Nepomuk:Lange Unterhosen im Hochsommer

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Tempora mutantur, nos et mutamur in illis, heißt es doch so schön auf Lateinisch. Und dass sich die Zeiten ändern und wir uns in ihnen, wird wohl kaum jemand bestreiten. Zu allem Überfluss neben Corona-Dauerwelle, Krieg und Klimakrise werden diesen Sonntag nun auch wieder die Uhren von 2 Uhr morgens auf 3 Uhr umgestellt. Der Tag hat sozusagen eine Stunde weniger, dafür scheint abends die Sonne angeblich länger. Was für ein Humbug! Viel wahrscheinlicher ist: Die ganze Umstellerei ist ein gigantischer Betrug, täglich wird jedem eine Stunde Zeit geraubt. Und das schon seit Jahren. Mit fatalen Folgen. Hat uns jemals irgendwer gefragt, ob wir das gut finden? Nein! Und sollte man dagegen nicht endlich ein Zeichen setzen? Jawoll, liebe Leut': Indem man den Frühling boykottiert, die Winterreifen am Auto oder Radl lässt, Glühwein im Juli bestellt und lange Unterhosen im Hochsommer trägt. Man könnte konsequent auch immer eine Stunde zu spät kommen zu allen vereinbarten Terminen. Sommerzeit? Pah, wer braucht dich schon.

Apropos Zeichen setzen: Eigentlich wollte diesen Freitag ein Eisbär mit dünnen Beinchen einsam und allein in Starnberg gegen den B2-Tunnel protestieren - wegen Geld und CO₂. Doch das hat er dann abgesagt. Ohnehin hätte er sich besser Unterstützung von den Plastik-Pinguinen aus dem Heimatmuseum geholt. Dazu noch die "Omas for Future" und die ewig zornige Greta Thunberg, die machen immer was her. Das wäre ein Zeichen gewesen! Besser macht es Wörthsee: Da haben sie nun einen tollen, neuen Flyer entworfen: "Herzlich willkommen", steht drauf. Allerdings mit Einschränkung. Denn meine liebe Freundin, die Muggenthal Christel, hat gleich dazugeschrieben: "Liebe Gäste. Unser Willkommen fällt noch herzlicher aus, wenn Sie Ihr Auto einfach mal zu Hause stehen lassen." Das ist mal ein Zeichen!

Starnberg hat eine Zeitenwende ja schon hinter sich, und jetzt stehen die Zeichen auf fahrradfreundliche Stadt: raus aus dem Auto, rauf aufs Radl! Vorerst aber sind es wohl nur kleine Zeichen mit Fragezeichen. Denn ausgerechnet diejenigen, die im Stadtrat stets am lautesten nach Barrierefreiheit und Radwegen schreien, reisen zu den Sitzungen konsequent per 500-PS-Kombi oder Monster-SUV an. Ergo: Da stimmt was nicht. Andererseits: Ist ja nicht neu seit Adam und Evi. Wasser predigen, Wein trinken. Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? Dagegen werde ich nun ein zeitloses Zeichen setzen: Aus Protest gegen Scheinheiligkeit tauche ich mit dem Eisbären ab, grantle im Stillen gegen Uhrenumstellung, Krieg und Krise und schreibe konsequent mindestens eine Woche lang keine einzige Zeile mehr, verspricht euer Nepomuk

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