B2-Tunnel Starnberg:Experiment ohne Linksabbieger

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Eine der ineffektivsten Kreuzungen Bayerns: Der stark vom Verkehr belastete Tutzinger-Hof-Platz in Starnberg mit seinen fünf Verkehrsästen soll durch den teilweise Wegfall von Linksabbiegern verkehrsoptimiert werden. (Foto: Georgine Treybal/SZ)

Mit einer einmonatigen Testphase will das Staatliche Bauamt Weilheim 2023 vor allem am Tutzinger-Hof-Platz die Hauptverkehrsader entlasten. Der Probelauf hat allerdings seine Haken.

Von Peter Haacke, Starnberg

Autofahrer, die regelmäßig durch Starnberg fahren, wissen es schon lange: Die Bundesstraße 2, mit rund 845 Kilometern die längste und eine der ältesten Bundesstraßen Deutschlands, ist im Bereich der Kreisstadt hoch belastet. Entscheidenden Anteil an der Verkehrsdichte, die morgens und abends im Berufsverkehr am höchsten ist, hat der Tutzinger-Hof-Platz: Die Kreuzung mit ihren fünf Straßenästen zählt bayernweit zu den 22 Anlagen mit der "niedrigsten Qualität im Verkehrsablauf". Und sobald mit dem Bau des rund 320 Millionen Euro teuren B2-Tunnels begonnen wird, dürfte sich die Situation für dreieinhalb bis vier Jahre weiter verschärfen: Baustellen, Lastwagen, Sperrungen und geänderte Fahrbeziehungen werden viele Knotenpunkte entlang der B2 an ihre Kapazitätsgrenze bringen. Um den totalen Verkehrskollaps zu verhindern, will das für den Tunnelbau verantwortliche Staatliche Bauamt Weilheim die Verkehrsführung verändern: Für 2023 ist ein vierwöchiger Testlauf vorgesehen, bei dem einiges nicht mehr möglich und anderes nur auf Umwegen erreichbar ist.

"Wir haben mit großem Aufwand Baustelle gespielt."

Die Experten vom Staatlichen Bauamt haben in Zusammenarbeit mit dem Münchner Büro Obermeyer ausgetüftelt, wie in der Bauphase des Tunnels der Verkehrsfluss auf der Hauptverkehrsader dennoch erhalten bleiben könnte. "Wir haben mit großem Aufwand Baustelle gespielt", sagte Tunnel-Projektleiter Herwig Ludwig am Donnerstag bei der Präsentation im Starnberger Umweltausschuss. Demnach sind 90 Prozent der Probleme lösbar, der Rest aber sei kompliziert, sagte Ludwig.

Im Mittelpunkt des Experiments steht der Tutzinger-Hof-Platz: Weil diese Kreuzung während des Nordportalausbaus nicht mehr ausreichend leistungsfähig sein wird, sollen die Ampelphasen geändert werden. Entscheidender Faktor dabei ist: Das Linksabbiegen von der B2 in die Josef-Jägerhuber-Straße sowie von der Wittelsbacherstraße auf die B2 in Richtung Weilheim und Hanfeld entfällt. Damit könnten Grünphasen verlängert und Rückstaus auf der B2 vermieden werden. Erschwerend hinzu kommt: Auf der inneren Leutstettener Straße ist weder Zu- noch Ausfahrt zur B2 möglich.

Probelauf mit geänderter Verkehrsführung: Zwischen Ostern und Pfingsten soll eine Simulation getestet werden, die den Baustellenverkehr für den Tunnelbau mit einbezieht. (Foto: Staatliches Bauamt Weilheim)

Das hat freilich erhebliche Auswirkungen auf die Innenstadt, die dann nur noch über die Wittelsbacherstraße angefahren werden kann. Die Ausfahrt aus der Kernstadt zur B2 soll über die Josef-Jägerhuber- und Ludwigstraße erfolgen. Dazu wird neben der bereits existierenden Ampel an der Kreuzung Wittelsbacher-/Ludwigstraße auch an der Ludwigstraße/B2 eine Lichtzeichenanlage aufgestellt. "Wir haben lange diskutiert, ob wir das machen", sagte Ludwig, "aber so kann man das vernünftig durchführen".

Wer in die Innenstadt will, kommt nur noch über die Wittelsbacherstraße rein

Das bleibt noch abzuwarten, zumal insbesondere auf der schmalen und stets zugeparkten Ludwigstraße zwei größere Fahrzeuge kaum aneinander vorbeikommen. Voraussichtlich entfällt ein Teil der Kfz-Stellplätze, um ein innerstädtisches Verkehrschaos zu verhindern. Doch auch auf der Bundesstraße werden sich Autofahrer während der Bauphase, die bislang noch immer nicht terminiert ist, in Geduld üben müssen: Die zwei Fahrspuren der B2 in beide Richtungen werden zeitweise auf nur eine Spur reduziert. Allein die Verbreiterung der Eisenbahnbrücke, die mehrere Monat Zeit erfordert, stellt eine enorme Herausforderung dar. Unstrittig ist, dass diese Bauphasen erhebliche Auswirkungen haben werden; die Tunnelbauer empfehlen eine weiträumige Umfahrung.

Gleichwohl ist man am Staatlichen Bauamt überzeugt davon, dass es "insgesamt zu keiner Verschlechterung kommen wird", sagte Ludwig. Bei den Berechnungen der erwarteten Verkehrsbelastungen sei man stets vom "worst case" ausgegangen - also vom maximal schlechtesten Fall mit den höchsten Zahlen. Grundlage für die Berechnungen war Zahlenmaterial aus den Jahren 2016 und 2021. Zudem überwiegt im Staatlichen Bauamt der Ehrgeiz, dass es in der Bauphase des Tunnels zu keinen bösen Überraschungen kommt. "Der Probelauf ist notwendig", sagte Ludwig, "wir können testen, wie es funktioniert".

Selbst im günstigsten Fall dürfte der B2-Tunnel nicht vor 2032 fertiggestellt sein

Unklar ist derzeit, wann konkret das Experiment mit der geänderten Verkehrsführung beginnen soll. Bislang steht nur das Jahr fest: 2023. Doch ohnehin ist das Starnberger Jahrhundert-Projekt, das eine Bauzeit von mindestens sieben Jahren erfordert, längst nicht in trockenen Tüchern: Das Verfahren liegt noch immer zur Freigabe bei der Regierung von Oberbayern, weil das Wasserwirtschaftsamt Nachprüfungsbedarf hat. Und selbst wenn der Tunnel alle Genehmigungshürden genommen hat, könnte das Verfahren von Tunnelgegnern beklagt werden, was eine weitere zeitliche Verzögerung zur Folge hätte. Selbst im günstigsten Fall bei geschmeidigem Ablauf dürfte der B2-Tunnel nicht vor 2032 fertiggestellt sein. Bis dahin müssen die Starnberger mit ihrer Verkehrsbelastung weiterhin irgendwie klarkommen.

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