Streit über Bahnhof am See:Bahn will 150 Millionen von Starnberg

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Kein Dach, kein Aufzug - und das bleibt vorerst auch so. Der Konzern fordert Schadenersatz, weil die Stadt ihre Verpflichtungen nicht erfüllt, und droht mit Klage.

Von David Costanzo, Starnberg

Der Zug für Verhandlungen über den Umbau der Gleise am Starnberger See scheint abgefahren, der Bahnhof könnte noch Jahre ohne Dach und Aufzug bleiben. Denn die Bahn macht ernst: Der Konzern fordert von Starnberg 150 Millionen Euro Schadenersatz zuzüglich Teuerung. Die Stadt habe ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag von 1987 nicht erfüllt, erklärte ein Sprecher der Bahn. Wenn Starnberg nicht bis 13. Dezember zahle, werde der Konzern wegen der drohenden Verjährung um den Jahreswechsel eine Klage einreichen. Es kommt der nächste Winter ohne Schutz vor Wind und Wetter am Gleis.

Die Stadt habe Ende September zwei Umbauvarianten abgelehnt, teilte die Bahn mit. Zwar habe der Stadtrat Gesprächsbereitschaft signalisiert, bislang seien aber weder ein Termin noch ein Finanzierungskonzept eingegangen.

In so ein "No deal"-Szenario, wie es der Zweite Bürgermeister Klaus Rieskamp in der Sitzung nannte, wollte der Stadtrat eigentlich nicht schlittern. Eine Mehrheit hatte sich bereits Ende Juli nach einer gescheiterten Mediation zur Seeanbindung bekannt und mehr Geld als die bis dahin angebotenen 15 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Am 25. September bekräftigte die Mehrheit gegen den Willen von Bürgermeisterin Eva John (BMS) den Beschluss.

Streit über Bahnhof See
:Klage gegen Starnberg: Bürgermeisterin widerspricht Bahn

Eva John zeigt sich völlig überrascht. Sie setzt dennoch darauf, sich mit dem Konzern über die Planungen einigen zu können. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Von Peter Haacke

Sogar auf eine konkrete Variante hatte sich der Stadtrat festgelegt: Dabei würden die Bahnsteige etwa 200 Meter in Richtung Norden verschoben und etwa auf Höhe des Parkplatzes barrierefrei samt Aufzug und Dach neu gebaut. Am heutigen Bahnhof verbliebe neben der Gleistrasse nur ein Wende- und Abstellgleis. So könnten die Schienenanlage verschlankt und mit den gewonnenen Flächen das Umfeld des denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes und die Seepromenade verschönert werden. Die Bedingung für eine Einigung wäre ein neuer Vertrag mit der Bahn, auf dessen Grundlage die Stadt Fördertöpfe von Bund und Freistaat anzapfen könnte. Die jahrzehntealten Klauseln stehen dem im Weg. Nach den Verträgen von 1987 trägt die Stadt vom Grundsatz her die Kosten für den Umbau der Gleise und der Bahnhöfe, dazu zählte auch der 2001 eröffnete Bahnhof Nord. Im Gegenzug überträgt ihr die Bahn die Grundstücke an den Gleisen, um diese neu gestalten zu können.

Eine Minderheit im Stadtrat und die Bürgermeisterin wollten das Abstellgleis mitten in der Stadt verhindern und fürchteten, dass Starnberg sich finanziell überhebt. Die Mehrheit dagegen warnte vor einer Niederlage vor Gericht, die teuer werden könnte, ohne dass die Stadt Einfluss auf die Gestaltung erhalte.

Tatsächlich will die Bahn nun mit dem Schadenersatz Gleise und Bahnhof am See selbst umbauen, und zwar so, wie es ursprünglich vertraglich vereinbart war. Meterhohe Lärmschutzwände durch die Stadt könnten die Folge sein. Wo und wie genau diese entstünden, lege allerdings das Eisenbahnbundesamt fest, sagte der Bahnsprecher. Die Bahn bedauere diese Entwicklung, weil sich der dringend erforderliche Umbau des Bahnhofs weiter verzögere.

Stadt und Bürgermeisterin John wollten sich erst mit ihrem Anwalt beraten, bevor sie sich gegebenenfalls dazu äußern. Stadträtin Angelika Kammerl (Parteifreie), die den Mehrheitsbeschluss organisiert hatte, ärgerte sich über das Scheitern. Sie will per Dringlichkeitsantrag fordern, dass Eva John bis zum 12. Dezember der Bahn ein Gespräch noch in diesem Jahr anbietet.

© SZ vom 05.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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