Landratswahl in Starnberg:Die Frau vom Fach

Lesezeit: 2 min

Grünen-Politikerin Martina Neubauer setzt auf ihre Berufserfahrung in einer großen Behörde.

Von Michael Berzl, Starnberg

Die kurzen grauen Haare, die runde schwarze Brille. "Das ist ein Markenzeichen. Die Leute erkennen mich", sagt die Landratskandidatin Martina Neubauer selbst. Nicht nur in ihrer Heimatstadt Starnberg sondern im ganzen Landkreis. Es ist kein Nachteil im Wahlkampf, einen hohen Wiedererkennungswert zu haben. Das ist der 56-Jährigen sehr wohl bewusst, die derzeit viel unterwegs ist. Nicht nur bei Veranstaltungen und Informationsständen, sondern auch, wenn sie zwei bis drei Mal pro Woche von Tür zu Tür unterwegs ist mit Parteifreunden von den Grünen, die sich um Gemeinderatsmandate oder Bürgermeisterposten bewerben, mit Broschüren und Tüten mit Blumensamen im Gepäck. Hunderte Gespräche hat sie so schon an Haus- und Wohnungstüren geführt. "Das kommt sehr gut an. Die Leute freuen sich wirklich", stellt sie großes Interesse fest. Und es sei gar nicht so selten, dass EU-Ausländer erst von ihr erfahren, dass sie auch wählen dürfen.

Knapp ein Jahr ist es nun her, dass der Grünen-Kreisverband die 56-Jährige einstimmig zur Landratskandidatin nominiert haben. Neubauer ist in Starnberg aufgewachsen, hat dort einen Teil ihrer Schulzeit verbracht und später in Eichstätt Sozialpädagogik studiert. Seit 28 Jahren arbeitet Martina Neubauer im Landratsamt in München, hat zunächst im Bereich der Jugendhilfe in Strafverfahren Jugendliche und Heranwachsende sowie deren Familien beraten und begleitet, später war sie für die Personalentwicklung zuständig. Seit drei Jahren leitet sie das Referat für Chancengleichheit und gesellschaftliche Potenziale.

Grünen-Kandidatin Martina Neubauer sucht an der Haustür das Gespräch mit Bürgern. (Foto: Arlet Ulfers)

Dass sie vom Fach ist, dass sie sich in einer öffentlichen Verwaltung auskennt, ist in jedem Redebeitrag der Grünen-Kreisrätin zu hören. Als Referatsleiterin im Münchner Landratsam kennt sie sich mit Fördermöglichkeiten und Entscheidungsabläufen aus, weiß welches Gremium worüber abzustimmen hat, wie strategische Prozesse ablaufen. Bis jetzt ist ihr Platz im großen Sitzungssaal im Starnberger Landratsamt nicht vorn, sondern seitlich vom Landrat und den Mitgliedern der Verwaltung, doch die Redebeiträge von Kreistagskollegen verfolgt sie jetzt schon gelegentlich mit aufmerksamem Nicken, als wäre sie selbst die Sitzungsleiterin. "Ich kenne beide Seiten", sagt Neubauer.

Den Grünen ist sie 1985 beigetreten, geprägt von der Friedensbewegung und der Anti-Atomkraft-Bewegung. Seit 2004 sitzt sie im Starnberger Stadtrat, zeitweise war sie sogar stellvertretende Bürgermeisterin. Seit einer Amtsperiode gehört sie der zehnköpfigen Grünen-Fraktion im Kreistag an. Außerdem wurde sie wieder in den Bezirkstag Oberbayern gewählt.

Zudem ist sie vielfältig ehrenamtlich engagiert. So ist sie Gründungsmitglied des "Starnberger Dialogs", eines Bündnisses, das sich angesichts des Erstarkens politisch rechter Strömungen für ein friedliches Zusammenleben einsetzt und Gedenkveranstaltungen und Kundgebungen organisiert. Bei einer Klimaschutz-Kundgebung auf dem Kirchplatz im November hat sie die Rolle der Moderatorin übernommen. Bis Januar war sie zudem im Vorstand des Regionalverbands München-Oberbayern des Arbeiter-Samariter-Bundes. Zu ihren wichtigsten politischen Zielen zählt die Landratskandidatin, die Energieversorgung im Landkreis zu hundert Prozent auf erneuerbare Energiequellen umzustellen, das Busnetz auszubauen und kulturelle Institutionen zu unterstützen.

(Foto: oh)

Die Grünen haben bei der Landtagswahl im Oktober 2018 im Landkreis Starnberg gut 26 Prozent geholt, das war das beste Ergebnis im Freistaat. Die zunehmenden Sorgen wegen des Klimawandels bescheren der Partei offenbar breite Unterstützung. Das macht sich auch in der Mitgliederzahl bemerkbar, die im Landkreis auf mehr als 300 geklettert ist. Die Aufbruchsstimmung scheint anzuhalten. "Ich bin ja schon lange politisch aktiv, aber ich habe noch nie einen so motivierten Wahlkampf erlebt. Das ist super", schwärmt Neubauer sichtlich begeistert.

© SZ vom 17.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: