Kanalbauarbeiten:Gräberfeld in Mörlbach entdeckt

Lesezeit: 2 min

Archäologin Anca Georgescu nimmt die freigelegte Grabstätte genau ins Visier. (Foto: Nila Thiel)

Archäologen legen an der Kirche St. Stephan Skelette frei. Die Fachleute gehen von Funden aus dem frühen Mittelalter aus.

Von Sabine Bader, Berg

Sie sind sehr vorsichtig, denn ihre Arbeit erfordert viel Fingerspitzengefühl: Die drei Archäologen an der kleinen Mörlbacher Kirche knien oder hocken bedächtig auf der Baustelle. Es ist Mittwochabend. Sie haben offenbar nahe der Kirche ein bislang unbekanntes Gräberfeld entdeckt und legen gerade die Gebeine der einst dort Bestatteten frei. Die beiden Skelette sind im Erdreich deutlich zu erkennen. Die katholische Kirche St. Stephan im Berger Ortsteil Mörlbach, die gerade eingerüstet ist und renoviert wird, stammt aus dem späten 15. Jahrhundert und ist spätgotisch. So besagt es die Denkmalliste.

Der Umgriff der Kirche ist als Bodendenkmal ausgewiesen. In den 70er-Jahren war unmittelbar neben dem heutigen Grabungsort an der Kirche bereits eine Wasserleitung verlegt worden, dabei hatten die Arbeiter unwissentlich Teile des Bodendenkmals zerstört. Der gerade im Bau befindliche Abwasser- und Niederschlagswasserkanal wird ebenfalls neben der Kirche verlaufen. Im Gegensatz zu den Arbeiten in den 70-er Jahren werden die Grabung heute allerdings von Archäologen begleitet. Ziel des Kanalbaus ist es, die kleine Ortschaft Mörlbach an die Kläranlage in Starnberg anzuschließen. Die bisherige Pflanzenkläranlage soll dann spätestens 2025 stillgelegt werden.

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Der Berger Bürgermeister Rupert Steigenberger(BG) ist froh, dass heute umsichtiger gehandelt wird. "Man sieht, es ist sinnvoll im Vorfeld von Kanal-Bauarbeiten die Archäologen dazu zu holen. Ich bin dankbar, dass so schnell reagiert wurde, das sich die Baumaßnahme selbst durch die Funde nicht verzögert."

Eine genaue Datierung der Funde lässt sich derzeit nicht vornehmen. Für den Archäologen Thomas Neumann, der am Mittwoch am Fundort arbeitete, deuten "die engen Grabgruben und die West-Ost-Ausrichtung auf eine "frühmittelalterliche Bestattungsweise" hin. "Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass hier bis ins 18. Jahrhundert hinein Bestattungen stattfanden", sagt Neumann. "Es könnte also sein, dass die Funde quasi schon aus der bajuwarischen Zeit stammen." Aber Neumann schränkt auch ein: "Das ist alles Theorie, wenn man keine Funde hat, die das eindeutig belegen." Auch der Referatsleiter für Bodendenkmäler im Landesamt für Denkmalpflege, Jochen Haberstroh, teilt Neumanns Einschätzung. "Auf den uns vorliegenden ersten Aufnahmen zeigen sich auch sekundäre Hinweise auf die Zeitstellung leider schlecht überliefert, so dass wir für diese beiden Gräber voraussichtlich eine Datierung durch Radiokarbonanalysen abwarten müssen", befand er.

Ein Skelett, wie es in einem Grab nahe der Mörlbacher Kirche St. Stephan entdeckt worden ist. (Foto: Nila Thiel)
Archäologen gehen hier von einem Gräberfeld aus. (Foto: Nila Thiel)
Auch Kieferbruchstücke sind noch erhalten. (Foto: Nila Thiel)

Neumann und die beiden weiteren Archäologen Florian Wiese und Anca Georgescu werden nun eine Dokumentation ihrer Mörlbacher Funde anfertigen und diese dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in München zur Prüfung vorlegen. Zu den weiteren Fundstücken gehören unter anderem auch eine Keramikscherbe aus der frühen Neuzeit und ein handgeschmiedeter Eisennagel aus dem 17. bis 18. Jahrhundert. Da die Gemeinde Berg nicht über ein Museum verfügt, in dem sie die Gebeine ausstellen könnte, werden diese wohl in der Anthropologischen Staatssammlung in München als zentrale Sammelstelle archiviert. "Wir sind momentan nicht in der Lage, die Gebeine so aufzubewahren, dass sie kleinen Schaden leiden", sagte Rathauschef Steigenberger. Eine Expertin hat die Skelette am Donnerstag entnommen.

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