Landgericht:Marihuana-Anbau in Kraillinger Keller kläglich gescheitert

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Zwei Männer sollen eine Plantage mit mehr als 1000 Pflanzen in dem Keller angelegt haben. Jetzt müssen sie sich vor dem Münchner Landgericht verantworten.

Von Michael Berzl, Krailling/München

Als ein Sondereinsatzkommando der Polizei nach Hinweisen eines V-Mannes einen Kellerraum in Krailling stürmt, liegt dort nur noch ein einziges, vertrocknetes Cannabisblatt. Der Rest einer großen Marihuanaplantage, die sich dort befunden haben soll, ist verschwunden. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft standen dort vor zwei Jahren mindestens 1260 Pflanztöpfchen. Zwei Männer im Alter von 30 und 36 Jahren sollen sich an einer Aufzucht in großem Stil versucht haben, die aber gründlich gescheitert ist. Seit fast einem Jahr sitzen die beiden in Untersuchungshaft, seit Donnerstag stehen sie als Angeklagte vor dem Landgericht in München. Zum Prozessauftakt sind ein Dutzend Familienangehörige gekommen, die zum Teil kichernd und scherzend den Prozessauftakt verfolgten.

Der 36-Jährige schweigt, sein 30-jähriger Cousin hingegen hat zum Prozessauftakt ausführlich ausgesagt. Er hat eingeräumt, dass er zusammen mit Helfern die Plantage gebaut hat und schilderte detailliert, wie er den Boden mit Styropor gedämmt, Teichfolie verlegt, Elektroleitungen und eine Lüftung installiert habe, wie er Dachlatten an die Decke hängte, um Lampen daran zu befestigen. Als die Pflänzchen heranwuchsen, sei er regelmäßig zum Gießen gekommen. Von einer "Marihuanaplantage im professionellen Stil" ist in der Anklage die Rede.

Wenn allerdings stimmt, was der jüngere der beiden Angeklagten erzählte, waren in diesem 30 Meter langen und fünf Meter breiten Kellerraum keine Profis am Werk. Da ging einiges schief. Als die Züchter zum Beispiel leistungsstarke Lampen einschalten wollten, flog gleich mal die Hauptsicherung raus. Der Stromverbrauch war einfach zu groß; die Anbaufläche musste deutlich verringert werden. Nach zwei Monaten passierte die "Katastrophe", wie der Angeklagte sagte. Die Lüftung war ausgefallen, die Temperatur in dem Raum auf 64 Grad Celsius angestiegen. "Ich hab dann rumgepfuscht und den Lüfter kurzgeschlossen", sagte der 30-Jährige. Doch es war zu spät, die meisten Jungpflanzen waren kaputt. Teile wurden zwar noch getrocknet, um sie zu rauchen, doch das Zeug taugte nichts. "Die Blüten schmeckten nach Dünger", sagte der Angeklagte. Schließlich landeten die Pflanzen mit Stumpf und Stil irgendwo im Wald. Lampen, Lüfter und das Zubehör wurden abgebaut. "Der Raum war fast besenrein", sagte ein 56-jähriger Polizeibeamte des Landeskriminalamtes, der bei der Durchsuchung dabei war. In einem Bauschuttcontainer fanden die Ermittler Planen und Latten.

Marihuanapflanzen haben die Polizisten nicht mehr gefunden, dafür aber einige Fotos davon. Gutachter haben ausgerechnet, welche Mengen in dem Keller wohl gewachsen sind. Demnach waren es allein etwa zehn Kilogramm Blütenstände.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft haben die beiden Angeklagten die Plantage angelegt, um mit der Ernte einen "gewinnbringenden Handel im Raum München zu betreiben". Was die Aufgabenverteilung betrifft, widerspricht der jüngere der Angeklagten, der weitgehend geständig ist, dieser Version. Sein Cousin habe nichts mit der Sache zu tun, vielmehr habe er im Auftrag des Kraillingers, dem der Keller gehört, die Plantage angelegt und schließlich vernichtet. Nun habe er Angst um seine Familie, denn seinem angeblichen Auftraggeber würden Kontakte zu den Hells Angels nachgesagt. Der Kraillinger, der zwar einmal als Beschuldigter vernommen, aber nie belangt wurde, soll nächste Woche als Zeuge aussagen.

Auch der V-Mann soll noch eine Rolle spielen, der die Ermittlungen ins Rollen brachte. Richter Anton Winkler will eine spezielle Aussagegenehmigung für den Polizisten im Drogendezernat erwirken, der für den Informanten zuständig ist. Rechtsanwalt Kai Wagler hat den Verdacht, "dass hier wieder mal eine Anstiftung im Raum steht", dass also ein V-Mann der Polizei dazu beitrug, dass es überhaupt zu einer Straftat gekommen ist.

© SZ vom 18.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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