Uttinger Künstlerfest:Wunderbare Wolkenbeschwörung

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"Schwerelos" im Uttinger Hochseilgarten: Zum Künstlerfest erklang die "Musik für Flugräder" von Micha Acher, Maxi Pongratz & Verstärkung (vorne links Cico Beck). (Foto: Arlet Ulfers)

Auch wenn das Wetter nicht wirklich mitspielt, verzaubern Micha Acher und Maxi Pongratz mit siebenköpfiger "Verstärkung" und ihrer wunderbaren "Musik für Flugräder" die Festgäste.

Von Armin Greune, Utting

Ein bisschen kann einem Meike von Arndt schon leid tun: Viele Monate war sie mit Planung und Organisation des zweiten Uttinger Künstlerfests "Schwerelos" befasst. Mit Micha Acher ( Notwist, Hochzeitskapelle) gelang es, einen weltweit renommierten Musiker vom Ammersee zu engagieren. Der tritt mit neuem, selbstgeschriebenem Programm und im neunköpfigen Ensemble an- einschließlich Maxi Pongratz von Kofelgschroa. Und dann nimmt sich das bis dato zuverlässige Juniwetter am Festabend eine Auszeit.

Es regnet nicht in Strömen, aber die Wolken dräuen unheilvoll und Windstöße beeinträchtigen schon den Aufbau der Installationen, die von Arndt und die Künstlergruppe der Uttinger Ateliertage für das Kletter-Piratenschiff vorgesehen hatten. Nur ein Bruchteil lässt sich noch präsentieren, Fahnen haben sich träge in der Takelage der "Wilden Gretel" verfangen. Mehr als 500 Gäste wurden beim ersten Künstlerfest 2018 gezählt- knapp 200 finden sich nun ein. Auch später hält sich der Andrang feierwilliger Jugendlicher in engen Grenzen, was DJ Delta Paul freilich nicht davon abhält, seinen Job mit Begeisterung zu erfüllen.

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Und doch hat es sich gewiss für alle gelohnt, dabei zu sein. Zum einen weil sich im stimmungsvollen Hochseilgarten Gelegenheit zum Austausch mit lang vermissten Freunden bot. Vor allem aber dank des Gastspiels des Nonetts: Inspiriert vom Flugmaschinenkonstrukteur Gustav Mesmer, der vor allem auf den Schwingen der Fantasie abhob, hat Acher wunderschöne Songs ohne Worte komponiert. Das Album "Musik für Windräder" spielten er und der Anarcho-Dada-Volksmusiker Pongratz live mit bewährten Kollegen ein - die Mehrzahl davon Multiinstrumentalisten mit so wundersamen Kombinationen wie Hackbrett und Tuba.

Entstanden ist ein Werk, das sich keinem oder jedem Genre zuordnen lässt. Bestrahlt von Fixsternen wie Sun Ra, Moondog und Miles Davis schwebt es irgendwo im musikalischen Universum zwischen globaler Folklore, Jazz und Pop, Stuben- und Kammermusik.

DJ Delta Paul verrichtet trotz mittelmäßigem Wetter stoisch sein Werk. (Foto: Arlet Ulfers)
Die Fahnen haben sich träge in der Takelage der "Wilden Gretel" verfangen. (Foto: Arlet Ulfers)

Wer sich auf die 13 Tracks einlässt, wird in Melodien und Motive hineingezogen, die sich festsetzen und deren unverhoffte Salti Lächeln provozieren. Im hartnäckigsten Ohrwurm "Flächen Flugrad" etwa reißt das heiter-beschwingte Thema wie Rückenwind immer wieder mit, wird aber unterbrochen von Flauten, wo man auf der Stelle zu treten glaubt. Die in Utting auf dezenter Leinwand projizierten Szenen von Mesmers Konstruktionszeichnungen und Flugversuchen wären gar nicht nötig, um im Konzert die Elemente von Höhenflug und Scheitern, Euphorie und Melancholie wiederzuerkennen.

Live entfaltet sich eine Wolke instrumentalen Wohlklangs aus zwei bis drei Holz- und drei bis vier Blechbläsern, getragen oder filigran ergänzt von Akkordeon, Cello, Schlagwerk. Ein bei widrigen Verhältnissen bestens disponiertes Ensemble ist da geradezu auffällig gleichberechtigt am Werk, während sich darüber medusenhaft das weiße Zeltlaken bläht und senkt. Oder ein Windstoß die Notenblätter vom Ständer weht, ohne die eine derart komplexe, vielschichtige Musik nicht aufzuführen wäre. Ihrer immersiven Kraft scheinen dann auch die Wolken zu erliegen, die es sich verdrücken, bis sie zur Zugabe sanft zu tröpfeln beginnen.

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