei weitere Preise vergeben. "Wir hoffen, dass wir den ausgezeichneten Filmen zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen und einige von ihnen vielleicht ins Kino bringen, die es sonst nicht geschafft hätten", sagte Festivalleiter Matthias Helwig.
Vorerst aber konnte er sich vor allem darüber freuen, dass er wieder einmal die Menschen ins Kino gebracht hatte: Rund 18 000 Besucher waren in den vergangenen Wochen in den Kino- und Open-Air-Vorstellungen an den verschiedenen Spielstätten in Starnberg, Gauting, Seefeld und Weßling. "Wenn Sie nicht kommen würden, könnte es das Festival nicht geben", bedankte sich Helwig bei seinem Publikum. Da das Festival diesmal drei Tage kürzer war als im vergangenen Jahr übertreffe das Ergebnis sogar die Zahlen von 2022. "Wir hatten noch nie so viele Zuschauer pro Tag", sagte er. Und: "Ich bin höchst zufrieden."
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Dabei hatten das Festival dieses Jahr mit immensen Schwierigkeiten zu kämpfen. Wegen der Sperrung der S-Bahn zwischen Pasing, Gauting und Starnberg war es nur unter extremen Schwierigkeiten möglich, das Festival mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Das Open-Air-Kino war fast komplett verregnet. Vor diesem Hintergrund sei der Zuspruch "als überragend" anzusehen, sagte Helwig.
Der SZ-Publikumspreis in der Reihe "Best of Festivals" wurde von Astrid Becker, der stellvertretenden Redaktionsleiterin in Starnberg, überreicht. Er besteht in einer Anzeige im Wert von 5000 Euro. Der prämierte irische Film erzählt auf unaufgeregte Weise und in ruhigen Bildern die Geschichte des schweigsamen Mädchens Cáit, das den Sommer auf der Farm von Verwandten verbringt und dort zu sich selbst findet. Er war im vergangenen Jahr auf zahlreichen Festivals zu sehen und lief in Irland und England bereits im Kino. "The Quiet Girl", der im Original "An Cailín Ciúin" heißt, liege ihm sehr am Herzen, sagte Helwig, er wurde deshalb als letzter Film des Festivals noch einmal gezeigt. Der Kinostart in Deutschland ist für Mitte November geplant.
Den Gewinner im internationalen Wettbewerb um den Fünfseen- Filmpreis hatte eine Fachjury ausgewählt, die aus dem Regisseur Arman T. Riahi, der Regisseurin Katharina Woll, der Schauspielerin Ulrike Willenbacher, dem Filmproduzenten Dieter Horres und der BR-Redakteurin Sylvia Griss bestand. Die Jury sprach sich lobend für den belgischen Film "Here" von Regisseur und Drehbuchautor Bas Devos aus. Der erste Preis ging an den belgisch-französischen Film "Dalva". Das "mutige wie intensive Spielfilmdebüt" der belgisch-französischen Regisseurin Emmanuelle Nicot, die auch das Drehbuch geschrieben hat, überzeugte die Jury durch eine "sensible und psychologisch genaue Inszenierung". Sie erzähle "das ungeheure Thema Inzest und sexueller Missbrauch durch den eigenen Vater aus der Opfersicht der zwölfjährigen Dalva", heißt es in der Begründung des Jury. Das gebe der Geschichte "eine ungewöhnliche Intensität und Vielschichtigkeit". Der Preis in Höhe von 5000 Euro wurde vom Landkreis Starnberg gestiftet.
Der Publikumspreis in der Sektion Kino & Klima wurde von Anne und Alex Eichberger gestiftet, die mit ihrer unabhängigen Initiative "unserklima.jetzt" bereits zum dritten Mal zu den Hauptsponsoren des Festivals gehörten. Beide freuten sich über die sehr guten Filme, die sie in diesem Jahr zeigen konnten, und über die ernsthaften Diskussionen, die sie im Anschluss an die Vorstellungen mit dem Publikum führten. Der mit 3000 Euro dotierte Preis ging an den Film "Ernte teilen" von Philipp Petruch aus Seefeld, seine Eltern nahmen ihn stellvertretend im Empfang. Der Film ist ein Plädoyer für eine solidarische Landwirtschaft und lokale Versorgungskreisläufe.
Mit dem Horizonte-Filmpreis, gestiftet von der Gleichstellungsstelle im Landratsamt Starnberg, werden Filme ausgezeichnet, die sich in besonderem Maß um Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichstellung der Geschlechter und stimmiges Zusammenleben zwischen Mensch und Natur verdient machen. In dieser Sektion liefen acht Filme, der Gewinnerfilm wurde auch hier vom Publikum gewählt. Ausgezeichnet wurde die deutsch-iranische Produktion "Leere Netze" von Behrooz Karamizade. Der Protagonist des Films kann den hohen Brautpreis für seine Geliebte nicht aufbringen und verstrickt sich deshalb in den kriminellen Machenschaften illegaler Kaviar-Fischer. Der Regisseur bedankte sich per Videobotschaft für den Preis, sein Film sei den jungen Menschen im Iran gewidmet, die darauf angewiesen seien, von der Weltöffentlichkeit wahrgenommen zu werden.
In der Reihe "Perspektive Spielfilm" werden Filme aus Mitteleuropa gezeigt, bei denen es sich um die erste oder zweite Spielfilmproduktion eines Regisseurs handelt. Der Preis wird von der Stadt Starnberg gestiftet und ist ebenfalls mit 3000 Euro dotiert. Eine Jury zeichnete den Film "Elaha" der aus Armenien stammenden Regisseurin und Co-Drehbuchautorin Milena Aboyan aus. Die Protagonistin des Films ist die junge Kurdin Elaha, die - anders als es ihr Umfeld für sie vorsieht - kurz vor ihrer Hochzeit keine Jungfrau mehr ist, was sie zu Lügen und verzweifelten Taten zwingt. "Kino verbindet, wir sind alle eine große Menschenfamilie", sagte Milena Aboyan in ihrer Dankesrede. "Und Perspektive heißt, glaube ich, in die Zukunft schauen."