Landtagswahl im Landkreis Starnberg:Der Mann mit dem langen Atem

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Matthias Vilsmayer aus Gilching hofft auf ein gutes Ergebnis für die Freien Wähler. (Foto: Arlet Ulfers)

Matthias Vilsmayer, Direktkandidat der Freien Wähler, will im zweiten Anlauf ins Maximilianeum einziehen. Der 51-jährige Gilchinger ist optimistisch. Das liegt auch an seinem Amt als Vize-Landrat.

Von Christian Deussing, Gilching

Es schmerzt ihn. Nein, nicht seine neue Hüfte, sondern die Austritte von Mitgliedern aus dem Kreisverband der Freien Wähler (FW) wegen der Flugblatt-Affäre seines Parteivorsitzenden Hubert Aiwanger. Klar, das brisante Thema ist Matthias Vilsmayer unangenehm. Er räumt ein, dass man auf die Vorwürfe besser hätte reagieren können. Auch die umstrittene Erdinger Rede des FW-Chefs mit der Aussage, die schweigende Mehrheit müsse sich "die Demokratie zurückholen", findet Vilsmayer nicht gut und auch "nicht staatsmännisch". Er habe ein flaues Gefühl gehabt, die ganze Sache sei ihm auf den Magen geschlagen, erzählt Vilsmayer.

Der Gilchinger Matthias Vilsmayer, 51, steht als Direktkandidat der Freien Wähler im Stimmkreis Starnberg auf dem zwölften Listenplatz seiner Partei und will am 8. Oktober in den Landtag gewählt werden. Im ersten Anlauf hatte er vor fünf Jahren auf Listenplatz 17 bereits 11,4 Prozent der Erststimmen geholt - ein recht gutes Ergebnis, das aber nicht für den Einzug ins Maximilianeum reichte.

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Diesmal stehen die Chancen dafür eindeutig besser. Die Freien Wähler könnten nach einer neuen Prognose mittlerweile 17 Prozent der Stimmen in Bayern holen. Das führt Vilsmayer vor allem auf die "Zufriedenheit mit der Koalition" von FW und CSU und auf die Unzufriedenheit mit der Ampel-Regierung in Berlin zurück - und nicht etwa darauf, dass die Wähler Aiwanger als Opfer einer Kampagne ansehen könnten. Vilsmayer hält ihn für einen glaubhaften Demokraten, der als Wirtschaftsminister eine "bodenständige Politik für die Bürger" verfolge. Das komme bei der Bevölkerung an, glaubt der FW-Kandidat, der zudem Vize-Landrat in Starnberg ist und sich für sachorientierte und parteiübergreifende Zusammenarbeit von Fraktionen in den Gremien einsetzt.

Bauchschmerzen bereitet dem Kommunalpolitiker jedoch der Aufwind der AfD, mit der er jede Zusammenarbeit ablehnt. "Da müssen wir harte Kante zeigen", sagt Vilsmayer mit ernstem Blick. Es sei für ihn unverständlich, warum so viele Leute den Parolen dieser demokratiefeindlichen Partei "auf den Leim gehen". Er könne auch die "unsäglichen Beiträge" eines Vertreters dieser Partei im Starnberger Kreistag nicht ertragen. Gemeint ist Ingo Hahn, der AfD-Kreisvorsitzende.

Ein Treffen mit Vilsmayer in seiner Firma für Informationstechnologie und Digitalisierung in Gilching. "Hierin habe ich eine große unternehmerische Erfahrung und Expertise, die ich auch in meine politische Arbeit einbringen kann", betont Vilsmayer. Das klingt logisch - er ist gelernter Bankkaufmann, Handelslehrer und Diplom-Wirtschaftspädagoge. Er sitzt auf dem Sofa eines Besprechungsraumes und legt sein Jackett ab. Die vergangenen Wochen waren anstrengend, zumal er den Landrat in dessen Urlaubszeit vertreten musste.

Matthias Vilsmayer hat schon an vielen Halbmarathon-Wettbewerben teilgenommen und bravourös das Ziel erreicht. Bei der Landtagswahl will er genauso erfolgreich sein. (Foto: Privat)

Zuvor unternahm Vilsmayer mit seiner Frau Stefanie im Wohnmobil noch eine Reise nach Südschweden, um Kraft für diese Aufgabe und den Endspurt im Wahlkampf zu tanken. "Diese schöne Natur mit wenigen Menschen ist dort wunderbar", schwärmt der Gilchinger von seiner ersten Reise nach Schweden, die nicht die letzte gewesen sein wird. Gerne unternimmt Vilsmayer auch Alpenhütten-Touren mit Freunden. "Die Berge erden mich", sagt er.

Der Gilchinger ist schon zum Gardasee geradelt, einen Marathon gelaufen und hat mehr als zwei Dutzend Mal an einem Halbmarathon teilgenommen. Vielleicht habe dadurch seine Hüfte gelitten, erzählt der Mann mit dem langen Atem. Aber sein Turbo funktioniert immer noch. Morgens dreht Vilsmayer große Runden mit seinem Pudel "Timmy" durchs Altdorf und am Steinberg, auch das stärkt die Kondition.

Er ist Geschäftsführer und Inhaber einer Firma mit Gilching, die sich unter anderem mit Digitalisierung und IT-Sicherheit befasst. (Foto: Arlet Ulfers)

Im Gilchinger Gemeinderat sitzt Vilsmayer seit 2014, ist Sportreferent und Mitglied im Vorstand des TSV Gilching-Argelsried. Der Pragmatiker macht sich vor allem stark für heimisches Gewerbe und den Mittelstand, die digitale Bildung und bezahlbaren Wohnraum. Er fordert zudem eine bessere Bezahlung von Pflegeberufen - denn es könne nicht sein, dass die "Pflege eines Menschen weniger wertgeschätzt wird als die eines Autos", findet der 51-Jährige.

Er engagiert sich zudem seit Jahren bei der Rumänienhilfe "Weihnachtsaktion" mit Hilfsgütern und Patenschaften. Damit unterstützt der Verein "Hoffnung" Kindergärten und mehr als 2000 bedürftige Mädchen und Buben in dem osteuropäischen Land. Mitorganisator dieser Spendenaktion ist Vilsmayer, der auch hierbei das soziale Miteinander über den Tellerrand hinaus im Blick hat.

Diese Hilfen sind ihm wichtig - und das glaubt man ihm durchaus. Um sich zu entspannen, geht der Vater von drei Töchtern im Alter zwischen 16 und 20 Jahren sehr gern ins Kino. "Ich bin ein Cineast und habe eine Familien-Jahreskarte." Ein besonders schöner Film wäre aber sicher für ihn, den Sprung in den Landtag zu schaffen.

Das weiß auch seine Ehefrau Stefanie, die zur Firmenleitung gehört und mit Hingabe reitet. Wenn ihr Mann tatsächlich den Sprung schaffe, wolle sie sich ein eigenes Pferd kaufen, sagt sie und schmunzelt. Man spürt, die Gilchingerin freut sich schon darauf. Denn die Zeichen stehen für Vilsmayer und die Freien Wähler bislang günstig.

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