Raistinger Radom:Museumspläne fürs Industriedenkmal

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Viel Projektionsfläche auf Antenne und Innenhülle: In der Machbarkeitsstudie wird das Potenzial eines Museumsbetriebs im Raistinger Radom sichtbar. (Foto: Radom Raisting GmbH/TAMSCHICK MEDIA+SPACE GmbH)

Die weltweit einzigartige Antennenkuppel soll zur touristischen Attraktion werden - mit riesigen Projektionsflächen, interaktiven Ausstellungsräumen und Café. Noch an zwei Wochenenden kann die Kuppel samt skurrilen Exponaten kostenlos besichtigt werden.

Von Armin Greune, Raisting

Es geht voran mit dem Radom, dem weltweit einzigartigen Industriedenkmal der Satellitenkommunikation südlich von Raisting. Jahrelang zog es nur spärlich Publikum an, vor Corona waren es durchschnittlich 4000 Besucher im Jahr. Heuer könnten es immerhin wieder 10000 werden, wenn man auch die Gäste von zwei Veranstaltungen mitzählt, die vor der Tragluftkuppel stattfanden. Und wenn die Rechnung der Radom-GmbH des Landkreises Weilheim-Schongau aufgeht, sollen von 2026 an jährlich bis zu 35000 Besucher angelockt werden: Ein nun erstmals den Bürgern am Ort des Geschehens vorgestelltes Museumskonzept sieht einen regelmäßigen Betrieb an 200 Tagen im Jahr vor.

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Offenbar habe der spektakuläre Hüllenwechsel im vergangenen Jahr der Anlage gestiegene Aufmerksamkeit beschert, sagte Radom-Geschäftsführer Rene Jakob, als er am Donnerstagabend die weiteren Pläne den Raistinger Bürgern vorstellte. Den vermeldeten "Besucherrekord" für 2022 muss man freilich relativieren: Zur Hochzeit der Weltraum-Begeisterung in den 1970er Jahren stürmten durchschnittlich gut 70000 Neugierige im Jahr die Satellitenfunkstation, sagt Sabine Vetter, die Vorsitzende des Radom-Fördervereins: "Damals staute sich die Karawane der Busse auf der Zufahrt". Aber auch nachdem die Antenne 1 der Erdfunkstelle 1985 stillgelegt wurde, kamen noch jährlich etwa 30000 Besucher, sagt Jakob. Mit der Wandlung der Post zur Telekom und entsprechenden Personalwechseln sei der Strom dann aber rasch abgeebbt.

Noch bis Ende Oktober ist das Radom an den Wochenenden bei freiem Eintritt geöffnet

In den letzten Jahren aber wuchs das Interesse wieder: Dank der Ausstellung zum 50. Jahrestag der Mondlandung stieg schon 2019 die Zahl auf 6000, Sonderveranstaltungen eingerechnet. Auch heuer steuerten drei Open-Air-Kinovorführungen und zwei Konzertabende am Radom mit insgesamt 4200 Gästen einen beträchtlichen Teil bei, am verregneten "Tag des offenen Denkmals" konnte Jakob binnen drei Stunden immerhin 700 Besucher begrüßen. Bis Jahresende hofft er, eine fünfstellige Zahl zu erreichen. Noch bis Ende Oktober ist das Radom an den Wochenenden bei freiem Eintritt geöffnet, die kostenpflichtigen Gruppenführungen finden darüber hinaus weiterhin statt.

Den knapp 30 Zuhörern, die sich am Donnerstag im Radom einfanden, war freilich weniger an der Besucherstatistik gelegen, als an den Plänen für das künftige Museum. Abgesehen von einer Kreistagsitzung und Internet-Präsentationen stellte Jakob erstmals öffentlich die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie vor, die schon vor einigen Jahren in Auftrag gegeben wurde. Demnach könnte in der Kuppel auf einer Fläche von rund 300 Quadratmetern ein Foyer mit Kasse, Café und WCs eingerichtet werden. Weiter sind im Inneren ein Gruppenraum und Platz für Wechselausstellungen vorgesehen. Auf die Hülle will man zunächst auf 150 Quadratmetern Filme oder immersive Kunstinstallationen projizieren. Mit einem Laser ließe sich auf der Antenne deren Funktion und physikalische Prozesse illustrieren. Der Raum im Sockel soll für explorative und interaktive Ausstellungen zum Thema Weltraum genutzt werden.

Das Museum soll konzeptionell unter dem Oberbegriff "Kommunikation" stehen, das Radom gemäß seiner weltweiten Einzigartigkeit und seiner Einbettung in die Natur zur technischen und touristischen Attraktion werden. Drei Viertel der Fläche stehen für Inszenierungen und Exponate bereit, ein Viertel bleibt dem Original-Denkmal vorbehalten. Schließlich sei die Antenne 1 ja der "Hero" im Radom, sagte Jakob. Mit großformatigen Bildern und Filmen auf dem Sockel der Hülle rechnet der Geschäftsführer allerdings "frühestens in vier Jahren". Maximal stünden für eine umlaufende Zylinderprojektion im Winkel von 270 Grad bis zu 5000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung.

Die Antenne soll repariert werden, doch eine Wiederinbetriebnahme ist ausgeschlossen

Im Moment ist die Radom GmbH dabei, die Leistungen für die Entwurfsplanung samt Kostenschätzung auszuschreiben. Dafür stehen 80 000 Euro - größtenteils aus Fördermitteln - zur Verfügung. Von 2023 an sollen vier Projekte vorrangig in Angriff genommen werden: Neben der Digitalisierung des vom Förderverein zusammengetragenen Archivs steht die Instandhaltung der durch Wassereintritt beschädigten Antenne auf dem Plan. Möglicherweise gelinge es, die Schüssel wieder zu drehen - eine Wiederinbetriebnahme aber schließt Jakob aus. Weiter stehe in den kommenden drei Jahren die Energieversorgung im Fokus: Obwohl mit der neuen Hülle und niedrigeren Raumtemperaturen der Energiebedarf des Radoms auf ein Viertel gesunken ist, entfallen noch immer 30 Prozent der Betriebskosten auf Strom und Wärme. Ein Drittel büßt man bereits in der 300 Meter langen Fernwärmeleitung von einer benachbarten Firma ein, die mit Öl heizt. Die Radom GmbH plant nun eine Fotovoltaikanlage auf einer 5500 Quadratmeter großen benachbarten Wiese. Sie könnte eine Spitzenleistung von 400 Kilowatt liefern und mit einer Wasser-Wärmepumpe für den Winter ergänzt werden. Als erster Schritt in Richtung Museumsbetrieb soll die 100 Quadratmeter große Lkw-Schleuse multifunktional genutzt werden, sagte Jakob: An der Wand ist eine Timeline zur Geschichte des Radoms vorgesehen. Weiter könnten dort einzelne Exponate aus der Sammlung des Fördervereins gezeigt werden.

Als erster Teil des künftigen Museums soll in der Lkw-Schleuse eine Timeline zur Geschichte des Radoms präsentiert werden (Foto: Radom Raisting GmbH/TAMSCHICK MEDIA+SPACE GmbH)

Voraussetzung ist freilich, dass der Kreistag im kommenden Frühjahr das Vorhaben bewilligt - was angesichts der stark gestiegenen finanziellen Belastungen keineswegs gesichert ist, selbst wenn Jakob einen Großteil der Kosten mit Fördermitteln bestreiten will. Hinzu kommt, dass die Räte im Altlandkreis Schongau auch 50 Jahre nach der Zwangsheirat Investitionen im Weilheimer Teil eher skeptisch gegenüberstehen.

50 Jahre Landkreis Weilheim-Schongau: Vom Blasenkatheter bis zum ausgestopften Uhu

Apropos Gebietsreform: Derzeit ist im Radom noch eine Ausstellung zum Thema "50 Jahre Landkreis Weilheim-Schongau" zu sehen. Vom Blasenkatheter bis zum ausgestopften Uhu, von Trachten bis zum Traktor, vom schnittigen Sportwagen bis zum Amtszimmer wurden Exponate zu verschiedenen Themenkreisen zusammengetragen. Auch wenn das alles mit Funktion und Historie des Radoms nichts zu tun hat, kann dieses Sammelsurium mit Schautafeln schon mal einen Eindruck vermitteln, wie die Kuppel mit der zentralen Riesenschüssel als Museum funktionieren könnte. Bis 30. Oktober ist das Radom heuer noch samstags und sonntags jeweils von 14 bis 17 Uhr geöffnet, währenddessen werden auch Info-Filme per Beamer auf die Innenwand der Hülle projiziert. Am Samstag, 22. Oktober, kann man auch die einzigartige Akustik mit multiplen Halls in einer Multimedia-Kunstaktion live erleben: Unter dem Titel "Monoswamp" laden der renommierte Jazzmusiker Johannes Enders (Saxofon, Flöte), der Maler Reiner Heidorn und der Videokünstler Felix Pitscheneder von 19 Uhr an zu einer Performance ein.

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