Tierschutz:Angriff der Mähroboter

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Jasmin Promberger vom Bund Naturschutz in Feldafing warnt vor Gefahren für Igel. Die Tiere werden im heimischen Garten zunehmend durch Mähroboter schwer verletzt oder getötet. (Foto: Privat)

Die selbstfahrenden Gartengeräte stellen eine große Gefahr für Igel und andere Wildtiere auf heimischem Rasen dar. Denn sie fügen ihnen schwere, mitunter sogar tödliche Verletzungen zu.

Von Sabine Bader, Feldafing

Die Maus setzt meist auf Flucht: Bei Gefahr verschwindet sie blitzschnell in ihrem Loch. Der Igel aber vertraut auf seine Stacheln und rollt sich zusammen: Eine Abwehrstrategie, die bei Hunden und Katzen gut funktioniert und ihn vor deren Angriffen schützt. Den Mähroboter aber beeindruckt diese Strategie nicht. Mit seinen scharfen Messern verletzt das selbstfahrende Gerät den Igel oft sogar so schwer, dass er jämmerlich verendet. Davor warnt jetzt explizit der Bund Naturschutz in Feldafing.

Jasmin Promberger weiß von einem Fall, in dem ein Mähroboter in einem Garten direkt über einen Igel gefahren sei. "Ein anderer Igel hat ein Bein durch solch ein Gefährt verloren." Die stellvertretende Vorsitzende der Ortsgruppe will Hausbesitzer zu Beginn der Gartensaison für das Problem sensibilisieren, denn schließlich würden die Igel gerade jetzt im Frühling aus ihrem Winterschlaf erwachen und sich auf die Suche nach Futter machen. Promberger pflegt selbst jedes Jahr im Winter mehrere Igel, weshalb ihr dieses Thema, wie sie zugibt, sehr am Herzen liegt. Sie ist überzeugt davon, dass viele Gartenbesitzer "gar nicht wissen, welche Gefahr da über ihren Rasen kurvt".

Sie selbst hat den Eindruck, dass die Anzahl der selbständig umherfahren Rasenmäher in ihrer unmittelbaren Umgebung kontinuierlich zunimmt - und damit die Gefahr für die Wildtiere im heimischen Garten. Auch geht sie davon aus, dass die Anzahl der verletzten Igel weitaus höher ist, als es die offiziellen Meldungen vermuten lassen: Häufig würden sich die verletzten Tiere mit letzter Kraft unter Hecken und Büsche schleppen, um dort Schutz vor Krähen und Raubvögel zu finden. Nicht selten verenden sie dort dann aber unentdeckt.

Auch Johannes Stroedel vom Starnberger Tierheim hat die Erfahrung gemacht, dass die Anzahl der Igel, die mit Schnittverletzungen ins Tierheim gebracht werden, stetig zunimmt. Insgesamt waren im vergangenen Herbst in der Starnberger Einrichtungen 169 Igel von Gartenbesitzern und Spaziergängern sowie aus Tierkliniken zum Überwintern abgegeben worden. Die allermeisten von ihren hatten die Tierheimmitarbeiter den Winter über auch gut durchgebracht und im Frühjahr wohlgenährt bereits auswildern können. Derzeit befinden sich noch insgesamt neun Igel in der Obhut der Tierheimmitarbeiter.

Ein durch einen Mähroboter verletzter Igel, aufgenommen im Tierheim München. (Foto: Lydia Schübel/picture alliance/dpa)
Dieser Igel erlitt eine Kopfverletzung. Immer mehr Tiere geraten unter messerscharfe Schneidetechnik, der Deutsche Tierschutzbund warnt vor den Gefahren von Mährobotern für Igel. (Foto: Marius Becker/picture alliance/dpa)

Stroedel, stellvertretender Tierheimleiter und Bereichsleiter für Wildtiere, rät - ebenso wie Promberger - allen Gartenbesitzern dringend dazu, ihre Mähroboter, wenn überhaupt, dann ausschließlich tagsüber zu nutzen. Denn bekanntlich sind Igel dämmerungs- und nachtaktiv. Mit ihrem ausgeprägten Geruchssinn können sie auch in der Dunkelheit Nahrung und Artgenossen finden. Tagsüber lassen sie sich hingegen nur selten auf offenem Rasen oder auf Wegen blicken. Was Sensoren an den Robotern angeht, die diese zum Ausweichen vor Tieren bringen sollen, gehen die Meinungen von Experten weit auseinander. Stroedel verwies in diesem Zusammenhang jedenfalls auf "vernichtende Urteile" im Netz.

Weniger ist mehr: Hecken, Laub- und Asthaufen bieten Kleintieren wertvollen Lebensraum

Dass Mähroboter nicht zu den einzigen ausgewiesenen Feinden des Igels zählen, sondern auch Straßen und Fahrzeuge dazu beitragen, dass der Igel als "Wildtier des Jahres 2024" auf der Roten Liste steht, ist Tierschützern längst bewusst. Überhaupt werde der Lebensraum für Igel im Fünfseenland laut Tierschützer auch durch die übersteigerte Ordnungsliebe vieler Gartenbesitzer immer weiter eingeschränkt.

Stroedel rät darum dazu, lieber mal im Herbst absichtlich einen Laubhaufen liegenzulassen, sodass Igel und andere Wildtiere einen kuscheligen Rückzugsort für die kalten Monate haben. Und wer zu Frühjahrsbeginn eigentlich gerne in die Hände spucken und sich in die Gartenarbeit stürzen würde, der bekommt von Promberger zu hören: "Weniger ist in diesem Fall mehr!" Denn nur durch Hecken sowie Laub- und Asthaufen bleibe der heimische Garten weiterhin ein vielfältiger Lebensraum für Kleintiere.

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