Josef Hader in Andechs:Olle Kamellen vom Altersgrant

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"Der Typ ist so viel fertiger wie wir, da kauft man gern eine Eintrittskarte": Josef Hader unterhält sein Publikum auch mit viel Selbstironie. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der Kabarettist begeistert das Publikum im Florian-Stadel, obwohl sein Dauerprogramm offensichtlich in die Jahre gekommen ist.

Von Armin Greune, Andechs

Da muss einer schon der Hader sein, damit man ihm verzeiht, wenn er die ganz ollen Kamellen auswickelt. Den Witz vom Kellner etwa, der auf die Kritik am kalten Schnitzel entgegnet, man müsse ein Bier bestellen, wenn man etwas Warmes wolle. Diese Pointe war sicher schon angestaubt, als der gefeierte Kabarettist und Schauspieler vor sieben Jahren sein Programm "Hader spielt Hader" zuletzt gründlich überarbeitet hat. Ganz so alt, wie er ihn macht, ist der Ober-Witz aber dann doch nicht: Hader jubelt ihn frech Sokrates unter. Bei der gehörigen Portion Selbstreflexion und Selbstironie, mit der er seinen Auftritt im ausverkauften Florian-Stadel würzt, liegt der Verdacht nahe, dass er die abgenudelten Gags gezielt einsetzt, um die Schmerzgrenze der Zuhörer auszuloten.

Zumindest dem Andechser Publikum ist aber kein Bauchweh anzumerken. Es kommt voll auf seine Kosten: Hatte Hader doch zu Beginn vom Kredit gesprochen, den ihm die Besucher gezwungenermaßen einräumen: "Sie denken, des werd scho noch." Wie in den meisten Beziehungen bleibe freilich die Ernüchterung nicht aus: "In zwei Stunden hamma genug voneinander. Um die Beziehung frisch zu halten, müssten Sie jetzt gehen." Was natürlich keiner tut - auch nicht als Hader noch eine weitere Warnung nachschiebt: Seine musikalischen Einlagen böten das "schlechteste Preis-Leistungs-Verhältnis nach Starbucks: Für so mittelmäßiges Klavierspielen ist in Europa noch nie so viel Eintritt bezahlt worden." Aber gerade die mit E-Piano begleiteten Couplets - deren urkomische bis bitterböse Reime irgendwo zwischen Georg Kreisler und Ingo Insterburg angesiedelt sind - ernten den lautesten Beifall.

Was auch daran liegen könnte, dass man in den Textpassagen Haders Redefluss nicht durch Klatschen unterbrechen will. Abgesehen von einem Seitenhieb auf das bayerische Raumfahrtprogramm, das dazu diene, "auf anderen Planeten noch CSU-Wähler zu finden", meidet der Wahl-Wiener aktuelle politische Themen. Ihm geht es mehr ums große Ganze, etwa um den wahren Humanismus, der bei uns halt durch den Magen geht. Oder um den richtungsweisenden Weg der Österreicher aus der Demokratie, die nur "schiache Möbel" hervorgebracht habe: "In einer gemäßigten Diktatur ist vieles leichter."

Ansonsten singt er das Hohelied des Altersgrants ("So geil, ich scheiß ma' weniger") und belegt die Politiker nur mit einem pauschalen Rundumschlag, der auch gleich Rentner, Kroaten, Frauen und Haustierbesitzer mit einschließt: "Die gehören weg", presst Hader im Tonfall von Hitler heraus. Dafür widmet er ausgerechnet dem Erdbeerjoghurt "eine kritische, beinharte Nummer", und auch die Katzen bekommen ihr Fett ab: "Das fehlende Bindeglied zwischen Tier und Pflanze" - nur Delfine seien noch blöder.

Das alles ist saukomisch, zynisch und hinterfotzig oder entfaltet seinen Witz erst durch Haders unnachahmliche, differenzierte Mimik. Er gilt ja nicht nur als meist prämierter deutschsprachiger Kabarettist und Satiriker (Deutscher Kabarett- und Kleinkunstpreis, Göttinger Elch), sondern überzeugt auch als vielfach ausgezeichneter Schauspieler (Goldene Romy, Deutscher Fernsehpreis, Adolf-Grimme-Preis). Hader ist leuchtender Star zwischen blinkenden Sternchen und viel zu schade für die Reservebank - auch wenn er selbst findet, "in meinem Alter sollte man als Joker in der 75. Minute bei 3:0 eingewechselt werden". Und doch wünscht man sich als mehrfacher Besucher von "Hader spielt Hader" nach sieben Jahren eine Frischzellenkur für sein ein bisschen in die Jahre gekommenes Dauerprogramm.

© SZ vom 06.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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