Energiepolitik:Genossenschaftliche Alternativen

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Im Landkreis Starnberg gibt es noch wenig Windkraft - nur in Berg. Für die Realisierung des Projekts ist eine Gesellschaft gegründet worden, an der sich Bürger beteiligen konnten. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der Starnberger Stadtrat Otto Gaßner plädiert für die Gründung eines Starnberger Bürgermodells zur Versorgung mit Strom und Wärme. Als Anschubfinanzierung würde er eine Million Euro zur Verfügung stellen: Crowdfunding zur Energiewende?

Von Peter Haacke, Starnberg

Wie heizen wir übermorgen? Was muss man sich unter einem kommunalen Wärmeplan vorstellen? Was müssen Gemeinden jetzt tun, um ihren Bürgern behagliche Wärme auch in kommenden Wintern zu garantieren? Wie sehen die gesetzlichen Vorgaben auf Bundesebene aus, die im Herbst festgezurrt werden sollen? Welche technischen Alternativen sind machbar, welche sind möglich? Das fragen sich derzeit viele Bürger - auch in Starnberg. Einer von ihnen ist Stadtrat Otto Gaßner (UWG): Er hat sich grundsätzlich Gedanken gemacht und bringt für die Kreisstadt einen neuen Aspekt ins Spiel: Die Gründung eines gesellschaftlich oder genossenschaftlich organisierten Bürgermodells zur Wärme- und Energieversorgung. Das Beste daran: Als Anschubfinanzierung würde Gaßner eine Million Euro zur Verfügung stellen.

Eines sollte allen mittlerweile klar sein: Fossile Energieträger - also Gas, Öl und Kohle - sind ebenso wie Atomenergie mittel- bis langfristig Auslaufmodelle. Großstädte mit mehr als 100 000 Einwohnern sollen bis Ende 2026 ihre Wärmepläne vorlegen, kleinere Städte haben zwei Jahre mehr Zeit. Sicher ist schon jetzt: Eine Bestandsanalyse zum Ist-Zustand der Gebäude mit Verbrauchszahlen und umfassender Datenanalyse wird die Basis der Wärmeplanung bilden. In einem weiteren Schritt sollen die Kommunen alle vorhandenen Potenziale zur Nutzung von Wärme aus Erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme analysieren. Und dann? Müssten die besten Optionen für eine klimaneutrale Versorgung mit Strom und Wärme identifiziert werden. In der Theorie gibt es da vielerlei Möglichkeiten: Wärmepumpe, Biomasse, Wasserstoff, Windkraft, Photovoltaik, Solarthermie, Tiefengeothermie.

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In Starnberg ist die theoretische Auswahl jedoch begrenzt, zumal hier bislang kein Wärmenetz existiert. Die allermeisten Haushalte in der Stadt heizen vorwiegend mit Öl und Gas - ein gewaltiges Defizit gemessen am gewünschten Endzustand, hat der Stagenda-Arbeitskreis festgestellt. Und auch die Potenzialanalyse "wird nach derzeitigem Kenntnisstand wohl ernüchternd ausfallen", stellt Gaßner fest. Bevorzugtes Mittel der Wahl wird in den Wärmeplänen der Stadt daher mangels Alternativen somit voraussichtlich die Luftwärmepumpe sein. Die hat unbestritten ihre Vorteile bei Neubauten, dürfte aber bei Altbauten nur bedingt eine gute Lösung darstellen.

Plädiert für eine eigenständige Energieversorgung der Stadt Starnberg: Otto Gaßner. (Foto: Georgine Treybal)

"Ich empfinde diese Perspektive als unbefriedigend", schreibt Gaßner. "Das Potenzial für eine Wärmewende sollte in Starnberg größer sein als die simple Luftwärmepumpe." Zur Energiegewinnung kommen drei Möglichkeiten in Frage: Die Nutzung von Grundwasser als Wärmequelle - auch aus einem der Düker des B2-Tunnels -, die bislang vernachlässigte Tiefengeothermie, sowie den Starnberger See als Wärmequelle: Seewasser wird - im Gegensatz etwa zur Schweiz - in Deutschland bisher kaum genutzt. Gaßner: "Hinter diesen Energiequellen muss dann ein Fernwärmenetz aufgebaut werden."

Dem Rechtsanwalt ist bewusst, dass Energiegewinnung aus der Erde oder dem See beträchtliche Investitionen erfordert. Zudem gäbe es manch bürokratische und juristische Hürden zu überwinden: Die Stadt müsste Bergrechte beantragen und für die Nutzung der See-Energie ein Wasserrechtsverfahren in Gang setzen. Angesichts der strapazierten öffentlichen Kassen läge es also nahe, "privates Kapital für diese Aufgabe zu mobilisieren", so Gaßner. Denkbar sei die Zusammenarbeit mit einem geeigneten, seriösen Energieversorger. Oder ein Bürgermodell - vergleichbar mit der Energiegenossenschaft Fünfseenland. "Ich wäre deshalb bereit, für ein solches Modell - wenn es kaufmännisch ideologiefrei organisiert wird - eine Million Euro zur Verfügung zu stellen", schreibt Gaßner.

Als Steilvorlage für eine weitere interessante politische Debatte im Stadtrat taugt Gaßners Vorschlag sicherlich. Ob er damit auch spendenfreudige wohlhabende Bürger im ansonsten armen Starnberg zur Nachahmung animieren kann, bleibt abzuwarten.

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