Kinderbetreuung:Eltern wollen das Rote Kreuz loswerden

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Im Kreuzfeuer: BRK-Kreischef Jan Lang. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Gautinger Gemeinderäte fordern einen Trägerwechsel für den Kindergarten in Unterbrunn. Der Grund dafür ist ein Problem, das viele andere Kitas auch haben.

Von Michael Berzl, Gauting

Personal für Kindergärten zu finden, ist schwierig - gerade während der Pandemie. Das Problem kennen alle Betreiber im Landkreis Starnberg. Ausgerechnet beim größten Träger im Fünfseenland, dem Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), ist die Lage besonders ernst, ja gar "beschissen", wie Kreisgeschäftsführer Jan Lang in öffentlicher Sitzung des Gautinger Gemeinderats unverblümt sagte. Am Dienstag sah er sich mehrfach mit der Forderung konfrontiert, die Trägerschaft für den Kindergarten Regenbogen abzugeben. Das wünschen sich auch viele Eltern im Ort. Interessenten gäbe es bereits.

Der Ärger der Eltern hat seinen Grund: ständig neue Mitarbeiter, die sich um die Kinder kümmern; mehrere Kündigungen von Angestellten - und schließlich die Aussicht, dass die Betreuungseinrichtung zumindest vorübergehend ganz schließen muss. Das konnte gerade noch abgewendet werden, berichtete Lang im Gemeinderat. Doch seine Äußerungen, die bald eher den Charakter von Rechtfertigungen hatten, machten auch deutlich, dass es dem BRK nur noch mit Mühe gelingt, den Betrieb in Unterbrunn aufrecht zu erhalten.

Auch für die Zeit vom April an gibt es wieder nur eine Interimslösung

Dass es überhaupt über den März hinaus weitergeht, hätten Eltern erst in dieser Woche erfahren, berichtete die Gemeinderätin Stephanie Pahl (Miteinander Füreinander). Auch von April an gebe es lediglich eine "Interimslösung" mit einer Vollzeitkraft, die jeweils für ein paar Tage von Kolleginnen unterstützt wird. Die Kita Regenbogen ist der einzige Kindergarten in dem Gautinger Ortsteil, ansonsten gibt es nur noch eine Krippe für die jüngeren Buben und Mädchen. Eltern sind daher auf das Angebot angewiesen.

Für den BRK-Kreisgeschäftsführer dürfte es ein unangenehmer Abend in Gauting gewesen sein. Andere könnten es besser, er solle doch endlich einem neuen Betreiber eine Chance geben - so lässt sich der Tenor im Gemeinderat zusammenfassen. SPD-Gemeinderat Eberhard Brucker sieht gar "spezifische Probleme beim Roten Kreuz". Er hätte eine Mitarbeiterbefragung für richtig gefunden, die Aufschlüsse darüber erbringt, was dort "im Argen liegt".

Bruckers Forderung, es müsse geklärt werden, wie der Kindergarten in andere Hände übergeben werden kann, quittierten Eltern, die zur Sitzung gekommen waren, mit Applaus. Sie hatten sich zuvor schon in einem Schreiben an Bürgermeisterin, Rathausverwaltung und Kommunalpolitiker gewandt. Die Lage sei "katastrophal", heißt es darin, "so schlimm wie noch nie". Letztlich litten die Kinder darunter.

Lang sprach in Gauting von "Kinderbetreuung am Limit"; in unterschiedlicher Ausprägung gelte das für den gesamten Landkreis. "Je näher an München, desto schwieriger." Über die Mitarbeiterinnen, die seit Monaten in einer Art Krisenmodus arbeiten, sagte er: "Sie sind alle am Rand der Erschöpfung." Etwa 300 Mitarbeiterinnen seien an 26 Standorten im Bereich der Kinderbetreuung beschäftigt. "Wenn dann 30 bis 40 fehlen, dann ist das ein ernstes Wort."

Wie es nun in Unterbrunn weitergeht, ist offen. In der kommenden Woche soll es am Freitag ein weiteres Gespräch mit Vertretern von Rathaus und Rotem Kreuz geben. Die Abgabe der Trägerschaft dürfte dann erneut Thema sein. Leicht dürfte dem BRK dieser Schritt nicht fallen. Geschäftsführer Lang sprach von einer emotionalen Bindung. Seine beiden Kinder seien selbst in diesen Kindergarten gegangen. Und: "Ich wage zu bezweifeln, dass es eine schnelle Lösung gibt."

Er setzt nach eigenen Worten auf langfristige Perspektiven, sieht es als seine Aufgabe an, in Ministerien und im Landtag die Problematik deutlich zu machen. Und er schlägt vor, im Landkreis eine Akademie zu gründen, um dort das benötigte Personal auszubilden.

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