Europawahl:Jung und erfahren

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Die Spitzenkandidatin der Grünen für das Europaparlament, Ska Keller, spricht im Wahlkampf.

Von Blanche Mamer, Krailling

Sie ist 37, dynamisch und überzeugte Europäerin: Franziska "Ska" Keller, Spitzenkandidatin der Grünen für das EU-Parlament und Aspirantin für die Präsidentschaft der Kommission, war beim Wahlkampf in Krailling. Dort, wo sich am Sonntag Adrienne Akontz für das Bürgermeisteramt bewirbt, geht Keller auf die Vorhaben und Ziele ihrer Fraktion ein. Keller gehört seit zehn Jahren dem EU-Parlament an, weiß somit, woran es in Brüssel hakt.

Auf Wahlkampftour für das EU-Parlament kam Ska Keller (rechts) nach Krailling in den Alten Wirt. Es moderierte Grünen-Landratskandidatin Martina Neubauer. (Foto: Nila Thiel)

Rund 60 interessierte Bürger sind in den Alten Wirt gekommen, um sich aus erster Hand über die Möglichkeiten und Tücken des politischen Geschäfts in Brüssel und Straßburg zu informieren. Als Mitglied im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres steht Ska Keller für eine humane europäische Migrationspolitik und stellt sich gegen den Abbau von Demokratie und Minderheitenrechten. Wenn in Ungarn und Polen Bürgerrechte in Frage gestellt werden und in Rumänien Korruption legalisiert werden solle, müsste die EU Instrumente dagegen schaffen, sagte sie in einer kurzen Einführung. Danach war Zeit für Fragen. Die drehten sich um fast alle Punkte des Grünen-Programms. Für Keller gehören sie alle zusammen. Für sie ist klar, dass Maßnahmen gegen den Klimawandel auch der sozialen Gerechtigkeit und der Friedenspolitik dienen. Das müssten die Grünen aufzeigen, fordert ein Starnberger. Wenn das arme Bangladesch untergehe, habe das ganz andere soziale Auswirkungen, als wenn die holländische Küste überflutet werde, sagt Keller. Das verstehen alle Anwesenden.

(Foto: Ilona Burgarth)

In puncto Frieden und Abrüstung drängen die Atomdiskussion und die einer europäischen Armee. "Europa darf nicht zum nuklearen Schlachtfeld werden, eigene Atomwaffen sind jedoch keine Option, auch eine eigene Armee ist kritisch zu sehen", findet Keller. Denn erst müsse geklärt werden, wer den Befehl gebe, der Präsident, wie in Frankreich, oder das Parlament, wie in Deutschland. Die Prognosen für die Grünen seien sehr gut betonte sie, selbst in Griechenland und Spanien gebe es ganz positive Ansätze zum Klimaschutz. Beispielsweise werde über einen nachhaltigen Seeverkehr nachgedacht, wie Fähren, die per Segel betrieben werden.

Wie es mit der Wende in der Agrarpolitik stehe, wollte ein Gautinger wissen. Die Artenvielfalt auf Ackerflächen und Feldern im konventionellen Anbau nehme immer weiter ab, monierte er. Die Landwirtschaft sei zum einen das größte Opfer in der EU, trage andererseits aber auch mit am stärksten zu Klimakrise bei. Es werde viel Geld für Agrarsubventionen ausgegeben, aber leider falsch ausgeschüttet. Statt der Größe müsse die Qualität unterstützt werden. Darum fordere sie, Fördermittel direkt zu investieren und nicht den Regierungen die Verteilung zu überlassen. Die Crux in Europa sei die wirtschaftspolitische Konkurrenz der Länder, was sich auch im Sozialen niederschlage. Es sei Ziel der Grünen, überall Mindeststandards, Mindestlohn und Krankenversicherungen durchzusetzen. Schließlich wollte eine Wählerin wissen, wie sich die Lage im Osten Deutschlands darstelle. Keller, die aus Guben kommt, direkt an der Grenze zu Polen, sieht die Entwicklung optimistisch. Die Menschen erkennen den Unterschied zu früher, die offene Grenze und die Durchlässigkeit, was Arbeit, Wohnungssuche, Ausbildung und Studium angeht.

© SZ vom 09.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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