Autofahren im Landkreis Starnberg:Wo sich der Verkehr im Kreis dreht

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In Herrsching wird ein neuer Kreisel eingeweiht. 15 davon gibt es im Landkreis - große, grüne, schöne und umstrittene.

Von Christine Setzwein, Sabine Bader und Christian Deussing, Starnberg

Eigentlich ist die Sache mit dem Kreisverkehr ganz einfach: den Fuß vom Gas, den Blick nach links, einfahren und an der richtigen Ausfahrt wieder raus. Aber ein paar Tücken gibt es doch. Parken im Kreisel geht gar nicht, verkehrt herum fahren auch nicht. Im Kreisel gilt links vor rechts, geblinkt wird nur bei der Ausfahrt und nicht bei der Einfahrt. Wer sich daran nicht hält und erwischt wird, wird zur Kasse gebeten. Falsches Blinken etwa kostet zehn Euro Bußgeld. Im Landkreis Starnberg gibt es 15 Kreisel auf Bundes- und Staatsstraßen - der neueste wird am Montag in Herrsching eingeweiht. Und der 16. geht schon im November auf der Gilchinger Umfahrung in Betrieb.

Ein Kreisverkehr ist nicht überall sinnvoll, sagt Rainer Pittrich vom Staatlichen Bauamt Weilheim. Zum Beispiel, wenn zu wenig Platz für den Umbau einer Kreuzung da ist oder zu wenig Verkehr. Aber: Kreisel machen den Verkehr flüssiger und sind sicherer. Leistungsfähig sei dieser Knotenpunkt, wenn er pro Tag zwischen 20 000 und 25 000 Fahrzeuge aufnehmen kann. Dazu gibt es Simulationen. "Wir prüfen jeden Einzelfall." Das Positive an Kreisverkehren sei, dass es weniger Konfliktpunkte gebe: Im Kreisel könne man nur in eine Richtung fahren, und die Geschwindigkeit sei automatisch langsamer.

Auch Peter Madjar, Verkehrsexperte von der Starnberger Polizei, hält Kreisverkehre für absolut sinnvoll. Denn sie würden Staus und schwere Unfälle durch missachtete Vorfahrt verhindern. "Ungut" sei aber die Variante mit Bypass wie etwa an der Waldkreuzung. Dort müssten Autofahrer in Richtung Starnberg vor dem Kreisel die Spur wechseln, um weiter geradeaus fahren zu können, moniert Madjar.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

1 Der bislang jüngste Kreisverkehr im Landkreis wird am Montag an der Staatsstraße 2067 in Herrsching eingeweiht. In nur vier Monaten ist der Kreisel an der Mühlfelder Straße entstanden. Das ging einerseits so schnell, weil das Wetter mitspielte. Andererseits ist das Bauwerk mit seinen 35 Metern Durchmesser und Kosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro ein unübersehbares Zeichen, dass es dem Landkreis und der Gemeinde Herrsching gar nicht schnell genug gehen kann mit dem geplanten Gymnasium. Über den Kreisel soll die Schule erschlossen werden.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

2 Was heute normal ist, war es vor 20 Jahren ganz und gar nicht. Damals entstanden an der Pentenrieder Straße in Krailling zwei kleinere Kreisel, die noch heute das Gewerbegebiet Kraillinger Innovationsmeile (KIM) erschließen. Finanziert hat sie die Gemeinde. Altbürgermeister Dieter Hager kann sich noch gut erinnern an die große Skepsis, die der neuen Straßenführung entgegenschlug. "Aber wir wollten sie", sagt er, "und sie hat sich bewährt." Freilich hat es einige Zeit gedauert, bis sich die Autofahrer an das Hindernis in der schnurgeraden Pentenrieder Straße gewohnt hatten. Dass es nicht ratsam ist, einfach darüber zu brettern, musste unter anderem ein 18-Jähriger feststellen. Er war auf der Flucht vor der Polizei und raste geradeaus über die Verkehrsinsel. Die Folge: Achsbruch an seinem Auto.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

3 Der Kreisel an der Waldkreuzung zwischen Starnberg und Gilching liegt, wie der Name schon sagt, mitten im Wald. Er hat einen sogenannten Bypass. Wer von Gilching kommend Richtung B 2 will, biegt auf einer eigenen Spur ab. Der Kreisverkehr ist Teil der Westumfahrung Starnbergs und hat einen Durchmesser von 40 Metern. Traurige Berühmtheit hat er vor seiner Eröffnung im Jahr 2015 durch mehrere, auch tödliche Unfälle erlangt.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

4 Die Kreisverkehre, die vom Straßenbauamt gepflegt werden, sind in der Mitte einfach grün mit ein paar Sträuchern drauf. "Sie werden nur gemäht, alles andere wäre zu aufwendig für uns", erklärt Rainer Pittrich. Einige Kommunen wollen sich damit nicht zufrieden geben. Sie möchten, dass der Kreisel eine Visitenkarte für ihren Ort ist. In Etterschlag zum Beispiel kümmert sich Helga Soyer seit 2002 um die Bepflanzung der Verkehrsinsel - ehrenamtlich und auf eigene Kosten. Dort wachsen Bäume und es blühen Tulpen, Narzissen, Ginster, Lavendel und Rosen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

5 Eines hat Ulrike Adldinger mit ihrem Kunstwerk auf dem Berger Kreisel am Ortseingang erreicht: Es war Anlass für hitzige Debatten. So manche Bürger nehmen den überlieferten Ausspruch von König Ludwig II. wörtlich und beziehen ihn nicht auf den traurigen König, sondern auf die Skulptur: "Ein ewig Rätsel will ich bleiben mir und anderen." Dieser Satz steht auch auf dem ausgestanzten Spruchband, das gemeinsam mit der überdimensionalen, rostigen Königskrone Teil des Kunstwerks ist. Von einer "Blamage" für den Ort war nach der Eröffnung 2011 die Rede gewesen, von einer "furchtbaren Peinlichkeit". Die rostige Krone wirke wie "weggeschmissen". Eine Seniorin hatte sogar gefordert, die 15 000 Euro teure Plastik unverzüglich zu entfernen. Heute gehört sie zu Berg, wie vieles Andere eben auch.

(Foto: Google Earth)

6 Auch der Kreisverkehr in Pöcking bei der Maxhof-Kaserne hat einen Bypass bekommen. Er lenkt die Autofahrer von Perchting kommend am Kreisel vorbei auf die B2 Richtung Weilheim. Der mit 70 Metern Durchmesser größte Kreisverkehr im Landkreis gab immer wieder Anlass zu Spott. Er war ursprünglich zweispurig geplant. Für viele Autofahrer offensichtlich eine echte Herausforderung, die sie nicht immer meistern konnten, wie die vielen Blechschäden gezeigt haben. Mittlerweile zieren ihn große schraffierte Flächen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

7 Nur drei Ein- und Ausfahrten hat der Kreisverkehr in Weßling am Beginn der Umgehungsstraße. Und eine davon hat es in sich. Wer von Weßling kommt, gelangt erst nach einer scharfen S-Kurve in den Kreisel. Was einem Fahranfänger zum Verhängnis wurde. Er bekam die Kurve nicht, fuhr über einen Erdhügel und auf der anderen Seite wieder hinunter - und hinterließ das Auto seines Vaters ziemlich demoliert. Rainer Pittrich erklärt die Kurve so: Wer auf einen Kreisel zufährt, muss ihn gerade vor sich sehen, das ist Vorschrift. Ohne Verschwenkung der Straße wäre das nicht möglich gewesen. Die Mittelinseln werden im Übrigen 1,20 Meter hoch gebaut, damit sie als Hindernis zu erkennen sind.

Der 17. Kreisel ist derweil schon in Planung. Er soll in Tutzing an der südlichen Ortseinfahrt entstehen.

© SZ vom 06.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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