Bernried:Fairness vor der Haustür

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Stolz präsentiert Bernrieds Bürgermeister Georg Malterer die Auszeichnung als Fairtrade-Gemeinde. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Um Fairtrade-Gemeinde zu werden, hat Bernried mehr als nötig getan.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Der Weg zur Fairtrade-Gemeinde in Bernried war holprig. Wegen der Pandemie konnten mehrere Veranstaltungen, die die Fairtrade-Steuerungsgruppe geplant hatte, nicht stattfinden. Unter der Regie von Hermine Hitzler wurde umgeplant und das Ziel konsequent weiterverfolgt. Nach drei Jahren wurde Bernried endlich mit dem Zertifikat 747. Fairtrade-Town Deutschlands ausgezeichnet. Doch die Urkunde konnte Corona-bedingt nicht persönlich überreicht werden. Die Gemeinde bekam sie zusammen mit einer Video-Botschaft zugeschickt, und Bürgermeister Georg Malterer (ÜFW) stellte sie stolz in seinem Dienstzimmer auf. "Doch wenn es stark regnet, regnet es beim Bürgermeister ins Büro", erzählte er. Malterer hatte nicht bedacht, dass die Urkunde genau an der Stelle stand, an der es nass rein geht im Rathaus: Nur wenige Tage vor der geplanten Feier wurde sie vom Wasser zerstört. Die Gemeinde bekam eine neue Urkunde, die pünktlich zur Fair-Trade-Feier am vergangenen eintraf. Der Rathauschef wollte nun auf Nummer sicher gehen. Um einen weiteren Wasserschaden durch Regen auszuschließen, verlegte er die Feier, die musikalisch untermalt wurde vom Gospelprojekt Bernried, kurzerhand vom Rathausvorplatz in den Sommerkeller.

Schon 2018 hatte Malterer als Gemeinderat einen Antrag gestellt, sich der Fairtrade-Kampagne anzuschließen. Die Kriterien, wie etwa die Gründung einer Steuerungsgruppe oder ein Angebot von fair gehandelten Produkten, hätte man schon nach einem Jahr erfüllen können, meinte er rückblickend. "Aber es geht um die Grundhaltung", betont er. Die Steuerungsgruppe habe nicht nur die Umsetzung der Ziele koordiniert, sie habe es darüber hinaus auch geschafft, den Fairtrade-Gedanken in das Dorf hineinzutragen. Alle machten mit, das Kloster, die katholische Kirchengemeinde und der Eine-Welt-Laden, Vereine und die Grundschule. Die Schüler waren so aktiv, dass die Grundschule bereits im Mai mit dem Zertifikat Fairtrade-Schule ausgezeichnet worden war.

Das Besondere an der Aktionsgruppe in Bernried ist, dass sie mehr wollte als nur fair gehandelte Produkte, wie Kaffee, Papier oder Gummibärchen im Rathaus. Hitzler hat sich ganz dem Thema nachhaltiges Bauen verschrieben. So sollen in der Gemeinde nur fair gehandelte Materialien aus der Region verbaut werden, also kein Granit aus China, sondern aus dem Bayerischen Wald, kein Tropenholz, sondern einheimische Lärche. "Die Fairness fängt vor der Haustüre an", betont die promovierte Physikerin. Normalerweise werde das bei den Ausschreibungen nicht berücksichtigt. Darum hat Hitzler Vorträge erarbeitet, um Kommunen entsprechende Informationen zu geben. Auch bei der Aufstellung von Bebauungsplänen sollen künftig nachhaltige Kriterien verpflichtend festgeschrieben werden. Hitzler könnte sich vorstellen, dass eine Firma im Gewerbegebiet mit der Abwärme einer benachbarten Produktionsfirma heizt und dadurch Synergieeffekte erzielt werden. Für die Steuerungsgruppe gibt es noch viel zu tun. Bei der Überreichung eines Apfelbaumes aus der Region an die Gemeinde versprach sie: "Wir bleiben dran."

© SZ vom 09.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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