Zwischenbilanz:Starnberg: Zwei Jahre Ausnahmezustand

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Ein schöner Tag in zwei Jahren Amtszeit im Krisenmodus: der Starnberger Landrat Stefan Frey im Gespräch mit Wartenden bei einer großen Impfaktion im Landratsamt im April vergangenen Jahres. (Foto: Nila Thiel)

Landrat Stefan Freys Amtszeit ist bisher nur von Krisen geprägt: zuerst Corona, dann die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine.

Von Michael Berzl, Krailling

Grundsteinlegung, Eröffnung, Jubiläum: Das sind eigentlich Anlässe, die für Landräte sonst zu Höhepunkten in ihrer Arbeit zählen. Da wird gefeiert, da wird sich gegenseitig auf die Schultern geklopft. Für den Starnberger Landrat Stefan Frey aber war eine große Impfaktion im April vergangenen Jahres "der schönste Tag". So hat er das am Dienstag nach zwei Jahren im Amt bei einem Auftritt beim Rotary-Club in Krailling gesagt. Das mag deutlich machen, das es eine besondere Situation für den Mann an der Spitze der Kreisverwaltung ist, der Krisenmodus als Dauerzustand. "Vom ersten Tag weg in einer Ausnahmesituation", wie Kristin Groß-Stolte sagte, die Rotary-Präsidentin des Clubs Gauting-Würmtal. Zuerst die Pandemie, dann die Flüchtlinge aus der Ukraine.

Und so zog Frey vor gut 30 Zuhörern in der Kraillinger Brauerei eine Zwischenbilanz unter dem Motto: "Zwei Jahre Krise". Zwei Jahre, in denen der 46-jährige CSU-Politiker eigentlich ganz andere Schwerpunkte setzen wollte: eine Fachoberschule in Starnberg bauen zum Beispiel und ein neues Gymnasium in Herrsching, außerdem ein Krankenhaus für den Westen des Landkreises. Millionenprojekte, von denen jedes einzelne schon genug Arbeit machen. Aber als der Nachfolger von Karl Roth sein Amt antrat, hatte das Corona-Virus schon seine unaufhaltsame Ausbreitung rund um den Globus begonnen. Mit gravierenden Auswirkungen auch für das Fünfseenland.

Die Führungsgruppe Katastrophenschutz, kurz "Fügeka", tagte bald regelmäßig im großen Sitzungssaal des Landratsamts, Schutzausrüstung musste besorgt, später mussten Impfzentren aufgebaut werden. "Wir haben heute noch literweise Desinfektionsmittel in unserem Katastrophenschutzlager in Machtlfing, das aus allen Nähten platzt", erzählte Frey den Rotariern, "außerdem tausende Masken und die Aiwanger-Stoffballen". Die spöttisch nach dem Wirtschaftsminister benannten Materialen waren dafür vorgesehen, daraus Masken zu nähen, wurden aber eigentlich nie benötigt.

Beim Rotary-Club Gauting-Würmtal zieht Landrat Stefan Frey (links) Zwischenbilanz. Hier mit der Präsidentin Kristin Groß-Stolte und ihrem designierten Nachfolger Klaus Höchstetter. (Foto: Georgine Treybal)

"Der Impfstoff hat die Wende gebracht", sagte Frey. Er erinnerte an den Ansturm auf das Vakzin und unzählige Zuschriften von Menschen, die möglichst schnell an die Reihe kommen wollten. Der Landrat sprach von "persönlichem Druck", dem er sich ausgesetzt fühlte. Dann gab es auf einmal 10 000 Dosen des später so geschmähten Mittels Astra Zeneca und schließlich den Sonderimpftag, bei dem im Viertelstundentakt Spritzen verabreicht wurden. Zehn Stunden lang wie im Akkord; mehr als 1900 Menschen wurden schließlich geimpft.

Gerade als sich heuer viele auf einen entspannten Sommer freuten, marschierten russische Soldaten in die Ukraine ein. Bald setzte ein Flüchtlingsstrom ein, der bis heute anhält. Mindestens 2000 Ukrainer seien mittlerweile im Landkreis Starnberg angekommen, berichtete Frey. Das sind aber nur diejenigen, die registriert sind. "Das hat uns überrannt, da war Land unter", sagte der Landrat über die Anforderungen an die Abteilungen in seiner Behörde. Zugleich beklagte er, der Bund habe sich seiner Verantwortung entzogen und viele Aufgaben den Kommunen aufgehalst.

Damit geht Frey pragmatisch bis an den Rand des Zulässigen um und macht daraus auch kein Geheimnis: "Zack, Stempel drauf und weg". Der Datenschutz müsse auch einmal vernachlässigt werden. Und wenn es um Wohnraum geht: "Brandschutz und Statik müssen passen, der Rest ist erstmal egal." Da komme es auf eine genehmigte Nutzungsänderung zunächst nicht unbedingt an.

Ein interessanter Nebeneffekt der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten für die Flüchtlinge aus der Ukraine: "Ich hätte nie gedacht, dass wir so viel Wohnraum hier haben, so viel Leerstand", sagte Frey. Er wünschte sich, dass diese Wohnungen auch noch zur Verfügung stehen, wenn die Krise einmal vorbei ist. Für Pflegekräfte etwa oder für Lehrlinge.

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