Rock:Doktor Grunge

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Albert Frasch, Amadeus Graml und Branco Zwarter (v.li.) vom Trio "The Doctor & The Dutchman". (Foto: Peter Wellnitz)

Der trommelnde Landarzt Amadeus Graml macht mit seinem Weßlinger Trio "The Doctor & The Dutchman" ambitionierten und schnörkellosen Rock. Die Band hat ihr inzwischen drittes Album aufgenommen.

Von Gerhard Summer, Weßling

Natürlich gibt es kein Rezept für Rock, aber wenn doch, dann würde Amadeus Graml sicherlich eines verordnen: Authentizität. Denn darauf komme es doch an bei Musik, sagt der trommelnde Landarzt, als er in dem kleinen schallgedämmten Proberaum im Keller seines Hauses in Oberpfaffenhofen steht, in dem er mit seiner Band probt. Sie müsse "echt sein" und "ernst gemeint", die Band müsse hinter jedem ihrer Songs stehen können, ganz so, wie es Bruce Springsteen beschreibe. So ähnlich hört sich das Weßlinger Trio The Doctor & The Dutchman tatsächlich an. Schlagzeuger Graml, der Gitarrist und Sänger Branco Zwarter aus Haarlem bei Amsterdam und Profi-Bassist Albert Frasch spielen schnörkellosen und geradlinigen Indierock und Grunge, puristisch und manchmal dreckig, verstehen sich nebenbei aber auch auf Akustiknummern mit Mundharmonika wie "Train On The Run". Und mit am Erstaunlichsten ist: Die Nummern sind so clever arrangiert, dass man weder Keyboard noch zweite Gitarre oder andere Instrumente vermisst.

Die Gruppe hat ihr inzwischen drittes Album am Start. Nach der 2017 entstandenen EP "Waterberg" mit fünf Songs und der CD "Ginger" von 2019, die Graml und sein holländischer Freund Zwarter noch mit dem Aushilfsbassisten Benni Beblo von Jamaram eingespielt haben, kommt nun "Gig On The Moon" heraus. Der gelernte Grafikdesigner und Speditionskaufmann Zwarter hat dazu das passende T-Shirt entworfen: Vorne ist ein stilisiertes Spaceshuttle mit Segel zu sehen, hinten stehen ganz altmodisch die Phantasie-Tourdaten im Mare Nectaris und im Vallis Rheita, einem der längsten Täler des Erdtrabanten. "Gig On The Moon" spielt nicht auf Pink Floyds Erfolgsalbum "Dark Side Of The Moon" an, der Titel soll in Pandemie-Zeiten signalisieren: Der Mond dürfte momentan der einzige vor Corona sichere Konzertort sein. 20 neue Stücke hat das Trio aufgenommen, sie stehen demnächst beim Onlinedienst Bandcamp im MP3-Format zum Download bereit. Anfang September soll dann noch das Vinylalbum "Gig On The Moon" mit einer Auswahl von zehn Liedern folgen. Die einzige kleine Schwäche der eigenständigen, nur mal kurz nach Nirvana oder Soundgarden klingenden Songs ist der oft zweistimmige Gesang. Denn Zwarter hat zwar eine markante Stimme und Potenzial, bleibt aber zu verhalten und monoton.

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Amadeus Graml, 47, ist natürlich kein zweiter Gurkenkönig. Was ihn mit dem vormals schrille, Musikkabarettisten und Blueser Georg Ringsgwandl, einst Oberarzt am Klinikum Garmisch-Partenkirchen, verbindet, ist allerdings die Vorliebe für wahre Geschichten: Der gebürtige Münchner, der in Weßling aufgewachsen ist und in Gießen studiert hat, erinnert sich noch an einen Ringsgwandl-Auftritt in der Uni. Der berühmte Liedermacher erzählte damals von der "Radlmare", die jetzt mit einem gewissen Klaus liiert sei. "Das war nicht irgendeine Story, das hat alles gestimmt", sagt Graml. Er wisse das, weil der Klaus sein früherer Physiklehrer gewesen sei.

Seit 2015 spielt der Drummer und Hausarzt mit dem Holländer Branco Zwarter zusammen, der die meisten Songs mit seiner verzerrten Gitarre dominiert und wie Graml in Oberpfaffenhofen lebt. Die beiden sind offenbar so etwas wie Seelenverwandte. Als sie ihre alten Eintrittskarten zu Konzerten durchschauten, bemerkten sie jedenfalls, dass sie Touren von Bands wie Motörhead, Metallica, Iron Maiden oder den Rolling Stones zeitversetzt in Haarlem und in München gesehen hatten. Vor drei Jahren kam noch Albert Frasch aus Hochstadt bei Weßling dazu, der mit Klassik und bayerischer Hausmusik aufgewachsen ist, vormals Kontrabass im Orchester des Bayerischen Rundfunks spielte, aber auch mit dem Rock Lounge Orchestra Songs von Deep Purple bis Toto coverte. Graml sagt dazu: Frasch habe das "Ungeschliffene und Puristische" am Duo The Doctor & The Dutchman gefallen.

Rock aus Weßling: "The Doctor and the Dutchman". (Foto: Peter Wellnitz)

An die zehn Konzerte gibt das Trio im Jahr. Doktor Grunge, der langhaarige Gitarrist Zwarter und Bassist Frasch waren schon auf dem Kulturspektakel in Gauting zu hören und auf einem Festival in Holland, spielten im Restaurant Plonner in Oberpfaffenhofen und in der Freisinger Café-Bar am Schlüter. "Natürlich würden wir gern mehr machen", sagt Graml, der Musik und Beruf strikt trennt und in seiner seit etwa 15 Jahren bestehenden Arztpraxis in Weßling auch nie ein Plakat seiner Rockband aufhängen würde, wie er sagt. Ob er es bereut, dass er nicht Profischlagzeuger geworden ist? Wer so fragt, erwartet eher ein Nein, zumal in Corona-Zeiten. Amadeus Graml aber lacht und sagt: "Ich bewundere die Leute schon, die das hauptberuflich machen."

Die Band tritt am 21. April im Seeshaupter Lokal "Unsere Dorfwirtschaft" auf. Beginn ist um 20 Uhr. Infos: 08801/5239895.

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