SZ-Serie: Abgedreht - Filmkulissen rund um München:99 Hochzeitspaare und ein Gesandter aus Rom

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Das alte Kraftwerksgebäude im Mühltal dient als Kulisse für das erste Daisy-Wunder, das auf der Würm inszeniert wurde. (Foto: Constantin Film)

Trauungen, Seminare und Dreharbeiten: Der alte Pfarrhof in Unterbrunn findet vielfältige Verwendung. Der Regisseur Marcus H. Rosenmüller hat dort ein paar Szenen für seine Komödie "Wer's glaubt, wird selig" aufgenommen.

Von Michael Berzl, Gauting

Als der Gesandte aus Rom endlich nach einer abenteuerlichen Reise im alten Pfarrhof eintrifft, ist Unterbrunn für eine Woche ein Teil von Hollerbach. Fahri Yardim stürmt in seiner Rolle als Monsignore Paolo Barsotti herein in das schmucke Anwesen unterhalb der Kirche und berichtet von seinem Auftrag aus dem Vatikan: Die Heiligsprechung der soeben verstorbenen Daisy soll er prüfen. Krankheitsbedingt hatte er zunächst seinen weniger frommen Zwillingsbruder vorausgeschickt. Es sind Szenen aus der Komödie "Wer's glaubt, wird selig", die der Regisseur Marcus H. Rosenmüller vor zehn Jahren zu Teilen im Landkreis Starnberg gedreht hat. Eine Woche machte sein Team dafür in Unterbrunn Station.

So machen die das beim Film: Viel Sudelfeld, dazu einige Einblicke in die Oberaltinger Kirche St. Peter und Paul, ein paar Einstellungen beim früheren Kraftwerk im Mühltal an der Straße zwischen Gauting und Starnberg sowie im Unterbrunner Pfarrhof, einige Impressionen vom Marktplatz im oberpfälzischen Kastl und anderen Orten in ganz Bayern, und fertig ist der kleine Kunstkosmos von Hollerbach. Dann werden noch ein paar Krähen ins Bild montiert, ein paar Schneeflocken im August und ein Dorf an einen Berghang drapiert.

Der Eingang zum alten Pfarrhof in Unterbrunn. Hier greift ein Besucher aus Rom erstmals ins Geschehen ein; allerdings ist es nicht der echte Abgesandte aus dem Vatikan. (Foto: Georgine Treybal)

In dem erfundenen Wintersportort, der unter Schneemangel leidet, spielt die Komödie mit Christian Ulmen und Fahri Yardim, Maria Leuenberger und Nikolaus Paryla in den Hauptrollen. Auch Hannelore Elsner ist damals dabei, allerdings in wesentlichen Teilen als - im weitesten Sinne - bei einem Sex-Unfall tödlich verunglückte Schwiegermutter, die eigentlich endlich mal beerdigt werden sollte. Doch sie soll zur Heiligen erklärt werden, damit Hollerbach wenigstens ein Wunder zu bieten hat und als Wallfahrtsort neu erblühen kann, wenn schon der Schnee ausbleibt und damit auch die Touristen. So der Plan der Männer in Hollerbach, der natürlich gründlich schief geht.

Das echte und immer noch ländlich geprägte Dorf Unterbrunn mit seinen knapp 800 Einwohnern hat dem Fremdenverkehr noch weniger zu bieten als das imaginäre Hollerbach, ist aber weithin bekannt für seine erfolgreichen Maibaumdiebe, die fast jedes Jahr irgendwo zuschlagen. Dort ist man stolz auf Gemeinschaft, Zusammenhalt und Tradition. Es gehört dazu, sich in der Burschenschaft oder bei der Feuerwehr zu engagieren. Als geeignete Kulisse für Dreharbeiten haben den Ort schon mehrere Filmemacher entdeckt. Einer der ersten dürfte Herbert Achternbusch gewesen sein, der damals noch ganz in der Nähe in Buchendorf lebte. Für die Schlusssequenz in seinen 1981 gedrehten Film "Der Neger Erwin" hat er bei einem Zirkus, der gerade in der Nähe gastierte, das Nilpferd Mamba Anita ausgeliehen und wohlig grunzend im Dorfweiher planschen lassen.

Für eine Anwaltsserie des ZDF mit dem Titel "Schafkopf - A bissel was geht immer" wurde Unterbrunn zu dem Ort Loisach. Später wurden Szenen für die Serie "Rosenheim Cops" dort aufgenommen. Rosenmüller kam 2008 zu Dreharbeiten für seinen Film über den Räuber Kneissl nach Unterbrunn. Maximilian Brückner und Maria Furtwängler spielten in den Hauptrollen. "Das war noch vor der Renovierung der Kirche. Da hat die noch ziemlich mittelalterlich ausgesehen", erzählt Hermann Geiger, Tausendsassa und Sammler, der mit seinem Fundus selbst gelegentlich Filmproduktionen mit den nötigen Requisiten versorgt. Später habe Rosenmüller nochmal in der Kirche drehen wollen, "aber da war sie renoviert. Da hat er sie nicht mehr brauchen können".

Die Schauspielerinnen Marie Leuenberger und Lisa Maria Potthoff in der Oberaltinger Kirche. Sie spielen die Schwestern Emilie und Evi, deren Mutter Daisy gestorben ist. (Foto: Constantin Film)

Aber den mehr als hundert Jahre alten Pfarrhof, den hat er brauchen können. Mit seinem Team war Rosenmüller für die Dreharbeiten damals eine gute Woche auch in Unterbrunn. Und hat bleibenden Eindruck hinterlassen. "Der ist prima, ein ganz umgänglicher Mensch. Überhaupt super nette und freundliche Leute", sagt Kirchenpfleger und Mesner Ernst Wiedemann. Der pensionierte Polizist war damals für den Pfarrhof zuständig und hat ihn gerne hergeliehen: "Die 3000 Euro, die gezahlt wurden, die haben wir gut brauchen können in der Kirchengemeinde". Er würde es jederzeit wieder machen, Hauptsache, es ist eine seriöse Produktion, sagt er. Die Hausfassade taucht in dem Film auf, der Eingangsbereich mit der dunklen, hölzernen Treppe und ein paar Heiligenfiguren, die heute noch dort stehen. Als Komparsen hat die ganze Familie Högner mitgewirkt, allerdings nicht daheim in Unterbrunn, sondern beim Beten in der Kirche in Oberalting.

Der Regisseur Marcus H. Rosenmüller und die Schauspielerin Hannelore Elsner 2012 beim Fünfseen-Filmfestival in Starnberg. Im Herbst davor haben sie bei Dreharbeiten für die Komödie "Wer's glaubt, wird selig" zusammengearbeitet. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Für den Dreh wurde der Unterbrunner Pfarrhof erst einmal umgebaut, erinnern sich Wiedemann und Geiger. Tapeziert, gestrichen, umgestellt. Die ganze Straße war vollgeparkt mit Fahrzeugen des Produktionsteams: Catering, Maske, Wohnwagen, Notstromaggregat, Requisite. "Das waren mindestens 50 Leute, eher 80. Und der ganze Aufwand für ein paar Sekunden, die dann im Film zu sehen sind", sagt Wiedemann. Immerhin: Danach sei alles wieder sauber aufgeräumt und in Ordnung gebracht worden. Da habe man sich verlassen können auf den Rosenmüller. Dabei hat Wiedemann den Leuten vom Film erst nicht so ganz getraut und seinen Sohn geschickt, damit der aufpasst, was die im Pfarrhof alles anstellen.

Damals hatte das Anwesen noch der Kirche gehört. Wenig später hat die Diözese Augsburg das denkmalgeschützte Haus zusammen mit 2500 Quadratmeter Grund für 600 000 Euro an die Gemeinde Gauting verkauft. Angelika Göschl ist nun dafür zuständig, hat es mit viel Gespür und Liebe zum Detail eingerichtet und im ganzen Oberland passende Möbel dafür zusammengesucht. Das Anwesen wird für Seminare und Tagungen vermietet und ist bei Hochzeitspaaren sehr beliebt. Manchmal sind es drei Trauungen an einem Tag, im vergangenen Jahr waren es insgesamt 99, berichtet Göschl.

Rosenmüller kommt offenbar gern in den Landkreis Starnberg. In Unterbrunn zum Beispiel hatte er sich einen seiner Filme beim Openair-Kino des dortigen Kulturvereins angeschaut. Und am Sonntag, 4. September, ist Rosenmüller Gast beim Filmgespräch am Starnberger See. In der Akademie für politische Bildung in Tutzing diskutiert er zusammen mit dem Dokumentarfilmer Pepe Danquart und der Regisseurin Annika Pinske über Kino nach der Corona-Pandemie. Und auch nach Unterbrunn würden sie ihn gerne wieder holen, diesmal nicht für Dreharbeiten, sondern für eine Lesung. Angelika Göschl ist dran.

In den Pfarrhof dürfte gerne wieder ein Filmteam kommen. Da sind sie sich einig: Angelika Göschl, die das Seminarhaus leitet, Sammler Hermann Geiger und Kirchenpfleger Ernst Wiedemann (rechts). (Foto: Georgine Treybal)

Und ein Filmteam dürfte auch gerne wieder ins Dorf kommen. Der alte Pfarrhof sei mittlerweile auch in einer internationalen Datenbank für Filmlocations zu finden, sagt Angelika Göschl: "Und wenn sich Hollywood meldet, dann werde ich ordentlich was verlangen".

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